Der Löwe
Gabe und seiner Drohung gegenüber John müssen wir uns eingestehen, dass er die Task Force ins Visier genommen hat.«
George Fosters Gesichtsfarbe schlug von Weiß in Grau um, und selbst Paresi, der normalerweise kühl und machohaft ist, wirkte ein bisschen beunruhigt. Ich meine, angesichts von sieben Toten und dem Anschlag auf Kate war das nicht so ganz abwegig.
Walsh schaute mich an und sagte: »Sie hat er definitiv ins Visier genommen. Deshalb sollten Sie sich vielleicht bedeckt halten. Zum Beispiel während Kates Genesung zu Hause bleiben.«
Das hatte ich kommen sehen. »Das habe ich nicht vor«, erwiderte
ich und teilte ihm mit: »Schauen Sie, Tom, ich bin bereit, als Köder zu fungieren – wenn uns ein guter Plan einfällt.«
»Das können wir später besprechen«, sagte Walsh zu mir und fügte hinzu: »Ich weiß dieses Angebot zu schätzen.«
Tom wechselte das Thema. »Wir haben einen weiteren Mord, der möglicherweise etwas mit Khalil zu tun hat.« Er schaute mich an und sagte: »Captain Paresi hat Ihnen von dem libyschen Taxifahrer berichtet.«
»Richtig.«
»Wie haben Sie das vorhergesehen?«, fragte mich Walsh.
»Wie Sie wissen, ist das Khalils Vorgehensweise«, erwiderte ich und fügte hinzu: »Als er zum letzten Mal hier war, hat er sich von einem libyschen Taxifahrer vom JFK zu einem Ziel in New Jersey bringen lassen, wo er ihn auf fast die gleiche Art und Weise ermordet hat wie« – jetzt schlug meine Stunde – »Amir an der Murray Street.«
»Ich habe weder den Namen des ermordeten Taxifahrers erwähnt, noch wie er ermordet wurde«, sagte Paresi.
»Nein, das haben Sie nicht«, pflichtete ich ihm bei.
»Woher wissen Sie es dann?«, erkundigte er sich natürlich.
Ich wollte ihm nicht verraten, dass ich die Gelegenheit zu einem Plausch mit einem Streifenpolizisten hatte; ich wollte an dem Fall dranbleiben, deshalb musste ich weiter den Eindruck erwecken, dass ich gut informiert war und beste Beziehungen hatte. »Ich habe meine Quellen«, erwiderte ich.
Das kam bei meinen beiden Bossen nicht gut an. »Wir sprechen später darüber«, sagte Paresi.
Walsh ließ es mir durchgehen und fuhr fort: »Die Mordwaffe wurde nicht sichergestellt, aber der Rechtsmediziner sagt, dass er eine Stichwunde am Schädel des Toten entdeckt hat und man bei der Autopsie vermutlich einen tiefen Einstich ins Gehirn feststellen wird, wie er bei dieser Art von Verletzung durch einen Eispfriem oder ein ähnliches Instrument verursacht wird.«
Und er fügte hinzu: »Der Tod trat nicht auf der Stelle ein. Das Opfer stieg vielmehr aus seinem Taxi und starb auf der Straße.«
Das klang nicht nach dem Asad Khalil, den ich kannte. Ich meine, man will doch nicht, dass sein Opfer wie ein Zombie mitten auf der Straße herumläuft, während man sich abzusetzen versucht.
Mein Gehirn, das einigermaßen funktioniert, förderte eine Belanglosigkeit zutage – Leo Trotzki, ein alter Bolschewik, der bei seinen kommunistischen Genossen in Ungnade gefallen war, wurde in Mexico City von einem Typ ermordet, der für die Vorläufer des KGB arbeitete. Die Waffe, die er benutzte, war ein Eispfriem – und Trotzki hatte noch einen Tag lang gelebt. Wenn ich hier also Boris’ Handschrift erkannte, könnte man meinen, Boris habe Khalil erklärt: »Wir lieben diesen Eispfriem, Asad, aber du musst ihnen zwei, drei Stiche verpassen.«
Ich machte mir in Gedanken eine Notiz, dass ich darüber mit Boris sprechen sollte, wenn ich die Gelegenheit dazu bekam. Oder vielleicht mit Khalil.
Walsh fuhr mit seinem Tatortbericht fort. »Die Polizei fand weder an der Leiche des Fahrers noch im Taxi ein Handy. Danach haben wir versucht, die Handyaufzeichnungen des Ermordeten und die Unterlagen zu seinem Privattelefon sicherzustellen, aber wir fanden heraus, dass er kein Privattelefon hatte, und wenn er ein Handy hatte – was zweifellos der Fall war –, war es entweder nicht unter seinem Namen angemeldet oder es handelt sich um ein Kartenhandy, zu dem es keine Aufzeichnungen gibt. Tote Hose«, schloss er.
Eine schlechte Wortwahl vielleicht, aber ansonsten nicht weiter verwunderlich. Wie ich festgestellt habe, stammt ein Großteil der Einwanderer aus solchen Ländern des Nahen Osten, wo man tunlichst keine Aufzeichnungen über sein Dasein hinterlässt – und diese Einstellung wurde nach Amerika mitgenommen, was meinen Job ein bisschen schwerer machte.
»Wir nehmen natürlich an, dass es Khalil war, der diesen Taxifahrer ermordet hat«, fuhr
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