Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
entschied sich dann aber dagegen.
Nachdem ich meine Telefonkarte eingeführt hatte, wählte ich Sandras Nummer. Über dreitausend Kilometer von mir entfernt klingelte ihr Telefon.
»Ms. van Buren«, sagte ich. Bis zu diesem Moment hatte ich mir keine Gedanken darüber gemacht, was ich ihr überhaupt sagen wollte. »Mein Name ist Alex McKnight. Ich bin ein Freund von Randy.«
Nach langem Schweigen räusperte sie sich. »Ja?«
»Ich komme gerade aus dem Krankenhaus. Ich habe ihn auf der Intensivstation besucht.«
»Was wünschen Sie?«
In der Leitung summte es leise quer über den Kontinent. »Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich letzte Woche ein paar Tage mit Randy verbracht habe. Er ist den ganzen Weg nach hier gekommen … nun, teils auch, um mich wiederzusehen, denke ich. Das hat er jedenfalls gesagt. Und wir …«
Wir was? Was hatten wir gemacht? Was davon konnte ich ihr erzählen?
»Es war das erste Mal, daß ich ihn seit fast dreißig Jahren wiedergesehen habe. Wir waren 1971 im selben Baseballteam.«
Sie sagte gar nichts.
»Ich habe natürlich nicht gewußt, was ihm seitdem passiert war.«
»Was meinen Sie mit ›ihm passiert war‹?« sagte sie. »Ihm ist nichts passiert. Er ist uns passiert, Mr. McKnight. Er hat alles und jeden um ihn herum zerstört.«
»Ich verstehe«, sagte ich. »Jetzt, wo ich weiß, ich meine … Ich wollte Ihnen nur eines sagen, weil ich mich dazu verpflichtet fühle. Als ich in der letzten Woche mit ihm zusammen war, hat er im Grunde immer nur über Ihre Kinder gesprochen.«
»Hören Sie bitte auf der Stelle auf«, sagte sie. »Sagen Sie mir so was nicht.«
»Es stimmt aber.«
»Wenn er Ihnen das erzählt hat, wollte er damit irgend etwas bei Ihnen erreichen. Was glauben Sie eigentlich, warum er in Ihre Gegend gekommen ist? Meinen Sie, er hat das gemacht, um ein paar Tage mit ’nem alten Baseballkumpel rumzuhängen?«
»Offensichtlich kenne ich Randy nicht so gut, wie ich geglaubt habe«, sagte ich. »Aber ich schwöre bei Gott, er sprach wie jemand, der auf seine Kinder sehr stolz ist. Das kann man nicht vortäuschen. Keiner kann das.«
»Der Polizist hat mir erzählt, er habe nach einer Frau gesucht. Was meinen Sie denn, was er gemacht hätte, wenn er sie gefunden hätte? Ihr erzählt, wie stolz er auf seine Kinder ist?«
»Ich wußte nicht, warum er sie finden wollte«, sagte ich. »Das heißt, ich dachte schon, daß ich es wüßte …«
»Das paßt«, sagte sie. »Er mußte dreißig Jahre zurückgehen, um noch jemanden zu finden, der ihm glaubt.«
»Ms. van Buren …«
»Ich bin Mrs. van Buren. Ich habe inzwischen wieder geheiratet. Ich versuche, nicht mehr an die Vergangenheit zu denken, okay? Ich habe den heutigen Anruf von dem Polizisten nicht gebraucht, und, offen gestanden, diesen hier auch nicht.«
»Es tut mir leid. Ich mußte Sie anrufen.«
»Okay, Sie haben mich angerufen. Sie haben getan, was Sie für Ihre Pflicht hielten.«
»Ja«, sagte ich. »Und ich überlege, ob ich nicht auch vielleicht Ihre Kinder anrufen soll.«
»Ich kann Sie nicht abhalten.«
»Wenn eine Veränderung in seinem Zustand eintreten sollte …«
»Bemühen Sie sich nicht. Mir ist egal, was mit ihm ist. Völlig egal.«
»Nun«, sagte ich. »Ja, das war es denn wohl.«
»So sehe ich das auch.«
»Auf Wiederhören.«
Sie legte auf.
Ich saß da auf dem Stuhl, mit dem Hörer im Schoß, und starrte auf die Wand. Die Verkleidung war lose. Einmal feste gezogen, und ich hatte das Ganze auf der Figur.
Der nächste Name war Annette Wilkins. Ich wählte die Nummer und hatte einen Anrufbeantworter dran, der mir sagte, das Turtle Café sei ab 11.00 Uhr zum Lunch geöffnet. Ich blickte auf meine Uhr. 14.15 Michigan-Zeit machte 11.15 Uhr kalifornische Zeit. Da war jemand spät dran mit dem Öffnen des Restaurants.
Als nächstes versuchte ich es mit Jonathan Wilkins’ Nummer. Ich hatte eine Sekretärin dran, die mir sagte, ich sei mit der Anwaltskanzlei von circa sechs Namen verbunden, die ich alle nicht verstand. Als ich nach Mr. Wilkins fragte, bat sie mich zu warten.
Eine Weile hörte ich klassische Musik, dann eine Stimme: »John am Apparat.«
»Mr. Wilkins, mein Name ist Alex McKnight. Ich rufe wegen Ihres Vaters an.«
»Wegen dem Schwindler und Hochstapler? Um wieviel hat er Sie denn erleichtert?«
»Ich denke, Sie haben davon gehört, was ihm hier in Michigan zugestoßen ist.«
»Ja«, sagte er, »der Polizeichef von Orcus Beach hat gestern abend
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