Der Lord und die Betrügerin
glauben. Dies musste ein verrückter, grausiger Scherz sein.
»Es tut mir Leid, Elyn.« In seiner Stimme lag Bedauern.
»Es tut dir Leid? Ist das alles, was du zu sagen hast?« Ihr Pferd tänzelte nervös. Wütend riss Elyn an den Zügeln. »Nein! Du lügst! Oder... oder sie lügt.«
»Elyn...« Seine Stimme war nun voller Bedauern, doch der eisige Wind schien Elyn genau ins Herz zu wehen.
»Das kann nicht sein! Es kann nicht sein!« Ein Dutzend Messer schienen durch ihre Seele zu fahren. Wie Donner dröhnte es in ihrem Kopf. »Du und ich. So hatten wir es geplant. So sollte es sein.«
»Es tut mir wirklich Leid«, sagte er noch einmal, und er klang ganz elend, aber das kümmerte sie nicht. Dieser erbärmliche, scheußliche Schuft! Sein Betrug brannte wie Feuer in ihrem Inneren. Genau wie damals!
Elyns Eifersucht drohte sie jetzt zu überwältigen. »Das reicht mir nicht«, zischte sie. »Was hast du dir dabei gedacht? Warum... warum warst du mit ihr zusammen?«
»Es... es war ein Fehler. Es ist einfach so passiert.«
»Einfach so passiert? Deine Hose hat sich also ganz zufällig geöffnet - ist es das, was du mir zu erklären versuchst? Und eine Tunika fällt so ganz zufällig auf den Boden? Du schläfst ganz zufällig mit einer anderen Frau?«
Sein Schweigen verurteilte ihn.
»Und du bist... du bist ganz sicher, dass sie schwanger ist? Dass es kein hinterhältiger Plan von ihr ist?«, hakte Elyn nach, und ihre Stimme klang sogar in ihren eigenen Ohren bitter. Aber ihr Herz zerbrach in Millionen von kleinen Stücken, zerbarst auf den geheimnisvollen Steinen der Schwäche und des Betruges. Oh, Himmel, dieser Schmerz. Brock... wie hatte er so etwas tun können? Wie konnte er ihr das antun, der Frau, der er geschworen hatte, sie zu lieben?
»Das Baby wird im Sommer geboren werden.«
»Aber...«
»Es war ein Fehler«, wiederholte er, und sie sah, wie er schluckte.
»Du hättest es mir vorher sagen müssen«, meinte sie, und ihre Worte klangen leer. Hohl. Sie klangen, als hätte jemand anderes sie ausgesprochen. Der Drang, sich zu übergeben, war überwältigend. Galle stieg ihr in den Mund.
»Ich habe es erst in der vergangenen Woche erfahren«, erklärte er, aber sie hörte seine Worte kaum, so sehr dröhnte es in ihrem Kopf. Sie hatte das Gefühl, in einer dunklen Höhle zu sein, aus der es kein Entrinnen gab. Sie konnte nicht atmen. Ihr Magen hob sich. Mit aller Macht unterdrückte sie das Bedürfnis, sich zu übergeben. Sie musste weg. Sofort. Sie konnte jetzt nicht bei ihm sein, durfte ihm ihre Tränen nicht zeigen. Sie konnte es nicht ertragen, noch mehr zu hören.
Sie gab ihrer Stute die Zügel frei und grub ihr die Fersen in die Seiten. Mit fester Hand zwang sie das Tier, sich umzudrehen. Das nervöse Pferd reagierte sofort und brach in einen wilden Galopp aus.
Wohin sollte sie reiten? Was sollte sie tun? Die Stute streckte sich, galoppierte so rasch, als ob sie verfolgt würde. Die dunklen Bäume huschten wie Schatten an ihr vorüber.
»Elyn!«, brüllte Brock, doch sie hielt nicht an. Der Wind brannte auf ihrem Gesicht und trieb ihr die Tränen in die Augen. Ihre Kapuze fiel ihr vom Kopf, ihr Haar wehte im Wind, während die kleine Stute noch schneller wurde und Lehm von den mit Eisen beschlagenen Hufen spritzte.
Elyns Herz war bleischwer, ihre Seele zerbrochen. Sie hatte alles für ihn aufgegeben. Alles. Ihr Leben. Ihr Zuhause. Ihr Herz. Ihre Jungfräulichkeit. Und er hatte ihr Vertrauen gedankenlos missbraucht. Mit Wynnifrydd.
Der Weg gabelte sich, und sie lenkte ihre Stute nach links, weg von Lawenydd. Sie konnte nicht zurückkehren und ihrem Vater und ihrer Schwester gegenübertreten... Die arme Kiera hatte sicher diesen Halunken aus Penbrooke geheiratet.
Nein, du hast ihn geheiratet. Er ist dein Ehemann. Kiera hat die Worte nur an deiner Stelle gesagt. Du bist nach dem Gesetz die Lady von Penbrooke... Erst zwei Tage waren vergangen, seit sie Lawenydd verlassen und es Kiera überlassen hatte, Penbrooke zu heiraten und mit ihm fertig zu werden... Konnte sie zurückkehren? Konnte ihr elender Plan wirklich klappen?
Aber das war jetzt nicht mehr so wichtig. Nicht nach Brocks Betrug. Wie hatte er nur mit Wynnifrydd schlafen können? Nach all den unzähligen Malen, in denen sie sich gemeinsam auf Kosten dieser dürren Frau lustig gemacht hatten.
Vielleicht haben Brock und Wynnifrydd ja genauso über dich gelacht. Wieso glaubst du, dass du für ihn etwas Besonderes bist? Konnten sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher