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Der Lilienring

Titel: Der Lilienring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Verständnis in den Augen an. Er war ein guter Freund. Darum erzählte er, ohne weiter zu fragen.
    »Na ja, ich kam da vor ungefähr zwei Jahren mal hin und wollte den Chef sprechen. Die Sekretärin ist süß, ein chinesisches Porzellanpüppchen. Aber pfiffig. Die taxierte mich und meine Meißener Schäferin und schickte mich dann nach hinten. Nach hinten ist gut, dachte ich. Das war eine Werkstatt, voller halb zerfallener Möbel. Ich wollte schon meine Jungs anrufen und sagen, hier gäb’s’ne ordentliche Fuhre Brennholz abzukarren. Aber dann fiel mein Blick auf die andere Seite des Raumes, und da standen ein paar exquisite Kommödchen. Zwischen dem Schrott und den Edelteilen werkelte ein Blaumann rum. Schliff, dass es nur so staubte, an einem grässlich lackierten Schrank herum und war daher mehr oder weniger grün gesprenkelt. Er hatte so eine Schutzmaske auf, darunter war er bärtig. Ich also hin und frag ihn, wo der Chef ist. Fragt er zurück, was ich wolle, und ich sag ihm, das erklär ich nur dem Chef und nicht dem Werkstatt-Fuzzi. Hat mich einen Moment komisch angesehen, der Typ, dann gegrinst, die Schutzmaske hochgeschoben und sich mit einem Tuch den Staub aus dem Gesicht gewischt. ›So, da ist der Chef!‹, hat er gesagt. Ich kam mir ziemlich dämlich vor, aber das hatte ich nicht erwartet von jemandem, dem dieser piekfeine Laden gehört. Er meinte, er arbeitet gerne selbst Möbel auf, und ich sag dir, er macht das saugut. Dann haben wir uns über die Schäferin unterhalten, kamen ins Schwatzen über Stilrichtungen und Geschichte, und dann hatte ich ihm plötzlich vom Studium erzählt, mit ihm eine Flasche Rotwein geleert. Er kam dann ebenfalls ins Reden
und hat mir erzählt, dass er auch mal so anfangen musste. Also, alten Kram aufkaufen und verwerten. Dabei hat er wohl hin und wieder die Leute beduppt. Also nicht das bezahlt, was es wirklich wert war. Na ja, er ging wohl beruflich einige Zeit mal ziemlich mit dem Hintern auf Grundeis. Jedenfalls, als wir die Flasche leer hatten, bekam ich von ihm den Auftrag, was immer ich Verwertbares fände, es erst einmal zu ihm zu bringen. Seither fluppt der Handel.«
    »Was ist mit Belinda?«
    »Die Schnepfe im Laden? Brauchst du dir keine Gedanken drum zu machen. Ich meine, wenn’s dir ernst ist, hast du mit ganz anderer Konkurrenz zu rechnen. Auf den Typen fliegen die Frauen. Ich hab’ ihn bisher mindestens drei verschleißen sehen.«
    »Mh.«
    »In diesem Jahr noch keine.«
    »Mh.«
    »Oder doch?«
    »Weiß ich noch nicht.«
    »Komm, jetzt bist du aber dran mit Erzählen.«
    »Na gut.«
    Also erzählte ich eine halbwegs jugendfreie Fassung von meiner Beziehung zu Valerius. Stellenweise brüllte Jan vor Lachen, aber als ich fertig war, meinte er nachdenklich: »Verfahrene Situation. Aber wahrscheinlich ist es das Beste, was du machen kannst. Du wirst ihn tiefer beeindruckt haben, als es ihm lieb ist, und darum hat er wahrscheinlich ein Problem. Er kann dich nicht einfach anrufen und sagen: ›Hey, Mädchen, waren zwei hübsche Quickies, aber mehr ist nicht drin.‹ Also, ich könnte das nicht. Ich denke, er wartet ab, bis sich die Wogen gelegt haben.«
    »Kann sein.«
    »Du bist anders als die Frauen, mit denen ich ihn bisher
gesehen habe. Das waren smarte Geschäftsfrauen, kühl bis ans Titanstahlpümpchen in ihrer Brust. Belinda war ein echter Ausrutscher, vermutlich ein unzeitgemäßer Testosteronschub oder so. Du wärst schon ganz richtig für ihn. Er braucht jemanden mit mütterlichen Fähigkeiten.«
    »Ach, du großer Gott. Na, die gehen mir aber gänzlich ab, Jan.«
    »Überhaupt nicht, Ana. Wenn ich an Jennifer denke …«
    »Jan, sie war krank. Valerius ist ein reichlich gesunder und erfolgreicher Mann.«
    »Eben. Er ist unheimlich diszipliniert, wahnsinnig ehrgeizig, knallhart im Geschäft und auf Auktionen ein echtes Erlebnis. Wird Zeit, dass was Weiches in sein Leben kommt.«
    »Hör mal, ich bin weder das Muttertier, noch falle ich unter die Gattung der Kuschelpuschel.«
    »Nach außen hin nicht, Ana. Das ist ja das Gute dran. Was hast du eigentlich gegen Mütterlichkeit?«, fragte er sanft. »Es bedeutet Schutz und Heimkommen, und das braucht gerade ein erfolgreicher Mann, der sich täglich dem Kampf stellt. Ich sag’ ja nicht, du sollst das Heimchen am Herd sein. Es ist mehr die geistige Einstellung, weißt du. Dass man irgendwohin zurückkommen kann, wo einem die zerschrammten Knie verbunden werden und der heiße Tee bereitsteht, so im

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