Der Lord und die Betrügerin
denen sie einander in den Armen lagen, ihre Pläne, sich ihren Eltern zu widersetzen und gegen die Tradition zu rebellieren... alles eine Lüge. Wegen Wynnifrydd. Dürre, bleiche, jämmerliche Wynnifrydd, die nicht jagen konnte, nicht reiten konnte, nicht einmal lächeln konnte. Sie war gerade erst siebzehn und schien doch schon eine verschrumpelte Pflaume zu sein. Zu denken, dass Brock mit ihr geschlafen hatte... Elyn erschauderte, und die Rache brannte hell in ihrem Herzen.
Brock würde die Nacht bedauern, in der er Wynnifrydd verführt hatte. Sie würden beide leiden. Elyn schwor, Wynnifrydd das Leben zur Hölle zu machen.
Sie griff nach den Zügeln und lenkte das Pferd die Hälfte des steilen Ufers zum Fluss hinunter. Dort, auf einem schmalen Absatz, zwischen zwei Steinen, kratzte sie eine Rune in den Sand, eine grobe Zeichnung, die sie einmal gesehen hatte, als sie Hildy beobachtet hatte. Es war die Rune der Trennung, ein Bild ähnlich dem eines Stockes, ein X mit gegenüberliegenden geraden Linien.
In Gedanken beschwor sie das Bild von Brock herauf, der Wynnifrydd in den Armen hielt, sie küsste, sie entkleidete... nein! Nicht nach all dem, was Elyn durchgemacht hatte, was sie für ihre einzige, wahre Liebe geopfert hatte. »Möget ihr beide verdammt in der Hölle schmoren«, murmelte sie inbrünstig. Schließlich wandte sie der Rune den Rücken zu und wollte sich gerade in den Sattel schwingen, als sie hörte, wie ein Pferd sich näherte. Aus der Richtung, in der Brock verschwunden war. Verdammt!
Ihre Stute schnaubte und hob die Ohren.
»Psst.« Elyn berührte die samtige Nase des Tieres, aber die ängstliche Stute tänzelte und wich ihr aus.
Pferd und Reiter näherten sich schnell.
Elyn würde sich noch einmal unter der Brücke verstecken müssen. Sie zog an den Zügeln in derselben Sekunde, in der eine Eule rief und mit weiten Schwingen über sie flog.
Die Stute scheute.
»Hooo...« Es war zu spät, das verängstigte Tier stieg hoch.
Elyns Arm wurde nach oben gerissen. Heftig. Ein Huf traf mit einem Krachen ihr Kinn. »Au!« Schmerz durchzuckte sie. Die Zügel entglitten ihren Händen. Ihre Stiefel rutschten auf dem schlammigen Boden. Elyn fiel rückwärts, sie purzelte das steile restliche Ufer hinunter, auf das tintenschwarze Wasser zu. Verzweifelt versuchte sie, sich festzuhalten.
»Elyn!« Brocks Stimme hallte durch die Nacht.
Die Stute wieherte schrill.
Sie fühlte eine Wurzel. Hielt sich fest.
»Elyn!«
Oh, Brock, du elender Schuft. Ihr Hals war wie zugeschnürt, ihr Arm schien mit Messerstichen attackiert zu werden, während sie versuchte, mit den Füßen Halt zu finden. Doch ihre Stiefel rutschten in dem glitschigen Lehm. Sie wollte sich hochziehen - aber die Wurzel gab nach. Elyn fiel rückwärts und rollte über die harten Steine, unfähig, sich irgendwo festzuhalten. Sie polterte über die Steine und den Boden, suchte nach irgendeinem Halt, doch vergebens. Mit zunehmender Geschwindigkeit schlitterte sie auf das dunkle Wasser zu und fiel mit einem hässlichen Platschen hinein.
Sie versank in den eisigen Fluten. Die Strömung zerrte an ihrer Kleidung und zog sie unerbittlich mit sich. Sie schrie und keuchte, kämpfte und schlug mit den Armen. Sie starrte zurück zur Brücke und entdeckte darauf mit letztem Blick den einsamen Reiter, der die Zügel seines Pferdes fest umklammert hielt. Das Mondlicht lag auf seinem Gesicht, und sie erkannte Brock, den Verräter, der sie verführt und fallen gelassen hatte.
Ich habe dich geliebt. Du elender Bastard, ich habe dich geliebt!
Und dann ging sie unter im gurgelnden Wasser.
Hewlett-Packard
14. Kapitel
Wo zum Teufel war Brock? Wynnifrydd versuchte, die Unterhaltung mit Brocks Vater aufrechtzuerhalten, aber Nevyll von Oak Crest war schon nahezu halb tot. Der Lord hätte vor langer Zeit schon zurücktreten und seinem Sohn die Führung übergeben sollen. Sie ging mit dem alten Mann durch das heruntergekommene Schloss mit den zerbröckelnden Mauern, dem überwucherten Garten und den Mitleid erregend wirkenden Arbeitern. Oh, sie waren ein elender Haufen, und wenn sie erst einmal Lady von Oak Crest war, hatte sie die Absicht, die Dinge grundlegend zu ändern.
Als Erstes plante sie, neue Diener zu finden, die wussten, wie man sich benahm, die den gehörigen Respekt zeigten, die sich verbeugten und sich beeilten, all die Aufgaben zu erledigen, die sie ihnen befahl, anstatt sich mit diesen faulen Geschöpfen zu umgeben, die sie kaum beachteten.
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