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Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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kein Moos an, und wer wagt, gewinnt. Man muss kühne Ideen entwickeln, so kühn, dass andere sie nicht für realisierbar halten. Solche Ideen bringen Fortschritt in die erlahmte Welt. Und wenn man die richtigen Beziehungen hat, kann man alles erreichen. Oder was meinst du, Juri? Glaubst du, die junge Dame hier besitzt die Ortskenntnis, die wir brauchen?»
    Trankow wurde noch verlegener und lenkte das Gespräch rasch auf das Bild, das er von mir gemalt hatte. Ganz offensichtlich wollte er nicht, dass ich mich mit Syrjänen eingehender über Kopparnäs unterhielt. Er lud ihn ein, sich das Gemälde anzusehen. Als wir aufgegessen hatten, begleitete uns der Geschäftsmann ins Ateliergebäude.
    «Hast du die Entwürfe fertig, von denen wir gesprochen hatten?», fragte er, als Trankow die Tür öffnete.
    «Ja. Aber die können wir uns ein andermal ansehen. Ich möchte Hilja nicht mit geschäftlichen Dingen langweilen», antwortete Trankow hastig und schaltete sämtliche Lampen ein. In ihrem Licht wirkte das Gemälde überrealistisch und billig, ganz anders als vorhin. Doch Syrjänen nickte zufrieden.
    «Schön. Denk doch nur, was für eine glänzende Idee individualisierte Wandmalereien sind! Wir werden sie schon in der Bauphase mit den Kunden abstimmen. Das Bild hier können wir wohl als Beispiel dafür verwenden, was wir anzubieten haben?»
    «Als Beispiel?», wiederholte ich fragend, doch Trankow fiel mir ins Wort: «Dieses Bild gehört Hilja, ich habe es ihr versprochen. Aber ich male dir andere Beispiele.»
    Ich wusste Syrjänens Blick nicht zu deuten. Er lief besitzergreifend im Atelier umher, hob Stoffbahnen an und begutachtete Farbtuben. Trankow wollte wohl ebenfalls seinen Besitz markieren, denn er schlang von hinten die Arme um mich. Der Griff erschien mir wie eine Fessel. Wie viel Wein hatte ich getrunken, war ich noch fahrtüchtig? Plötzlich war mir die Vorstellung, die Nacht mit Trankow im Atelier zu verbringen, gar nicht mehr angenehm.
    «Die Russen mögen also gegenständliche Malerei in diesem Stil?» Syrjänen hielt ein ungerahmtes Bild hoch, das einen Pferdekutscher mit Pelzmütze zeigte.
    «Es gibt viele Geschmäcker. Aber keine Sorge, ich beherrsche alle Stilrichtungen, sogar Ikonen kann ich malen. Die müssen dann allerdings in einer Kirche geweiht werden.»
    Experte für Malerei und Architektur, nicht schlecht für einen Sechsundzwanzigjährigen, zumal Trankow auch einige Zeit im Dienst seines Vaters Paskewitsch gestanden hatte. Ich streichelte seine Arme und hoffte, Syrjänen würde bald verschwinden. Draußen wehte ein heftiger Wind, durch die Dachfenster fiel der Schein der tanzenden Lichterketten.
    «Hilja ist übrigens mehr als nur Gastronomiekraft und Modell», sagte Trankow plötzlich. «Sie hat in New York eine Schule für Sicherheitskräfte besucht und ist ausgebildeter Bodyguard. Du hast doch gesagt, du möchtest nicht, dass Julia allein das Haus verlässt. In Hilja hätte sie eine gute Leibwächterin.»
    Ich löste mich gewaltsam aus Trankows Griff und hörte ihn vor Schmerz aufstöhnen, als mein Ellbogen ihn in den Magen traf. «Das ist Jahre her. Inzwischen arbeite ich tatsächlich nur noch in der Gastronomie.»
    Syrjänen sah mich neugierig an. «Du bist ja wirklich eine vielseitig begabte Frau. Und ich mache mir tatsächlich Sorgen um Julias Sicherheit. Sie hat in St. Petersburg ein paar ungeklärte Dinge hinterlassen, und von dort kann schnell mal jemand nach Finnland kommen. Sollten wir darüber reden? Ich hätte in meiner Firma Verwendung für dich. Und ein attraktives Gehalt kann ich dir auch bieten. Wollen wir gleich einen Vertrag aushandeln?»

20
    Das Klingeln von Syrjänens Handy – als Klingelton hatte er «We are the Champions» von Queen – enthob mich einer Antwort.
    «Ja. Ich komme», sagte Syrjänen auf Englisch, unterbrach die Verbindung und fluchte auf Finnisch. «Julia ist so verdammt eifersüchtig, aber ihr würdet sicher miteinander auskommen, wenn ihr euch näher kennenlernt. Ich muss jetzt gehen. Vielleicht machen wir demnächst einen Ausflug zusammen, zum Beispiel nach Kopparnäs. Wir könnten mit der
I believe II
hinfahren.»
    Die
I believe 
II
war drei Fuß länger als die Yacht, die David zerstört hatte. War es überhaupt möglich, mit einem so großen Boot in Kopparnäs anzulegen? Wahrscheinlich hatte die Yacht ein kleines Beiboot, mit dem man auch in flacheren Gewässern fahren konnte.
    «Ich melde mich bei dir, Hilja», versprach Syrjänen und ging.

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