Der Löwe
mit einem Teleobjektiv vom Boden aus gemacht worden, und ich sah deutlich ein paar bunte Fallschirme am blauen Himmel, dann schaltete Walsh auf Zeitlupe, und ich sah Kate im freien Fall, während Khalil an ihr hing. Danach sah ich mich im Freifall auf Kate und Khalil zustürzen, dann öffnete sich Kates Schirm und anschließend meiner.
Im Büro wurde es mucksmäuschenstill, aber man hörte die Leute am Boden miteinander reden, und ein Stück entfernt sagte ein Mann: »Schaut!«
Walsh hielt das Bild an und sagte zu mir: »Sie müssen sich das nicht ansehen.«
Ich ging nicht darauf ein, und er ließ die Aufnahme in Zeitlupe weiterlaufen. Als sich die entscheidende Szene anbahnte, bat mich Walsh um einen Kommentar, aber ich sagte: »Ich schreibe alles in meinen Bericht.«
Ich sah, wie ich die Knarre zog und zwei Schüsse auf Khalil
abgab, aber das Geschehen war so weit weg, dass niemand außer mir erkennen konnte, was ich gemacht hatte.
Unterdessen wurden die Stimmen am Boden lauter, und sie klangen aufgeregter, als den Leuten klarwurde, dass irgendetwas nicht stimmte.
Trotz Zeitlupe und Teleobjektiv war für die Leute am Boden oder in diesem Raum nur schwer zu erkennen oder zu verstehen, was da hoch oben vor sich ging. Aber ich wusste genau, wann Khalil Kate die Kehle durchgeschnitten hatte, und machte alle darauf aufmerksam.
Dann konnte man sehen, wie Khalil in den freien Fall überging, und ich sah, wie sich sein Fallschirm öffnete und er den Wald ansteuerte.
Khalil verschwand aus dem Bild, und als ich wieder zu der Stelle blickte, auf die die Kamera gerichtet war, hielt ich auf Kate zu. Dann kollidierten unsere Schirme und sanken in sich zusammen, worauf am Boden allerhand laute Rufe ertönten und irgendjemand schrie.
Anschließend sah man, wie Kates zusammengesunkener Schirm davonflog, nachdem ich ihn gelöst hatte, danach segelte auch mein Schirm davon. Und dann waren wir wieder im freien Fall.
Für einen ahnungslosen Zuschauer hätte es so wirken können, als ob Kate und ich in den Tod stürzten, aber den Fallschirmspringern am Boden war klar, dass ein zusammengesunkener Hauptfallschirm gefährlicher war als gar kein Schirm.
»Was zum Teufel ist da los?«, fragte mich Paresi.
»Ich musste unsere Hauptschirme loswerden, damit wir schneller zu Boden kommen und sie nicht verblutet«, erwiderte ich und versicherte ihm: »Unsere Reserveschirme öffnen sich gleich.« Deswegen bin ich noch da.
»Herrgott … «, murmelte Paresi.
Kate und ich schienen eine ganze Zeitlang frei zu fallen, ehe
sich Kates Reserveschirm füllte, gefolgt von meinem. Selbst in Zeitlupe konnte ich jetzt sehen, wie schnell wir mit den kleinen Schirmen fielen, und ich wappnete mich unwillkürlich für den Aufprall. Ich möchte das nicht noch mal machen.
Ich sah Kate zuerst auf den Boden treffen, dann musste der Kameramann aufgehört haben zu filmen, denn in der nächsten Einstellung sah ich den Krankenwagen, der dorthin raste, wo wir gelandet waren; dann kam wieder eine andere Einstellung, in der ich in der Ferne neben Kate kniete. Anschließend sah ich nur noch die Rücken von Leuten in Overalls, die zu der Stelle liefen, wo der Krankenwagen gehalten hatte, und ich konnte viel aufgeregtes Geschrei hören.
Der Kameramann lief jetzt rasch durch das Getümmel und filmte dabei. Kurz sah ich mich und die drei Sanitäter rund um Kate scharen. Der Kameramann wollte anscheinend noch näher zu der Stelle kommen, an der wir um Kates Leben rangen, aber ich weiß nicht, ob er es schaffte, weil Walsh den Fernseher ausschaltete.
Wir saßen alle ein paar Sekunden lang da, bevor Walsh sagte: »Das haben Sie gut gemacht.«
Ich erwiderte nichts.
»Ich kann kaum fassen, dass dieses Arschloch zu so was fähig ist«, sagte Paresi wie zu sich selbst.
»Machen wir eine Viertelstunde Pause«, schlug Walsh vor.
Ich stand auf, verließ den Raum und steuerte die Aufzüge an. Während ich allein hinunterfuhr, schloss ich die Augen und fiel wieder durch den leeren Raum – fiel mit dreihundertzwanzig Stundenkilometern, während das Blut meiner Frau in den Luftstrom spritzte und mein Herz in der Brust hämmerte.
Du Mistkerl. Du arroganter Mistkerl.
Bei mir kriegst du nur eine Chance, du Arschloch. Du hattest sie und hast sie verpatzt. Rache ist süß.
28
I ch saß an meinem Schreibtisch und starrte auf die zahlreichen, von niedrigen Wänden umgebenen Kabuffs. Noch war Mittagspause, und dementsprechend ruhig und friedlich war es im FBIlerland –
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