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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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Seelenpein.
    Ein paar Meter vor den Türen blieb Khalil stehen, ließ den
Koffergriff los und tat so, als suchte er in seinen Taschen nach seinen Papieren und der Brieftasche, wie es viele Passagiere taten, bevor sie den Sicherheitsbereich verließen. Jeder, der ihn beobachtete, konnte deutlich sehen, dass er nicht übermäßig bestrebt war, aus diesem Bereich herauszukommen. Und er konnte sehen, ob sich jemand allzu sehr für ihn interessierte. Er wusste, dass die Amerikaner, vor allem aber das FBI, nur selten jemanden vorbeugend oder voreilig festnahmen; sie folgten einem. Hefteten sich einem an die Fersen. Und dann sahen sie, mit wem man sich traf, wohin man ging und was man machte. Und eine Woche oder einen Monat später nahmen sie einen fest und dankten einem für die Hilfe.
    Asad Khalil ging durch die Sicherheitsschleuse ins überfüllte Terminal. Eine kleine Gruppe von Menschen wartete in der Nähe der Türen auf ankommende Freunde und Verwandte. Eine weitere Gruppe, Mietwagenfahrer, stand in einer Reihe da und hielt Schilder mit den Namen der erwarteten Fahrgäste hoch. Khalil ging an ihnen vorbei und folgte den Schildern, die ihm den Weg zum Taxistand wiesen. Er verließ Terminal Zwei und stand in der kurzen Schlange an, während Taxen vorfuhren und Fahrgäste aufnahmen. Innerhalb weniger Minuten saß er mit seinem Koffer in einem Taxi und sagte zum Fahrer: »Zum Beverly Hills Hotel.«
    Als das Taxi in Richtung Flughafenausfahrt rollte, stellte Khalil geistesabwesend fest, dass es ein sehr schöner Tag war. Er war schon einmal in Los Angeles gewesen, auch in der Gegend nördlich der Stadt, und anscheinend war es jeden Tag schön. Warum sollte sonst jemand hier leben?
    »Zum ersten Mal in LA?«, fragte ihn der Fahrer.
    »Nein.«
    »Gefällt es Ihnen hier?«
    »Ich komme immer wieder.«
    »Geschäftlich oder zum Vergnügen?«

    »Beides«, erwiderte Khalil, denn Mr Chip Wiggins zu töten wäre sowohl ein Geschäft als auch ein Vergnügen.
    »Ich hoffe, Sie amüsieren sich und verdienen viel Geld.«
    »Danke.«
    Khalil holte seinen Stadtführer aus der Reisetasche und tat so, als lese er ihn, worauf der Taxifahrer in Schweigen verfiel.
    Khalil zog einen Taschenspiegel aus seiner Tasche und legte ihn in das Buch, das er sich vor das Gesicht hielt. Er suchte den Verkehr hinter sich ab, sah aber keine verdächtigen Fahrzeuge, die ihnen folgten, als sie auf die Stadtautobahn stießen und in Richtung Norden, nach Beverly Hills fuhren.
    Keine halbe Stunde später bogen sie auf die lange, von Palmen gesäumte Zufahrt ein, die zu dem rosa verputzten Hotel auf dem Hügel führte.
    Die Vegetation war ausgesprochen üppig, und an diesem schönen Tag im Mai blühten Tausende von Blumen. So, stellte Khalil sich vor, musste der Garten Eden ausgesehen haben. Nur dass es hier viele Schlangen gab und nackte Haut keine Schande war.
    Khalil bezahlte den Fahrer, ließ einen Pagen seinen Koffer nehmen, aber nicht die Reisetasche, betrat die Hotellobby und checkte unter seinem angenommenen Namen ein. Die Rezeptionistin, eine junge Frau, versicherte ihm, dass alle Kosten einschließlich der Nebenkosten von seiner Firma in Kairo im Voraus bezahlt worden seien und keine Kreditkarte nötig sei. Er teilte der Rezeptionistin mit, dass er an diesem Abend möglicherweise nicht ins Hotel zurückkehren werde und weder den abendlichen Verwöhnservice noch einen Weckanruf oder eine Zeitung am Morgen brauche. Er wolle lediglich seine Ruhe haben.
    Er wurde auf sein Zimmer im Hauptgebäude gebracht, eine im ersten Stock gelegene geräumige und sonnige Suite mit Blick auf den Pool.

    Asad Khalil stand auf dem kleinen Balkon, blickte auf den Swimmingpool, wo Männer und Frauen umherstolzierten und herumlagen, und wunderte sich über die Männer, die zuließen, dass ihre Frauen halbnackt von anderen Männern gesehen wurden. Er wunderte sich nicht über die Frauen, die keinerlei Schamgefühl hatten; Frauen waren schamlos, wenn man es duldete.
    Er stellte fest, dass ihn der Anblick dieser Frauen erregt hatte, und als es an der Tür klingelte, musste er seine Jacke ausziehen und vor sich halten, ehe er öffnete. Ja, das war die andere Sache, die er nur mühsam beherrschen konnte.
    Der Page trat mit seinem Koffer ein, fragte, ob er mit seiner Unterkunft zufrieden sei und noch irgendetwas brauche.
    Khalil versicherte ihm, dass alles zufriedenstellend sei, und als der Page gegangen war, hängte er ein BITTE-NICHT-STÖREN-Schild an die Tür. Nachdem er

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