Der Löwe
gehüllt.
»Das einzig Ungewöhnliche, das den Piloten auffiel«, fuhr Walsh fort, »war, dass ihr Passagier seine Reisetasche nicht mehr bei sich hatte, die, wie wir vermuten, seine Fallschirmspringerausrüstung enthielt. Außerdem änderte er den Flugplan von Buffalo zum MacArthur Airport, dann änderte er ihn mitten im Flug ein weiteres Mal zum Republic. Er weiß, wie man die Behörden abschüttelt.«
Es ist eine feststehende Tatsache, dass Serienmörder nach etwa dem dritten Mord selbstbewusster werden. Außerdem werden sie besser. Aber dann wird die Lernkurve wieder flacher, und das Selbstbewusstsein schlägt in Nachlässigkeit um. Ich war mir nicht sicher, wo sich Asad Khalil auf dieser Kurve befand oder ob er überhaupt ins Profil eines gewöhnlichen Serienmörders passte. Deshalb sollten wir nicht darauf warten, dass er einen Leichtsinnsfehler machte, wir mussten uns in seinen Kopf versetzen, so wie wir es beim letzten Mal gemacht hatten, und auf ihn warten. Kein Problem. Stimmt’s?
Bislang hatte der Mistkerl nur einen richtigen Fehler begangen: mich nicht umzubringen, als er die Gelegenheit dazu hatte.
Tom Walsh schaute mich, George Foster und Vince Paresi an und sagte: »Opfer Nummer sieben. Ein in Libyen geborener Mann namens Farid Mansur.« Tom Walsh war ein bescheidener
Mann, aber manchmal muss man sich einfach selbst beweihräuchern, deshalb erklärte er uns: »Ich ging davon aus, dass Khalil eine Kontaktperson in Kalifornien hatte, und da ich mich erinnern konnte, dass er seine Kontaktmänner für gewöhnlich liquidiert, bat ich unsere Außenstelle in LA darum, bei allen Polizeidienststellen in Südkalifornien nachzufragen und festzustellen, ob sich in jüngster Zeit ein Mord oder ein verdächtiger tödlicher Unfall ereignet hatte, dem jemand mit nahöstlicher Herkunft zum Opfer gefallen war.«
Walsh warf einen Blick in die Runde, um sich zu überzeugen, dass wir sein Genie zu würdigen wussten, worauf wir ob des Scharfsinns vom Boss alle pflichtschuldigst nickten. »Die Polizei des Bezirks Ventura meldete, dass unter dem Bett eines Best Western Hotels in der Nähe des Santa Barbara Airport eine Leiche ohne Ausweise gefunden worden sei. Außerdem lag Männerkleidung unter dem Bett, die mit Blut besudelt war, das wir zurzeit mit Chip Wiggins’ Blut vergleichen.« Und er fügte hinzu: »Das Zimmer war auf einen gewissen Farid Mansur registriert, und die Polizei brachte das mit einer Vermisstenmeldung einer Amerikanerin libyscher Herkunft in Verbindung, einer Mrs Hala Mansur, deren Ehemann seit Freitag vermisst wurde, und sie identifizierte die Leiche. Eine Hintergrundüberprüfung von Mr Farid Mansur ergab, dass er mit anderen Einwanderern aus dem Nahen Osten verkehrte, die uns zuvor schon aufgefallen waren.« Er schloss: »Farid Mansur wurde vermutlich mit einer Klaviersaitengarotte erdrosselt.«
Vielleicht hatte Khalil seinen Eispfriem gerade nicht greifbar.
»Wir haben keine Ahnung, was Farid Mansur Asad Khalil übergeben hat«, sagte Walsh, aber wir dürfen annehmen, dass es sich um die üblichen falschen Ausweise, Geld, Waffen und vielleicht die Fallschirmspringerausrüstung gehandelt hat, dazu ein paar Informationen über Wiggins.«
»Vergessen Sie die Säge nicht«, erinnerte ich ihn.
Walsh warf mir einen seiner typischen Blicke zu, dann versicherte er uns: »Die Außenstelle LA befragt Mansurs Freunde und überprüft seine Einkäufe, seine Anrufe und so weiter.« Er schloss: »Wenn wir dort einen Durchbruch erzielen, sage ich Ihnen Bescheid. Irgendwelche Fragen? Oder Anmerkungen?«
»Was soll ich im Zusammenhang mit den hiesigen Libyern unternehmen?«, fragte Paresi.
»Lassen Sie sie weiter überwachen«, erwiderte Walsh. »Keine Vernehmungen auf der Straße und keine Aufforderungen, mit uns zu reden.«
»Captain Paresi hat mir von Ihrer Idee erzählt, eine SMS an Kates Handy zu senden, in der steht, dass wir ein paar Informanten unter den hiesigen Libyern haben«, sagte ich zu Walsh.
Walsh mied jeden Blickkontakt und sagte zu Paresi: »Die übliche Desinformation.« Und er fügte hinzu: »Ich glaube, eigentlich war das Johns Idee.«
»Nein, nein«, sagte ich. »Sie sind darauf gekommen.«
Tom Walsh wandte sich anderen Themen zu, worauf wir unseren Gedanken freien Lauf ließen. Dann schaute Walsh uns an und sagte: »Wir müssen annehmen, dass Khalil erneut zuschlagen wird. Wir wissen nicht wo, wann, wie oder gegen wen – aber aufgrund von Khalils Angriff auf Kate, dem Mord an
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