Der Lilith Code - Thriller
in den Player, duschte, und als er nackt den Anzug aus dem Plastiksack zog, stand Ephraim in der Tür.
»Herr Sauerkraut, ihr Reiseführer steht bereit.«
Jan musste ihn völlig entgeistert angestarrt haben, denn Ephraim musterte ihn äußerst interessiert und amüsantvon oben bis unten. »Sie können natürlich auch so zu den Verhandlungen erscheinen, aber unsere neuen Freunde aus dem Osten sind in dieser Hinsicht etwas prüde.«
Ephraim fuhr einen Audi und machte natürlich auch darüber Witze. »Ist es nicht seltsam, dass wir Juden so gern deutsche Autos fahren? Inder trinken ja auch nicht gern laues Ale aus London. Aber ihr baut einfach die besten Autos. Wie immer, wenn ihr etwas macht, wird es fast perfekt. Keine Angst, dieses Auto ist eine Holocaust-diskussionsfreie Zone.«
Jan winkte ab. »Eigentlich reichen mir Elijahs Witzchen. Wo fahren wir jetzt genau hin?«
Ephraim schaltete den Gang runter, als er die Steigung nach Safed auf der M90 in Serpentinen vom See erklomm. Waren die Felder im Norden des Sees schon gelb und abgeerntet, so wurde die Vegetation immer grüner, je nördlicher sie kamen.
Ephraim erfüllte brav seine Aufgaben als Fremdenführer. »Das ist Israels schönste Region. Hier«, er zeigte mit dem Zeigefinger nach links, »liegt Safed, Tzefat auf Hebräisch und Safad auf Arabisch. Es ist die heimliche Hauptstadt der Kabbalisten. Der Terrorist Abu Abbas kam aus dieser Stadt und der Palästinenserführer Mahmud Abbas ebenfalls. Und, für dich als Musikliebhaber, Esther Ofarim auch.«
Jan verzog sein Gesicht, aber kommentierte die Stichelei nicht.
»Wir fahren jetzt hinunter in das Chula Tal. Es war einst ein Sumpfgebiet. Nach dem Krieg legten es jüdische Siedler trocken, sehr zum Missfallen vieler Tierschützer. Heute ist es wieder eine große Zwischenstation für Zugvögel, ein traumhaftes Tal.« Die Straße führte jetzt tief hinab zu einem kleinen Flusslauf. »Das hier alles war im Sechs-Tage-Krieg von uns erobert worden, die Araber mussten fliehen. Zurück blieben nur die Drusen. Dann, im Jom Kippur kamen die Syrer wieder. Sie hatten in den ersten Tagen große Erfolge, haben uns ziemlich kalt erwischt.«
Ephraim fuhr über eine Brücke und zog wieder in Serpentinen auf der anderen Seite des Tals den Wagen hochtourig auf die Spitze. Dann bremste er und bog rechts auf einen Parkplatz. Ein Mahnmal war hier errichtet worden. Rostige Eisenteile ragten in den Himmel. Eukalyptusbäume waren davor gepflanzt worden. Ringsherum blühten grüne Wiesen. Die Aussicht war ein Traum, wären da nicht die gelben Schilder, die vor dem Betreten der Wiesen warnten: Minengefahr.
»Sie liegen hier überall. Immer wieder holt die Luftwaffe blöde Wanderer mit einem Rettungsseil vom Hubschrauber aus von solch einer Wiese heraus.«
»Warum wird das nicht geräumt?«, fragte Jan.
»Wer weiß, ob die Syrer nicht doch noch einmal wiederkommen? Dann würden ihre eigenen Minen sie am Vormarsch hindern.«
Ein Windstoß fegte über den Aussichtspunkt.
»Hier ist viel Blut vergossen worden. Im Jom Kippur, oder Ramadan-Krieg wie die Araber sagen, wären die Syrer fast über dieses Tal gekommen, dann wäre ihr Weg frei bis Tel Aviv gewesen und Israel heute nur eine Fußnote in der Geschichte. Nur weil wir schnell Reservisten aktivieren konnten, haben wir die Syrer zurückschlagen können. Es ging immer um das nackte Überleben, um die eigene Existenz. Das änderte sich schleichend mit dem Palästinenser-Konflikt. Da waren wir zum ersten Mal die vermeintlich Stärkeren. Eine Rolle, die uns nicht so liegt.«
Sie blickten eine Weile still hinunter in das Tal, über die alten Minenfelder und die zerstörten Bunkeranlagen.
Ephraim deutete auf ein Haus an der Straße. »Wir können dort frühstücken. Deutsche ohne Frühstück sind doch wie Engländer ohne Tea Time, oder?«
Sie lachten und saßen wenige Minuten später auf der Terrasse hoch über dem Chula Tal.
»Wenn bei euch Winter ist, kommen die Kraniche hier vorbei, und die Luft ist erfüllt von ihrem heiseren Rufen. Dann ist dieser Platz wundervoll.«
Jan hatte sich Pfefferminztee bestellt. Der Wirt, ein russischer Einwanderer, servierte Eier und Tomaten. Dazu gab es Pita-ähnliches Brot.
Ephraim fuhr fort. »Aber dieser Ort ist eben auch immer umkämpft worden. Da unten, die Ruinen. Das ist eine Templerburg. Sie haben sie innerhalb von elf Monaten erbaut, und kurze Zeit später eroberte und zerstörte sie Saladin, der große muslimische Führer. Weiter
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