Der Löwe
sämtliche Adern sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennen wollen. Aber Kate hatte sich gewehrt und es verhindert. Ich konnte nur hoffen, dass sie ihm außerdem das Knie in die Eier gerammt hatte.
»Wie sieht die Prognose aus?«, fragte ich.
Er schwieg einen Moment lang, dann erwiderte er: »Vorsichtig optimistisch.«
»Warum?«
»Nun … sie hat sechs Einheiten Blut verloren, und wir – und auch Sie, soweit ich weiß –, mussten die Blutung zum Stillstand bringen … was sich auf das Gehirn auswirken kann …«
Ich wusste, was kam, und wartete auf das Urteil.
Dr. Goldberg fuhr fort: »Sechs Einheiten sind ein erheblicher Blutverlust. Außerdem war ihre Luftröhre geschwollen, was zu einer Sauerstoffunterversorgung geführt haben könnte, bevor die Sanitäter einen Beatmungsschlauch in ihren Schlund einführen konnten.« Er schwieg einen Moment, dann sagte er: »Wir
wissen noch nicht, ob es zu neurologischen Schädigungen kommen wird.«
»Wann werden wir es wissen?«
»Kurz nachdem sie aus der Anästhesie aufwacht.« Und er fügte hinzu: »Vielleicht in ein, zwei Stunden.«
Ich erwiderte nichts.
Er zögerte, dann warf er einen Blick auf meinen blutbefleckten Overall und sagte: »Soweit ich weiß, hatte sich während ihres Fallschirmsprungs ein anderer Springer an sie gehängt und ihr die Verletzung zugefügt.«
»Das stimmt.«
»Ich nehme an, es war kein Unfall.«
»Sie haben vielleicht die Staatspolizisten vor dem Operationssaal bemerkt«, erwiderte ich.
Er nickte, dann fragte er mich: »Noch irgendwelche Fragen?«
»Nein.«
Dr. Goldberg stand auf, und ich erhob mich ebenfalls. »Wir werden sie so bald wie möglich gründlich untersuchen, auch neurologisch. Unterdessen können Sie sich im Schwesternzimmer der Intensivstation melden. Ich nehme an, Sie wollen hierbleiben, bis sie wieder zu sich kommt.«
»So ist es.«
Wir schüttelten uns die Hand, und ich sagte: »Danke.«
Er klopfte mir auf die Schulter und schlug vor: »Ein paar Gebete wären hilfreich. Gehen Sie in die Cafeteria und gönnen Sie sich eine kleine Pause. Es wird eine Weile dauern, bevor ich weitere Nachrichten für Sie habe.« Und er versicherte mir: »Sie ist in guten Händen.«
Dr. Goldberg verließ den Warteraum, und ich wartete ein paar Minuten, bis er weg war, dann ging ich auf den Flur und folgte den Hinweisschildern zur Intensivstation.
Im Schwesternzimmer stellte ich mich als John Corey vor, Ehemann von Kate Mayfield, die gerade aus dem OP gekommen
war. Ich zeigte meinen Dienstausweis und sagte, ich sei Bundespolizist. Die Schwestern schienen Mitgefühl mit Ersterem zu haben, während ihnen Letzteres gleichgültig war.
In so einer Situation gilt Murphys Gesetz, und ich konnte mir nicht sicher sein, ob das Personal auf der Intensivstation die gleichen Informationen bekommen hatte wie das OP-Personal, deshalb sagte ich: »Meine Frau ist Opfer eines Mordversuchs, und der Täter ist noch auf freiem Fuß und versucht möglicherweise, an sie ranzukommen.«
Jetzt schenkten sie mir ihre Aufmerksamkeit. Ich fragte, ob man sie darauf aufmerksam gemacht habe, und fragte, ob Staatspolizisten auf der Station seien. Man hatte ihnen nichts gesagt, und auf der Station waren auch keine Staatspolizisten.
»Sie dürfen niemand den Aufenthaltsort der Patientin verraten oder Auskunft über ihren Zustand geben, von befugten Medizinern oder Polizisten einmal abgesehen«, erklärte ich ihnen. »Haben Sie verstanden?«
Eine Schwester, die sich als Betty vorstellte, sagte zu mir: »Ich habe verstanden, und wir werden den Sicherheitsdienst verständigen.«
»Danke. Rufen Sie außerdem bei den OP-Schwestern an und teilen Sie ihnen mit, dass sie die Staatspolizei herschicken sollen.«
Eine der Schwestern griff zum Telefon und machte die Anrufe.
»Wenn jemand Detective Corey sucht, teilen Sie ihm mit, dass ich am Bett meiner Frau bin«, sagte ich zu Betty und den vier anderen Schwestern.
Betty zog ein Klemmbrett zu Rate – vermutlich Kates Krankenblatt – und sagte zu mir: »Ich habe noch keine Anweisungen, was Besucher angeht.«
»Jetzt haben Sie sie.«
Betty machte sich auf dem Blatt eine Notiz und geleitete mich zur Intensivstation.
Als wir den Flur entlanggingen, erklärte sie mir: »So etwas sind wir hier nicht gewöhnt.«
»Und ich kann nur hoffen, dass Sie sich auch nicht daran gewöhnen müssen.«
Sie drückte eine Doppeltür auf, und ich folgte ihr.
Betty, die immer noch das Krankenblatt in der Hand hatte, führte
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