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Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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vergewaltigt, sie war erst siebzehn.»
    «Herrgott im Himmel! Der Kerl ist ein noch schlimmeres Monster, als ich dachte.»
    «Das Mädchen ist das jüngste Kind einer Familie, die zur Glaubensgemeinschaft der Laestadianer gehört. Die Ärmste wurde schwanger, und man hat ihr nicht erlaubt abzutreiben.»
    Ich spürte, dass ich eine Gänsehaut bekam und sich meine Nackenhaare aufrichteten. Das kalte Eisen des Geländers biss mir in die Hand.
    «Was versuchst du mir zu sagen?»
    «Deine Schwester oder, genauer gesagt, Halbschwester Vanamo Huttunen wurde im Sommer darauf in der Zentralklinik in Kuopio geboren. Sie wohnt meines Wissens heute mit ihrer Mutter und deren Familie in Tuusniemi. Die Information verdanke ich Eini, sie hat Vanamo und ihre Mutter im Melderegister ausfindig gemacht.»
    «Keijo Suurluoto hat also noch ein zweites Kind … Meine Halbschwester! Bist du absolut sicher?»
    «Ihre Mutter Saara Huttunen war noch Jungfrau, als es passierte. Und Keijo Suurluoto hat die Tat nicht abgestritten, sondern sich im Gegenteil damit gebrüstet. Von diesem Teil der Gerichtsverhandlung war die Öffentlichkeit ausgeschlossen, weil das Opfer minderjährig war, aber Saara Huttunen hat weder ihren Namen noch ihren Wohnort geändert.»
    Laitios Worte schienen aus weiter Ferne zu kommen. Meine Beine wollten mich nicht mehr tragen, ich musste mich mit meinem ganzen Gewicht ans Geländer lehnen. Die Welt schwankte, sie war unwiderruflich aus den Fugen geraten. Ich hatte seit acht Jahren eine Halbschwester, ohne es zu wissen. War ihr bekannt, dass ich existierte? Wollte sie überhaupt etwas von mir wissen? Und ihre Mutter? Vielleicht hatte sie inzwischen geheiratet, und Vanamo war ein Mitglied dieser Familie, ohne zu ahnen, wie ihr Leben zustande gekommen war. Obwohl mir übel war, sagte ich: «Ich glaube, ich möchte jetzt doch eine Zigarre.»
    «Recht so, die traditionelle Art, eine Geburt zu feiern.» Laitio schnitt die Zigarre an und reichte mir sein Feuerzeug. «Der Wind ist tückisch, pass auf.»
    Es klappte erst beim dritten Versuch, doch der Rauch kurierte weder meine zitternden Hände noch meine wackligen Knie.
    «Es gibt da noch etwas, allerdings dürfte es sich kaum beweisen lassen. Man hat versucht, Keijo Suurluotos Flucht so genau wie möglich zu rekonstruieren. Er war zwei Tage auf freiem Fuß. Der Pfleger, den er bei seinem Ausbruch niederschlug, hat einen bleibenden Gehirnschaden und wird nie wieder sprechen können. Von Niuvanniemi, wo Suurluoto einsaß, ist es nicht weit nach Kaavi und Outokumpu. Er knackte einen Skoda. Dazu passende Reifenabdrücke wurden unter anderem vor der Hütte deines Onkels in Hevonpersiinsaari gefunden.»
    «Onkel Jari ist ertrunken … Er hatte sich im Netz verheddert …» Ich hatte das Gefühl, zu ersticken, und doch zog ich an der Zigarre.
    «Und wurde erst nach mehreren Tagen gefunden, weshalb es nicht möglich war, die genaue Todeszeit zu bestimmen. Ist es nicht ein merkwürdiger Zufall, dass er gerade um die Zeit starb, als Suurluoto auf freiem Fuß war?»
    Eine Antwort erübrigte sich. Die Landschaft, die sich unter dem Balkon erstreckte, war seltsam neblig geworden, ich konnte nicht einmal die Schornsteine der nächsten Häuser erkennen. Ich hatte es fast mein ganzes Leben lang vermieden, an meinen Vater zu denken, hatte versucht, ihn zu vergessen. Mir war nicht klar gewesen, wie präsent er dennoch war, wie sehr er mein Leben beeinflusste. Er hatte mir nicht nur meine Mutter geraubt, sondern wohl auch Onkel Jari, und für dessen Tod war er nicht zur Verantwortung gezogen worden. Ich spürte einen glühenden Hass auf Keijo Suurluoto und verstand plötzlich, wieso Menschen fähig waren zu töten.
    «Die Sache zu klären ist schwierig, aber nicht unmöglich. Ich kann mitkommen, falls ich ein freier Mann bleibe. Du willst doch die Wahrheit erfahren? Sie notfalls mit Gewalt aus deinem Vater herausholen? Auch als Lebenslänglicher darf er wohl Besuch empfangen.»
    «Meinst du, ich müsste ihn besuchen?»
    «Wenn du dazu bereit bist.»
    Ich wusste nicht, ob ich das je sein würde. Laitios Zigarre war ausgegangen, und er zitterte vor Kälte. Ich schlug vor, in sein Zimmer zurückzukehren. Als wir die Tür zum Flur öffneten, stürzte sich ein Pfleger auf uns und meckerte über den Verstoß gegen das Rauchverbot. Ich musste lange betteln, bevor er mir erlaubte, meinen Besuch fortzusetzen. Als wir endlich wieder im Zimmer saßen, tätschelte Laitio mir plötzlich den Arm.
    «Mach

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