Der Lilith Code - Thriller
eine Platte, auf der die Göttin Lilith lebensgroß eingemeißelt war. Damit konnte ich nachweisen, dass dieser Kult um Lilith weit vor unserer bislang vermuteten Zeit schon seine Verbreitung fand. Wir hoben die Platte an und fanden einen Zugang zu einer Grabkammer, die gigantische Ausmaße besaß. Sie war gefüllt mit Skeletten – Babyskeletten!«
Regina schreckte elektrisiert auf. »Und was steckt dahinter?«
»Infantizid, das Töten der Erstgeborenen, ist ein verbreiteter Kult in dieser Region gewesen. Er findet auch immer seinen Nachklang in den Erzählungen der Bibel. Abraham soll seinen erstgeborenen Sohn Isaak opfern, Herodes lässt alle erstgeborenen Jungen töten, um Jesus als König der Juden zu vermeiden. Das ist eine biblische Gegenthese, glaube ich, gegen diesen Kult. Die Kinder wurden der Göttin Lilith geopfert. Der Mondgott war für die Geschicke der Menschen, den großen Plan verantwortlich. Lilith sorgte für die Ausführungen, bestrafte Sünder, schenkte Willigen Lust, Freude und Macht. Das Weibliche hatte diese Funktion. Erst mit dem Judentum und dem Christentum und dem Islam wurde die weibliche Kraft zur Sünde. Lust war schädlich, Leidenschaft nur Männern vorbehalten. Ich hatte wenig Zeit, also suchte ich mir in der Bibliothek mir wichtig erscheinende Tafeln heraus. Der Zufall oder das Schicksal wollten es, dass ich eine Art Kalender fand. Noch in der Nacht ließ ich alles zuschütten, zahlte mit meinen letzten Reserven die Helfer aus und verschwand illegal nach Ägypten. Als zweite Sicherung fertigte ich einen Zylinder, sandte ihn an ein Museum nach Österreich. So wollte ich sicherstellen, dass die Aufzeichnungen auf jeden Fall an die Öffentlichkeit gelangen würden.«
Regina konnte ihren Schmerz kaum mehr beherrschen. Sie hätte so gern gewimmert, geschrien oder einfach nur geweint. Aber sie wusste, dass sie, wenn sie eine Chance haben wollte, sich weiter konzentrieren musste.
»Ich folgte dem Kult des Mondes, suchte die Stätten seiner Verehrung auf und merkte erst später, dass ich den Weg Abrahams ging. Zuvor war ich bereits in Harran gewesen, einer Ruinenstadt im Süden Anatoliens. Abraham zog laut Genesis nach Harran, der Heimatstadt seines Vaters Terach. ›Terach nahm seinen Sohn Abram, seinen Enkel Lot, den Sohn Harans, und seine Schwiegertochter Sarai, die Frau seines Sohnes Abram, und sie wanderten miteinander aus Ur in Chaldäa aus, um in das Land Kanaan zu ziehen. Alssie aber nach Harran kamen, siedelten sie sich dort an‹, heißt es in der Bibel.«
Regina war verwundert, dass Almut trotz ihrer bedrohlichen Situation fast freudig über ihre Ergebnisse erzählen konnte. Sie schien den nahen Tod nicht ernstzunehmen.
»… Harran war das größte Zentrum des Mondkultes. Die Götterwelt von Harran umfasste Sharratu, was ›Königin‹ bedeutet. Sie war die Frau des Mondgottes. Hier hieß er Sin. Er hatte hier eine Tochter namens Malkatu. Malkatu bedeutet so viel wie Prinzessin, ein Titel der Göttin Ischtar, wie wir von früheren Grabungen wussten. Diese Namen stimmen wiederum mit ›Sarah‹ und ›Milka‹ überein, den Namen von Abrahams Frau und seiner Schwägerin. Auf diese wundersame Weise wurde der sumerische Mondgott Nanna bzw. Sin zum Stammvater der Israeliten!«
Regina verstand nicht. »Na und, ist doch egal, woher Abraham kommt oder ob er vorher ein Mondgott war.«
Almut kicherte leise. »So einfach ist das nicht. In Arabien wurde Sin mit den unterschiedlichsten Ehrentiteln bedacht und unter den verschiedensten Namen angerufen. Sein Kult wurde nach und nach zur vorherrschenden Religion. Die Halbinsel Sinai, ›die Wüste Sins‹, ist wohl nach ihm benannt. Am Ende verehrten die Araber den Mondgott als höchste Gottheit. Sein Hauptheiligtum wurde die Kaaba in Mekka. Das jedoch laut zu sagen wäre blasphemisch in den Ohren der Muslime. In Arabien wurde der Name immer wieder regional verändert, aber die Grundstruktur blieb immer erhalten. So wurde aus Sin oder Nanna ›al Ilah‹, was so viel wie ›die Gottheit‹ bedeutete. Noch bevor der Islam entstand, existierte das Wort ›Allah‹. Als solcher offenbarte er sich einem ungebildeten Kamelhändler aus Mekka im Arabien des siebenten Jahrhunderts, und der schuf mit dem Schwert und epileptischen Anfällen eine Weltreligion. Kein Wunder, dass das Symbol des Islam die Mondsichel ist und die Spitzen der Minarette und Moscheen mit Mondsicheln drapiert sind.«
»Du meinst, dass diese Pressekonferenz in London
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