Der Lockvogel
nicht. Wenn Lock für uns aussagt, verliert er seinen Job und macht sich einen verdammt großen Feind. Warum sollte er das tun?«
»Weil«, sagte Hammer, »wir mittlerweile einen Punkt erreicht haben, an dem das FBI und einige andere anfangen, sich aktiv für Mr. Locks Fall zu interessieren. Ich hatte diese Woche ein Gespräch mit einem Freund beim FBI, und dort sieht man ein erhebliches Potenzial in ihm. Vom reinen Geldwert her gesehen ist er einer der größten Geldwäscher, der ihnen je untergekommen ist. Und ich höre von dort, dass die Schweiz nun ebenfalls genauer hinsehen will.«
Tourna lehnte sich zurück, schob seinen Stuhl ein Stück nach hinten, knetete seine Unterlippe und dachte nach. Wie Hammer war er ein Zappler, aber während Hammer lediglich klopfte und kaute, setzte Tourna seinen ganzen Körper ein. Sein Bein wackelte, er beugte sich vor. Während er ihn beobachtete, fragte sich Webster, ob Hammer wirklich dort angerufen hatte und wenn ja, was gesagt worden war. Er hatte geglaubt, dass sie mit weiteren Aktivitäten bis nach diesem Meeting warten würden.
»Mr. Hammer«, sagte Tourna schließlich. »Was meinen Sie?«
Hammer legte seinen Stift hin. »Es ist eine große Chance. Wie alle großen Chancen ist sie mit Risiken verbunden. Diese Risiken betreffen nicht eigentlich uns. Sie betreffen Mr. Lock. Sie riskieren einige Honorarzahlungen, wir riskieren unseren Ruf, Lock jedoch könnte wirkliche Probleme bekommen. Ben hat ein paar schwierige Wochen hinter sich. Es geschieht nicht oft, dass Leute, die wir interviewen, kurz darauf tot sind. Es geschieht auch nicht oft, dass wir beschuldigt werden, daran schuld zu sein. Aber ich glaube, ich konnte ihn davon überzeugen, dass der beste Weg, Lock langfristig zu schützen, darin besteht, ihm aus diesem Mist herauszuhelfen. Er steckt bis zum Hals drin. Ich weiß es. Ich habe so viele von diesen Burschen gesehen. Einige sind ziemlich hart – er ist es nicht. Eines Tages wird etwas passieren, das Malins Schloss zum Einstürzen bringt. Und Lock? Er verliert sein Leben oder landet im Gefängnis. Wenn er Glück hat, wird er lediglich in Moskau unter Hausarrest gestellt. Die einzige Möglichkeit, dem zu entgehen, ist, dass er auf den rechten Weg zurückkommt. Ich schlage vor, dass wir ihm diesen zeigen.«
Tourna saß eine volle Minute da und zog an seiner Lippe.
»Was passiert mit Ihren Honoraren?«
Webster antwortete ihm. »Wir haben bis hierher eine Menge Geld ausgegeben, weil es eine Menge Leute gab, die eine Menge Arbeit erledigen mussten. An dem Punkt, den dieser Fall jetzt erreicht hat, bin ich der Einzige, der Stunden dafür berechnet. Wir werden wahrscheinlich auch jemanden zum Beschatten brauchen. Wir müssen wissen, wo Lock ist und was er macht. Wenn er in den Westen kommt. Aber
wir können die monatlichen Zahlungen ziemlich drastisch zurückfahren. Die Erfolgsbeteiligung bleibt gleich.«
»Wie lange, glauben Sie, werden Sie brauchen?«
»Ich würde sagen, zwei Monate«, sagte Webster. »Vielleicht auch nur einen.«
»Und falls Lock nicht anbeißt?«
»Dann wäre kein Schaden entstanden«, sagte Webster. Hammer nickte.
Tourna dachte noch einen Moment lang nach und knetete seine Lippe.
»Es ist die einzige Möglichkeit«, sagte Webster.
Tourna nickte. »Okay, wir tun es. Aber ich will, dass die Kosten für die Überwachung gedeckelt werden. Ich weiß, was diese Scheiße kosten kann. Bevor ich meine zweite Frau beschatten lasse, gebe ich ihr das Geld lieber als Alimente. Es kommt ungefähr auf das Gleiche raus.« Er lachte noch einmal bellend und stand auf, um zu gehen. »Mr. Webster, Mr. Hammer, es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen. Tun Sie das für mich, meine Herren. Sobald es aussieht, als würde es nicht funktionieren, hören Sie auf, okay?« Hammer lächelte.
Webster brachte Tourna hinaus und kam dann in den Konferenzraum zurück. Hammer saß noch dort. Er lächelte immer noch.
»Was war das mit dem FBI?«, fragte Webster, halb erfreut und halb verärgert über eine der Überraschungen, die Ike hin und wieder aus dem Ärmel zauberte.
»Sorry. Ich wollte es Ihnen sagen, bevor er kam. Ich habe dort angerufen, als Sie in Berlin waren.«
»Und die sind interessiert?«
»Oh ja«, sagte Hammer. »Das sind sie.«
9
In der Luft konnte einen niemand erreichen, dachte Lock. Niemand konnte einen auf Fehler aufmerksam machen. Niemand konnte höflich einen Auftritt kritisieren. Und vor allem: Niemand konnte einen mit dieser peinlich
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