Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)
berichtet, aber vorläufig heißt es schweigen. Setz dich doch.» Ich zog einen Stuhl ans Bett. Krankenhausgeruch umwaberte Laitio, auf seinem Handrücken hatte die Infusionsnadel einen großen blauen Fleck hinterlassen.
«Rytkönen hat mich gebeten, ihn an irgendeinem komischen Ort in Inkoo zu treffen. Er hat gesagt, dort könnten wir ungestört reden und gemeinsam nach einem Ausweg aus meiner Pattsituation suchen, und weil wir im Freien wären, dürfte ich sogar rauchen. Ich habe zugestimmt, aus purer Neugier, aber als ich ankam, fing er plötzlich an, mit seiner Knarre rumzufuchteln. Er hat mir ins Bein geschossen, aber ich konnte mich wehren. Zufällig hatte ich nämlich meine Pistole vom Sportschießen dabei, das war mein Glück.»
Der Waffenschein war eins der Probleme, für die Laitio eine Lösung finden musste. Falls Trankows Waffe nicht registriert war, konnte man sie nicht zu ihm zurückverfolgen, aber bei einer legalen Waffe waren Erklärungen fällig. Möglicherweise konnte Laitio seine Kollegen davon überzeugen, dass er die Waffe gerade erst von Trankow gekauft hatte und noch nicht dazu gekommen war, den Waffenschein umschreiben zu lassen, doch ich befürchtete, dass Juri bei einer polizeilichen Vernehmung die Nerven verlieren würde. Vielleicht war es das Klügste, wenn er für eine Weile von der Bildfläche verschwand. Natürlich konnte Trankow auch behaupten, die Waffe sei ihm in Russland gestohlen worden. Dann musste sich Laitio eine neue Erklärung ausdenken.
«Du wirst also angeklagt?»
«Zweifellos. Kann sein, dass es ein Riesenspektakel gibt. Vorläufig bin ich vom Dienst suspendiert. Aber ich habe es noch geschafft, Eini anzurufen und sie im Archiv suchen zu lassen. Die Frau tut alles für mich. Hast du Zigarren mitgebracht?»
Ich nahm die Kiste, den Abschneider und die Streichhölzer aus der Handtasche. «Hier.»
«Gehen wir auf den Balkon im ersten Stock. Reichst du mir mal die Krücken?»
Laitios Oberschenkel war dick verbunden, doch die Verletzung am Bein war sicher nicht der Hauptgrund für seinen Krankenhausaufenthalt. Er humpelte langsam und fluchend neben mir her zum Aufzug. Auf dem Balkon war Rauchen verboten, aber Laitio steckte sich trotzdem eine Zigarre an.
«Ich bin jetzt offiziell ein Ganove. Dass ich gegen das Rauchverbot verstoße, fällt da nicht mehr ins Gewicht. Möchtest du auch eine?»
«Danke, diesmal nicht. Wir können zusammen eine paffen, wenn ich dich in der Urheilukatu besuche.»
Laitio rauchte mehrere Züge hintereinander. Es wunderte mich, dass er in seinem dünnen, im Wind flatternden Morgenmantel nicht fror. Plötzlich krümmte er sich unter einem heftigen Hustenanfall und spuckte einen ungut aussehenden, blutigen Schleimklumpen aus.
«Kann sein, dass mein Gesundheitszustand einen Prozess ausschließt. Außer dem Herzen ist auch die Lunge hinüber. Insofern wäre es egal gewesen, wenn Rytkönen mich erledigt hätte. Aber man darf nicht zulassen, dass so ein Scheißkerl über das Leben anderer entscheidet. Allerdings kann es vorkommen, dass irgendein anderes Schwein die Entscheidung übernimmt, das vielleicht doch nicht so böse ist, wie es auf den ersten Blick aussieht.» Laitio blinzelte mir zu. Natürlich meinte er Juri Trankow, dessen Namen er jedoch nicht nennen durfte.
«Man weiß nicht immer, wer in welcher Mannschaft spielt. Manchmal werden die Spieler auch gegen ihren Willen transferiert», sagte ich leise. Ich hätte zu gern mit David in derselben Mannschaft gespielt, aber er hatte mich nicht einmal als Eistanzpartnerin gewollt, geschweige denn als Verteidigerin beim Eishockey. Daraufhin hatte ich mich auf Pirouetten mit Trankow eingelassen, doch das Eis hatte uns nicht getragen.
Laitio spuckte erneut aus und räusperte sich. Dann sah er mir fest und traurig in die Augen.
«Ich muss dir etwas sagen, was Keijo Suurluoto betrifft, oder inzwischen ja Keijo Kurkimäki.»
«Was ist es?» Ich hielt mich am Geländer fest, denn mir war plötzlich schwindlig.
«Er ist nach wie vor hinter Gittern. Und das aus gutem Grund. Hat man dir je mitgeteilt, dass er vor einigen Jahren ausgebrochen ist?»
Ich erwiderte, dass ich es in diesem Herbst von Kari Suurluoto erfahren hatte, aber nicht recht wusste, wie ich die Information einordnen sollte.
«Ich vermute, dein Vater wollte dich suchen. Jedenfalls wurde er zwischen Kaavi und Tuusniemi aufgegriffen. Vorher hat er es aber noch geschafft, Böses anzurichten. Er hat ein Mädchen aus Tuusniemi
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