Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
Meldung zunächst als falsch. Bei Europol erhielt (der Name der Einheit war in der Kopie unleserlich gemacht) aufgrund eines Irrtums die Information mit Verspätung, nahm jedoch daraufhin in der Wohnung kriminaltechnische Untersuchungen vor. Dabei wurden Spuren von menschlichem Blut gefunden, das nicht Stahls Blutgruppe entspricht. Zudem war eine Kommode im Schlafzimmer aufgebrochen, was bei der ersten polizeilichen Untersuchung nicht bemerkt worden war, weil ein festes Tuch darüber lag. Von den Blutspuren abgesehen, wurden keine Hinweise darauf gefunden, dass in der Wohnung ein Gewaltverbrechen verübt worden war. Neben den Fingerabdrücken des Vermieters, Stahls und seiner finnischen Freundin Hilja Kanerva Ilveskero wurden mehrere nichtidentifizierte Abdrücke sichergestellt.
    Stahl alias Lanotte wurde seit April nicht mehr gesehen. Von seinen Konten wurde kein Geld abgehoben, und keine der auf seine beiden Namen ausgestellten Kreditkarten wurde benutzt. Es wird für möglich gehalten, dass Stahl ums Leben gekommen oder zur Gegenseite übergelaufen ist. Die Fahndung läuft weiter; wenn Stahl angetroffen wird, ist dies (der Name war in der Kopie verdeckt) mitzuteilen, der über die Verhängung eines Haftbefehls entscheidet.»
    Der Bericht war vom ersten Oktober datiert, also in der vorigen Woche abgefasst worden. David hatte es geschafft, seine Spuren ausgesprochen gründlich zu verwischen, wenn nicht einmal der effektive internationale Polizeiapparat ihn fand. Gefälschte Pässe, Kreditkarten und Führerscheine waren leicht zu beschaffen, aber woher bekam David Geld? Wer bezahlte ihn? War Carlo Dolfini Gezolians italienische Kontaktperson gewesen, hatte er deshalb zum Schweigen gebracht werden müssen? Ich dachte an den Abend zurück, an dem ich die Leiche gefunden hatte. Ich hatte die Wohnung gründlich durchsucht und war sicher, dass sich dort niemand versteckt gehalten hatte. Aber es war durchaus möglich, dass draußen in der Dunkelheit jemand gestanden und mich beobachtet hatte, jemand, der nach meiner Abfahrt sofort in die Wohnung gegangen war, um die Leiche fortzuschaffen. Der Gedanke, dass dieser Jemand womöglich David gewesen war, tat weh. Vielleicht hatte ich in seine Pläne gepasst. Er wusste, dass Europol über ihn wachte, und der Besuch seiner Freundin, der seine Beobachter in Sicherheit wiegte, bot ihm Gelegenheit, insgeheim Dolfinis Ermordung zu planen und durchzuführen. Vielleicht war David meiner längst überdrüssig gewesen, hatte aber erkannt, dass er meine Anwesenheit ausnutzen konnte.
    Es war schon nach drei Uhr, als ich schließlich kapitulierte und ein Schlafmittel nahm, um wenigstens ein paar Stunden die Augen schließen zu können. Meine letzten Gedanken drehten sich um die Frage, wie Laitio an die Unterlagen gekommen war und weshalb er sie mir gegeben hatte. Aus Mitleid? Es wunderte mich auch, dass die Zentralkripo mich nicht unter Druck gesetzt hatte, um zu erfahren, wo sich David aufhielt. Dort musste irgendwer besser darüber informiert sein als ich. Mit diesem irritierenden Gedanken schlief ich endlich ein.
    Am Wochenende war es sonnig, die Temperatur lag knapp unter dem Gefrierpunkt. Ich half in der Küche des Restaurants beim Gemüseschnitzeln und lauerte auf eine Gelegenheit, Laitio anzurufen. Sie kam erst gegen halb vier am Nachmittag, als die letzten Mittagsgäste gegangen waren und vor dem Abendgeschäft ein wenig freie Zeit blieb. Monika hatte sich allerdings dafür entschieden, das Restaurant zwölf Stunden am Tag geöffnet zu halten. Sie wollte den Arbeitstag des Personals nicht in zwei Blöcke zerstückeln, wie es in der Gastronomie häufig geschah. Wieder ein Auswuchs ihres Idealismus. Meine Arbeitszeit war im Vertrag mit acht Stunden pro Tag angegeben, aber ich arbeitete jeweils so lange wie nötig.
    Laitio meldete sich erst beim zweiten Versuch.
    «Ja?» Er schien nicht gerade erfreut über meinen Anruf.
    «Danke.»
    «Wofür?»
    «Für die Papiere.»
    «Red keinen Quatsch, Mädchen. Du hast mich völlig falsch verstanden. He, Rytkönen, warte mal! Wir sind noch nicht fertig!»
    Laitio legte sein Handy offenbar fort, unterbrach die Verbindung aber nicht. Die Stimmen waren zwar nur gedämpft zu hören, doch ich bekam jedes Wort mit.
    «Ich kann eine derartige Ausnahmeregelung nicht länger dulden. Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Im Innenministerium wundert man sich auch schon darüber.» Obwohl Rytkönen wieder ohne Dialektfärbung sprach, war seine Stimme

Weitere Kostenlose Bücher