Der Lilith Code - Thriller
Freund.«
Aziz zog tief an seiner dünnen Zigarette und blies den Rauch aus. »Faruk Al-Ali, du alter Falke, hast keine Freunde. Hattest nie welche. Aber ich werde dir helfen. Du hast damals zu mir gehalten. Das werde ich dir nicht vergessen. Aber wenn die Zeiten sich ändern, werde ich mich nicht mehr daran erinnern können.«
Faruk schwieg. Aziz schien mit in Sayafs Putschplänen zu stecken. Innerlich fluchte er. Aber trotzdem musste er Aziz warnen: »Mein Freund, hör gut zu. Ich weiß nicht, wie tief du darin steckst, aber ich möchte dich bitten, nicht bei der erstbesten Gelegenheit deinen Kopf zu erheben. Lass die anderen erst einmal kommen. So ein Plan ist sehr riskant. Und du weißt, wie stark ›die Familie‹ sein kann.«
Unter syrischen Geheimdienstlern war das die deutlichste Warnung, die man aussprechen konnte. Mit der Familie war die Präsidentenfamilie Assad gemeint, die Angst vor ihrer Rache war bei jedem Offizier allgegenwärtig.
Aziz verstand sofort. »Shukran. Und wie kann ich dir helfen?«
Faruk zog den Kaufvertrag heraus. »Kennst du das?«
Aziz knipste eine Stabtaschenlampe an, die er am Gürtel mit sich führte. »Das ist eine Überschreibung für ein Grundstück östlich von hier. Es liegt zwischen dem Drecksnest Az Zalaf und den Salzseen. Niemandsland. Dort wurde vor Jahren eine Probebohrung nach Grundwasser durchgeführt.Erst waren sie erfolgreich. Dann versiegte die Quelle schnell. Zurück blieben ein paar Bauten für die Geologen und die Arbeiter. Ganz in der Nähe ist eine verlassene Kirche. Sollen wir dich hinbringen?«
Faruk schüttelte den Kopf. »Ich brauche ein Auto, mehr nicht.«
»Bekommst du. Sonst noch etwas?«
»Ich war nie hier. Vergiss mich einfach. Ich werde zu Sand in der Wüste.« Faruk lächelte versonnen.
Aziz umarmte ihn und gab ihm die Schlüssel für seinen Jeep. »Pass auf dich auf, und entscheide dich im richtigen Moment für die richtige Seite, mein Freund.«
Faruk nickte. »Das gilt aber auch für dich, Belnajah, Allah Maak.« Faruk warf seinen Rucksack auf den Beifahrersitz und schaute noch einmal zu Aziz. »Ich nehme die Seite mit den schönsten Frauen.«
Syrische Wüste bei den Salzseen, 23. 06., 2.12 Uhr
Wendet euch zu mir, so werdet ihr gerettet, aller Welt Enden; denn ich bin Gott und sonst keiner mehr.
Jesaja 45,22
»Wer ist Fischer?«
Mochte sie noch so sehr unter den Schmerzen leiden, die Erzählungen Almuts hielten Regina wach. Und das war überlebenswichtig. Sie durften nicht stürzen. Und so stellte sie ihre Fragen in das Dunkel des Raums.
Almut hatte ihr von ihren Recherchen berichtet, die sie durch den gesamten Vorderen Orient führten. Sie hatte, so erzählte sie, nach Zusammenhängen zwischen den drei großen monotheistischen Weltreligionen gesucht. Nach verschollenen Hin- und Beweisen, die einen Absolutheitsanspruch der Religionen lächerlich erscheinen lassen würden.
»Judentum, Christentum und Islam berufen sich auf Abraham als gemeinsamen Stammvater. Doch was ist der Mythos Abraham wirklich? Man weiß, dass der Mann aus Ur, im heutigen Irak, kam. Die Stadt lag vor mehr als 3000 Jahren an einem Kanal. Das Wasser kam vom Euphrat. Heutzutage ist dieser Kanal vollkommen versandet und die gesamte Region eine einzige Ödnis. Aber ich habe dort illegal mit einem kleinen Team aus vier örtlichen Helfern und unter schwierigsten Bedingungen gegraben. Immer wieder kam es zu Überfällen. Aber wir wurden schnell fündig. Die Herkunft des Namens der Stadt war lange unklar. Dann fand ich Keilschrifttafeln in sumerischer Sprache, die von einem ›Ort, an dem das Licht wohnt‹ sprachen. Und immer wieder stieß ich auf Fragmente des Mondgottes Nanna. Ur war nämlich die Stadt des Mondgottes Nanna, sein Tempel war Egishnugal. Nanna aber ist eine Korruption des Wortes ›Namraru‹, was so viel wie ›der Illuminator‹ bedeutete. Er wurde in seinem Tempel auch als Abu Nanna, ›Vater Nanna‹, verehrt.
›Nanna‹ war der sumerische Name für den Mondgott. Bei den Akkadern hieß der Mondgott Suen. Als ›Sin‹ ist er seit 2600 vor unserer Zeitrechnung bezeugt. Nach sechs Wochen – meine Finanzen gingen langsam zur Neige – erschienen Beamte aus Bagdad, forderten uns auf, die Grabungen unverzüglich einzustellen und etwaige Funde ihnen zu übergeben. Am frühen Abend desselben Tages entdeckten wir dann eine Kammer mit Tausenden von Keilschrifttafeln. Das war allein schon atemberaubend, aber in einem Nebenraum fand einer meiner Arbeiter
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