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Der Lockvogel

Der Lockvogel

Titel: Der Lockvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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Probleme hätten irgendetwas mit Malin zu tun, aber sein Instinkt beharrte unverrückbar auf dem Gegenteil.

    Am Freitagmorgen um zehn Uhr saßen Hammer und Webster im Konferenzraum von Ikertu. Hammer war nicht ins Büro gejoggt. Das war ungewöhnlich, und Webster fragte sich, was es zu bedeuten hatte.

    »Lässt Tourna gerne auf sich warten?«, fragte Hammer.
    »Das letzte Mal kam er einen ganzen Tag zu spät.«
    »Ich habe den Bericht gelesen. Sie haben mehr gemacht, als Sie glauben.«
    »Ja, das ist mir auch aufgefallen.«
    »Wie geht es Onder?«
    »Der hat sich prächtig amüsiert.«
    »Erzählen Sie mir von Berlin?«
    »Es war gut. Sie hatten recht.«
    »Ich wollte nicht, dass Sie hingehen.«
    »Nein, ich meine, mit der ganzen Sache. Ich fühle mich besser. Ich habe meinen Ankläger getroffen, das hat geholfen. Er platzte in unser Treffen hinein und rettete Mrs. Gerstman vor mir. Ein bisschen tollpatschig.«
    »Gut für ihn.«
    »Er mag mich immer noch nicht besonders, aber er hat etwas Interessantes gesagt.«
    Hammer wartete, bis er weitersprach.
    »Wie sind Ihre Deutschkenntnisse?«
    »Minimal.«
    »Meine haben stark nachgelassen, aber ich habe einiges aufgeschnappt, das nicht für meine Ohren bestimmt war. Ich glaube, er sagte so etwas wie ›Zuerst die Russen, jetzt die Engländer. Zumindest ist er nicht eingebrochen. Hat er dich auch bedroht?‹.«
    »Und das bedeutet?«
    »Jemand glaubt, dass sie etwas weiß. Es klingt, als sei jemand in ihre Wohnung eingebrochen oder in Gerstmans Büro, und offenbar vermutet man Russen dahinter. Und dann, als Prock mich hinauswarf, sagte er etwas von ein paar Anrufen zehn Tage zuvor. Ich hatte keine Gelegenheit
mehr, Nina zu fragen. Ich wurde mehr oder weniger aus der Wohnung eskortiert.«
    »Könnten Sie sie anrufen?«
    »Vielleicht. Ich habe ihr Nachrichten aus Ungarn versprochen, wenn ich welche bekomme. Ich glaube nicht, dass sie mich mag, aber sie scheint mich zumindest nicht zu hassen.«
    Das Telefon im Konferenzraum klingelte. Mr. Tourna war an der Rezeption. Webster holte ihn ab und stellte ihn Hammer vor, der neben ihm mager und blass wirkte. Tourna, makellos herausgeputzt in leichter Tweedjacke, babyblauem Kaschmirpullover und weißem Hemd, sah so demonstrativ gesund aus, wie er es auf seiner Jacht getan hatte.
    Hammer, der sich immer freute, ein Schlitzohr kennenzulernen, übernahm den größten Teil des Small Talks; Tourna war entzückt, wie die meisten Klienten. Hammer hatte die Fähigkeit eines Hochstaplers, die Leidenschaften eines Menschen zu entdecken und dann den Anschein zu erwecken, alles darüber zu wissen. Er löcherte Tourna fünf Minuten lang über das Segeln, über Bootstypen und über die besten Jachthäfen im Mittelmeer und darüber hinaus.
    »Nein, nur segeln, Mr. Hammer, nur segeln. Ich sehe vielleicht vulgär aus, aber ich verachte diese schwimmenden Bordelle mit ihren Hubschrauberplattformen und Swimmingpools. Man kann doch im Meer schwimmen, wenn man denn schwimmen will, oder? Lächerlich. Ich will Ihnen erzählen, Mr. Hammer, ich habe einmal in Shanghai einen Mann kennengelernt. Wir hatten über Geschäfte gesprochen. Er lud mich ein, auf seine Jacht zu kommen. Sie haben eine Jacht in Shanghai?, fragte ich. Und er sagt, ja, im Hafen. Die schönste Jacht, die man sich vorstellen kann. Nun, es gibt viele Schiffe im Hafen von Shanghai, aber nicht so viele
Jachten, glaube ich. Also gehe ich hin. Und dort im Hafen liegt dieses monströse riesige glänzende cremefarbene Bürogebäude – natürlich mit Hubschrauber drauf. Und wir gehen an Bord, und da gibt es goldene Wasserhähne und Betten in Muschelform. Alles sehr geschmackvoll. Und ich frage meinen Freund, wohin fahren Sie? Und er versteht nicht. Ich frage, wo fahren Sie hin mit ihr – weil ich überhaupt nicht wüsste, wo ich in der Nähe von Shanghai segeln wollte. Und er schaut mich einen Moment lang an, versteht immer noch nicht, und dann lacht er und sagt, oh nein, es gibt keinen Motor. Man kann nirgendwo mit ihr hinfahren. Der Maschinenraum ist leer.« Tourna brüllte vor Lachen. »Wahrscheinlich liegt sie immer noch da!« Hammer lachte ebenfalls, und Webster steuerte ein Lächeln bei, von dem er hoffte, dass es enthusiastisch wirkte. »So, meine Herren«, sagte Tourna, und sein Gesicht nahm den dringlichen Ausdruck an, den Webster in Datça gesehen hatte, »wie kommen Sie voran?«
    Sie setzten sich an den Tisch. Webster verteilte Kopien der Tagesordnung und seinen Bericht. Tourna

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