Der Lilith Code - Thriller
intensiv den Boden ab. Der Israeli war erstaunt, wie der Syrer genau diese Stelle fand und überprüfte. Al-Ali drehte seinen Kopf, und auch wenn er ihn garantiert nicht sehen konnte, so blickte er doch in Elijahs Richtung. Er erhob sich, klopfte den Staub von seinen Händen und kam näher. Jetzt war er nur noch höchstens fünf Meter von Elijahs Baum entfernt. Er blieb stehen, blickte um sich, als ob er prüfen wolle, dass ihn keiner hören würde. Dann lachte er kurz auf.
»Wir wollen beide dasselbe, Bruder«, rief er in die Nacht hinein.
Ein junger Offizier, der wenige Meter entfernt stand, schaute verdutzt und fragte, ob er ihn meine. Faruk Al-Ali schüttelte nur den Kopf und rief dann nach wenigen Sekunden der Stille zum Aufbruch.
Er saß auf dem Beifahrersitz und blickte hinaus in die Nacht. Viele Fäden hatte er jetzt zu ordnen. Der tote Hund flussabwärts interessierte ihn genauso wie der kleine Dicke, den sie hatten entkommen lassen. Die Geschichte wurde immer verworrener.
Der neue Tag brach bald an, als Al-Ali und sein Fahrer Manbej erreichten. Der örtliche Polizeichef hatte Al-Ali ein Zimmer in seinem Haus angeboten, und dieser hatte dankend angenommen. Aber vorher wollte er seinen »Schatz« noch auf der Polizeistation sehen. Seine Müdigkeit schien er zu ignorieren. Sie hielten vor dem Gebäude, das auch schon bessere Tage gesehen hatte. Der wachhabende Soldat sprang schlaftrunken von seinem Hocker auf und führte sie den Gang hinunter zu den Zellen. Al-Ali blieb stehen, blickte hinein. Der Imam und sein Sohn beteten das Morgengebet.
London, 18. 06., 13.25 Uhr
»No, I don’t think so. We tried.« … »We basically supported the Bush policy in the Middle East … but we have been very critical of its execution.«
Rupert Murdoch auf die Frage, ob sein Medienimperium die Agenda der Bush-Regierung bezüglich ihrer Nahost-Politik bestimmt hätte, WWF, Davos 2007
Es war eine kleine Meldung der Onlineausgabe der »Times« unter der Rubrik »Science« am Sonntag vor einer Woche. Ein internationales Archäologenteam hatte vor einem halben Jahr bei Ausgrabungen auf der Arabischen Halbinsel sensationelle Funde aus der Frühzeit des Islams entdeckt. Diese seien, so die Meldung, jetzt ausgewertet. Auf einer Pressekonferenz in der alten Bibliothek des British Museums am Dienstag der kommenden Woche werde man die Ergebnisse präsentieren.
Andere Zeitungen und TV-Sender hatten das Thema aufgegriffen und spekuliert, dass die Funde in der islamischen Welt für Unruhe sorgen könnten. Das war am Mittwoch.
Am Donnerstag hatte ein islamischer Prediger in der Londoner Moschee im Finsbury Park gegen die Pressekonferenz mit Wut und Hass gesprochen.
Beim Freitagsgebet hatten die Imame zu Demonstrationen in vielen Moscheen des Landes aufgerufen.
In den Nachrichten war angesichts der vielen Sondersendungen kaum Platz für diese doch eher wissenschaftliche Story. Nur in Deutschland hatte ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, der bei der Grabung dabei war, einer linksalternativen Zeitung in Berlin ein Interview gegeben. Aber auch dort wollte die Chefredakteurin erst frühestens am Montag mit der Geschichte auf den Markt gehen. So kreiste lediglich das Gerücht durch die Chatrooms und Blogs des Internets, wie ein langsam wirkendes Gift in den Blutbahnen stetig zu den lebenswichtigen Organen dringt, ehe es dann den Tod bringt.
Istanbul, 18. 06., 18.35 Uhr
Die Zusammenarbeit war stets intensiv.
Ein Asylverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen VG 19 A 329.82) wies nach Überzeugung der Kammer eindeutig nach, dass der Bundesnachrichtendienst aus Pullach bei München regelmäßig Informationen aus den Akten türkischer Regimekritiker nach Ankara weitergegeben hat.
Die Konsequenz: Abgewiesene Asylbewerber wurden nach ihrer Rückkehr verhaftet und mit ihren in Deutschland protokollierten Angaben über politische Verfolgung in der Türkei konfrontiert.
»Wenn’s nach den Türken ginge, müssten wir jeden Tag 100 Kurden festnehmen und ausweisen«, schildert ein Beamter des Bundeskriminalamts (BKA) den Eifer der deutschen MIT-Sektion.
Aber auch ohne tatkräftige Hilfe gelingt dem türkischen Nachrichtendienst eine perfekte Aufklärung.
Horchposten sind hier die zirka 700 staatlichen Moscheen in Deutschland. Nach FOCUS-Recherchen sind die über die Konsulate bezahlten Imame als geistliche Oberhäupter verpflichtet, alle vier Monate einen detaillierten Bericht über das Innenleben der türkischen
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