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Der Lockvogel

Der Lockvogel

Titel: Der Lockvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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einen Whisky mit Eis und wenig Wasser und rief Elsa an. Es waren seltsame Gespräche – je weiter er sich von London entfernte, desto besser waren sie gewöhnlich. Sie sprachen nicht länger als zehn Minuten.
    Gerstman war pünktlich. Webster sah, wie er durch die Lobby kam, und bemerkte seine langen, eleganten Schritte. Sein Gesicht war gebräunt und schmal, fast hager, und an seiner Schläfe stand eine Ader heraus. Hammer hatte auch eine solche Ader, und Webster fragte sich, was sie wohl bedeutete.
    Webster stand von seinem Barhocker auf – selbstverständlich lederbezogen und mit niedriger Lehne – und streckte Gerstman seine Hand entgegen, der sie jedoch ignorierte und sich stattdessen auf dem benachbarten Hocker niederließ, den er so drehte, dass er Webster fast gegenübersaß.
    »Was wollen Sie mir sagen?«, fragte Gerstman mit kalten, ungeduldigen Augen. Sein Akzent klang abgehackt und stark russisch.
    »Nun – zuerst einmal, danke, dass Sie gekommen sind. Kann ich Ihnen etwas zu trinken bestellen?«
    »Kein Drink, danke. Sagen Sie mir einfach, warum Sie mich verfolgen.«
    Webster nahm einen Schluck von seinem Whisky und versuchte zu ergründen, was hinter dieser Feindseligkeit steckte, die offener war, als er erwartet hatte. Es musste einen Weg geben, sie zu umgehen. Gerstman hatte Malin gekannt, hatte täglich für ihn gearbeitet, mit ihm in Meetings gesessen, sein Vertrauen genossen. Er wusste, wie sein Geschäft organisiert war, wer wo saß, woher das Geld kam. Er war die beste Informationsquelle, die man sich vorstellen konnte, und Webster spürte, wie er ihm entglitt.

    »Ich arbeite für ein Unternehmen namens Ikertu Consulting«, sagte Webster und schaute Gerstman direkt in die Augen, in der Hoffnung, offen und aufrichtig zu wirken.
    »Ich weiß.«
    »Gut. Das ist hilfreich. Wir wurden beauftragt, etwas in Erfahrung zu bringen, was mit Konstantin Malin zu tun hat. In Folge dieses Auftrags wurde uns klar, dass die Position von Richard Lock ausgesprochen gefährdet ist.«
    »Ich weiß nicht, was das bedeutet.«
    Webster nahm noch einen Schluck. »Nun, kurz gesagt, Behörden auf der ganzen Welt wollen Ermittlungen gegen ihn einleiten. Wenn sie das tun, werden sie wahrscheinlich zu der Überzeugung kommen, dass er ein Geldwäscher ist. Was vermutlich zutrifft.«
    »Sie meinen, Sie wollen, dass gegen ihn ermittelt wird.«
    »Nein, das wollen wir nicht. Es ist nicht in unserem Interesse. Ich würde ihm gerne die Chance geben, dem aus dem Weg zu gehen.« Gerstman reagierte nicht. »Kann ich Ihnen ein paar Fragen über Malin stellen?«
    »Nein, das können Sie nicht. Sie sagen mir nicht, für wen Sie arbeiten, und ich weiß nicht, wie Sie Richard helfen wollen. Aber ich spreche sowieso mit niemandem über meine Vergangenheit, insofern ist es egal. Ich spreche nicht darüber, egal unter welchen Umständen. Ich habe mich mit Ihnen getroffen, damit Sie genau das wissen. Ohne jeden Zweifel.«
    Webster tat sein Bestes, um unbekümmert auszusehen. »Ich verstehe. Nicht einmal, um Lock zu helfen?«
    »Bitte machen Sie sich nicht lächerlich.« Gerstman stand auf. »Lock ist Ihnen doch egal. Sie schieben ihn nur vor, aus Gründen, die ich nicht kenne. Also belästigen Sie mich nicht
weiter. Und sagen Sie Ihrem Klienten, dass ich nicht rede. Ist das klar? Ich rede nicht.«
    Webster blickte ihm nach, als er durch die Lobby ging, seine Absätze klapperten auf dem Marmorfußboden. Mit seinen langen Schritten und dem gebeugten Kopf wirkte er seltsam ferngesteuert, vorwärtsgetrieben von etwas, das Stolz hätte sein können, das für Webster aber wie Angst aussah.

5
    Lock stand in dem fast leeren Ballsaal und fragte sich, was Maria Sergejewna Galinin zum Geburtstag bekommen würde. Die Kinder der Moskauer Reichen konnten gute Geschenke erwarten. Er hatte gesehen, wie ein sechsjähriger Junge einen Ferrari erhalten hatte und ein neunjähriges Mädchen mit einer Datscha außerhalb der Stadt beschenkt worden war: ein riesiges, für Kinder ausgestattetes Spielhaus mit eigenen Dienern und einem Labyrinth aus Eibenhecken.
    An seinem eigenen sechsten Geburtstag hatte Lock von seinem Vater ein Boot aus Holz bekommen. Es war einem holländischen Klipper nachempfunden und hatte drei Masten mit Segeln aus ungefärbter Leinwand. Abgesehen von einem metallenen Kiel war es ganz aus Zedernholz gefertigt und daher, wie sein Vater gesagt hatte, stabil genug, um gesegelt zu werden. An windigen Tagen nahmen sie es mit zum See

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