Der Liebhaber meines Mannes
aussprechen würde, egal, wohin es führte.
Tom hatte in der Woche Frühschicht und war deshalb vor mir zu Hause. Ich hatte gehofft, dass er nicht da wäre, sodass ich etwas Zeit hätte, mich zu beruhigen und auf irgendeine Art auf die bevorstehende Situation vorzubereiten. Aber sobald ich über die Türschwelle trat, roch ich Seife. Das Haus hatte oben ein Badezimmer und eine Toilette am Ende des Flurs, aber Tom bevorzugte, sich am Waschbecken in der Küche auszuziehen und zu waschen. Er ließ das Waschbecken volllaufen, setzte den Wasserkessel auf, und wenn er Gesicht und Hals geschrubbt und Ellbogen eingeseift hatte, war er bereit für seine Tasse Tee. Ich hatte nie etwas gegen diese Gewohnheit eingewendet; vielmehr hatte ich immer gerne zugesehen, wie er sich auf diese Art wusch.
Ich kam in die Küche, stellte meinen Korb mit Büchern ab und sah seinen nackten Rücken.
Julia hat heute etwas Schreckliches über Patrick gesagt.
Ich hatte mich immer noch nicht an den Anblick des nackten Körpers meines Mannes gewöhnt, und statt gleich damit herauszukommen, hielt ich inne, um ihn zu bewundern, nahm jede Bewegung seiner muskulösen Schultern wahr, während er sich den Hals mit einem Handtuch rubbelte. Der Wasserkessel pfiff, füllte den kleinen Raum mit Dampf und ich nahm den Deckel ab.
Tom drehte sich um. »Du bist heute früh da«, sagte er lächelnd. »Wie war die Wanderung?«
Trotz deiner Leidenschaft fürs Wandern war Tom immer mehr im Wasser zu Hause und betrachtete Wandern ein bisschen als Zeitverschwendung. Für ihn war Wandern kein richtiger Sport – zu wenig Anstrengung, zu wenig Risiko. Jetzt verbringt er natürlich viele Stunden mit Walter in den Downs, aber damals ging er nie spazieren, ohne ein bestimmtes Ziel im Kopf zu haben.
»Gut«, antwortete ich, drehte ihm den Rücken zu und beschäftigte mich damit, Tee zu bereiten.
Julia hat heute etwas Schreckliches über Patrick gesagt.
Sein Anblick – herrlich im Licht des Nachmittagslichtes, das durch das kleine Küchenfenster fiel – hatte mich verwirrt. Es wäre so viel einfacher, dachte ich, nichts zu sagen. Ich könnte das Wort, das Julia benutzt hatte, einfach verdrängen, an jenen Ort in meinem Kopf verbannen, wo ich schon Sylvies Bemerkungen und das Bild von dir und Tom im Park von Osborne House aufbewahrte. Hier war mein Mann, der Mann, den ich schon so lange gewollt hatte, stand halb nackt vor mir in unserer Küche. Ich konnte nicht solche Worte in unser Leben zerren.
Tom tätschelte mich am Arm. »Ich ziehe ein sauberes Hemd an, dann trinken wir eine Tasse.«
Ich brachte den Tee in unser Wohnzimmer und stellte ihn auf den Tisch vorm Fenster, wo wir auch aßen. Wir hatten eine Decke von Toms Mutter geerbt – sie war senfgelb, aus dickem Velours und ich hasste sie. Sie erinnerte mich an die Einrichtung von alten Leuten und Bestattungsunternehmen. Es war die perfekte Tischdecke, um eine hässliche Pflanze wie eine Schusterpalme daraufzustellen. Ich setzte meine Teetasse heftig ab, in der Absicht, etwas zu verschütten und den Stoff zu beschmutzen. Dann setzte ich mich hin und wartete auf Tom, sah mich im Zimmer um, während meine Gedanken hin und her sprangen.
Julia hat heute etwas Schreckliches über Patrick gesagt.
Ich musste es sagen. Ich starrte auf das Linoleum, stellte mir die Silberfischchen vor, die darunter lauerten, metallisch und schlängelnd. Unser Schlafzimmer, das zur Straße lag, war hell und luftig, mit zwei großen Fenstern und Wandfarbe statt Tapete, aber dieses Zimmer war immer noch düster und ziemlich feucht. Ich muss etwas daran ändern, dachte ich.
Julia hat heute etwas Schreckliches über Patrick gesagt.
Ich könnte eine Kugelleuchte in einem der Trödelläden in der Tidy Streetkaufen. Ich könnte riskieren, diese verdammte Tischdecke loszuwerden.
Julia hat heute etwas Schreckliches über Patrick gesagt.
Ich hätte es sagen sollen, sobald ich zur Tür hereinkam. Ich hätte mir keine Zeit zum Nachdenken geben dürfen.
Julia hat heute etwas Schreckliches über Patrick gesagt.
Tom kam zurück und setzte sich mir gegenüber. Er schenkte sich eine Tasse Tee ein und trank sie in einem Zug. Als er sie geleert hatte, schenkte er sich eine weitere Tasse ein und trank wieder gierig. Ich beobachtete, wie sich sein Hals zusammenzog und er die Augen schloss, als er schluckte. Mir fiel plötzlich ein, dass ich nie Toms Gesicht gesehen hatte, wenn wir uns liebten. Wir waren zu dem Zeitpunkt in eine Art Routine verfallen und ich
Weitere Kostenlose Bücher