Der Lilith Code - Thriller
geben.«
Langsam dämmerte es Regina. »Er steckt hinter den Anschlägen und der Pressekonferenz?«
»Ja, natürlich. Seine Verbindungen sind sehr gut. Zu viele Menschen und Gruppen profitieren immer wieder von ihm. Seien es Zeitungen, eitle Historiker, radikale Juden oder eben Islamisten. Ihnen allen gibt er Nahrung.«
»Woher hat er das Geld für solche Aktionen?«
»Ich weiß es nicht genau, aber ich konnte ein Gespräch belauschen, das er mit einem alten Veteranen aus seinen SS-Zeiten führte. Der bezeichnete ihn spöttisch als Himmlers Schatzmeister. Später erzählte mir ein Nomade aus der Sippe, die mich durch Syrien schleppte, dass der Alte das Gold, welches die SS den Juden klaute, noch während des Krieges nach Syrien schaffen ließ.«
»Sie lassen uns hier allein in der Wüste sterben. Sind sie sich ihrer Sache so sicher?«
»Zu ihrem Kult gehört, ihre Feinde qualvoll sterben zu lassen. Im Übrigen ist Fischer mit den staatlichen Stellen extrem gut vernetzt. In Bosra habe ich ihn mehrfach über seine Kontakte zum Geheimdienst reden hören.«
»Was hatten sie mit dir vor?«
»Ich war sein Maskottchen und seine Privatgelehrte. Ich spielte ihm vor, dass auch ich an den Kult glaube. Er wünschtesich von mir Enkelkinder. Sein Sohn hat es auch mehrfach versucht, aber immer versagt.«
Bestürzt nahm Regina wahr, wie lakonisch Almut über dauernde Vergewaltigungen sprach. Sie schien über die letzten Monate in eine eigene Welt geflohen zu sein. Sonst war so ein Martyrium nicht auszuhalten.
Ihre Fesseln schnitten in die Haut ihrer Handgelenke. Dennoch konnte Regina ein abgesägtes Aststück im Holz erspüren. Seit geraumer Zeit rieb sie das Plastikseil daran, in der Hoffnung, es durchzuscheuern. An eine Flucht war aber in diesem Moment nicht zu denken. Dort, über ihr, waren zu viele Gegner für eine nackte Frau.
Sie hörten immer noch Stimmen, die gedämpft von draußen in die Zisterne drangen. Zwischenzeitlich glaubte Regina, dass sich noch weitere Personen dort oben eingefunden hätten. Während sich Almut über Riten und Kindsmörder ausließ, hatte sie fieberhaft über einen Fluchtweg nachgedacht. Zuerst mussten Fischer und seine Bande das Gelände verlassen. Dann würde sie versuchen, die Fesseln endgültig zu lösen.
Alles Weitere findet sich dann, dachte sie.
Sie waren irgendwo in einer menschenleeren Gegend. Nirgendwo bellte ein Hund, schrie ein Hahn oder Esel oder knatterte ein Moped. Nur der Wind pfiff um die Zisterne und wehte ab und zu Asche zu ihnen herauf. Regina spuckte oder hustete aus ihrem ohnehin schon trockenen Mund die Aschebrocken wieder aus. Zudem fror sie. Der geifernde Hüne hatte ihr und Almut jede Kleidung verwehrt.
Almut erklärte die Absicht dahinter: »Mit einem Kleidungsstück vor dem Mund gerät Asche nicht so leicht in die Lunge. Du würdest nicht unbedingt qualvoll ersticken, sondern nur verhungern.«
Also zitterten sie, denn die Nächte in der Wüste waren verdammt kalt. Der Mond schien seinen höchsten Punkt bereits verlassen zu haben. Regina konnte es an den Strahlenerkennen, die durch die Ritzen gegen die Wand fielen. Das Rund der Zisterne war mit dicken Holzbohlen belegt. Hinter ihr musste es ebenfalls eine Öffnung geben, wie sonst wäre sie hier auf den Balken gelangt? Die Stimmen kamen jetzt näher. Ein Balken wurde etwas zur Seite geschoben. Eine Stimme scholl herunter.
»Meine lieben Frauen aus der Ostmark. So gern ich mich noch mit Ihnen unterhalten hätte, es wird Zeit für mich zu gehen. Ihr Auftritt hat zu viel Staub oder vielleicht besser Asche aufgewirbelt. Hören Sie auf einen alten erfahrenen Mann. Manchmal lohnt es sich nicht, über Niederlagen zu trauern. Man muss den Lauf der Dinge erkennen und akzeptieren. Einer ihrer prominenten Vorgänger, Menelaos, wurde von König Antiochus auch in die Asche geworfen. Er soll es mehrere Stunden ausgehalten haben. Kein Vorbild für schwache Frauen. Ich rate Ihnen, erst einmal tief durchzuatmen und sich dann einfach fallenzulassen. Wir sehen uns im Elysion, wenn Ihnen das mit ihrer Volksschulbildung etwas sagt. Babaa.«
Ein Meckern hallte hinab in die Zisterne. Regina fühlte sich schutzlos. Sie wollte weinen, schreien, ihre ganze Wut über die misslungene Aktion herausbrüllen. Ein kurzer klarer Gedanke sagte ihr jedoch, dass sie diese Wut fokussieren musste. Es war, als ob jemand mit ihr sprechen, sie beruhigen würde. Sie schnaufte, spannte ihre Muskeln an und ließ sie wieder entspannen. Dabei zählte
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