Der Lord und die Betrügerin
des Schlosses, als er sollte. Nun, auch das würde sie ändern. Er nahm ihre Hand in seine beiden Hände, und Wynnifrydd musste sich zwingen, sie ihm nicht ruckartig zu entziehen.
»Vater Duncan«, murmelte sie stattdessen artig. »Bitte sagt uns etwas über den Gottesdienst bei der Hochzeit.«
Der Priester glotzte verdutzt von ihr zum Baron.
»Sollten wir nicht warten, bis Sir Brock dabei ist? Wo ist er?«
Gute Frage, dachte sie, obwohl sie natürlich ihre Sorgen nicht laut aussprechen würde. Sie konnte das Misstrauen nicht unterdrücken, das Misstrauen, dass er in diesem Moment bei einer anderen Frau war.
Kelan trieb seine Männer hart an, und Kiera hatte das Gefühl, sie würde gleich vor Erschöpfung sterben, während sie sich an den Sattelknauf klammerte. Die Gruppe hatte Lawenydd noch vor Mitternacht verlassen, obwohl Kieras Vater Kelan angefleht hatte, bis zur Morgendämmerung zu warten. Doch Kelan und Tadd waren unerbittlich gewesen. Sie fürchteten um das Leben ihrer Mutter.
Erst am nächsten Abend hatten sie eine Rast eingelegt.
Kieras Körper schmerzte, sie hatte nur sehr wenig gegessen und lediglich drei Stunden geruht. Drei Tage waren vergangen, seit sie den Platz ihrer Schwester am Altar eingenommen hatte, und ihre Reise war noch lange nicht zu Ende.
Die Pferde waren schmutzig und ebenfalls müde, die Hand voll Männer knurrten verhalten, besonders der große, tölpelhafte Orvis, den sie manchmal dabei erwischte, wie er sie anstarrte - nicht lüstern. Er sah sie einfach nur an, als sei sie ein absolut rätselhaftes Geschöpf. Während des größten Teils ihrer Reise hatte es ununterbrochen geregnet, ein ständiger kalter Nieselregen, der aus dem bleiernen Himmel auf sie herniederrann.
Kiera fühlte sich entsetzlich. Und völlig ausgelaugt. Innerhalb der drei Ruhestunden hatten Kelan und sie sich in ihrem schnell aufgerichteten Zelt geliebt und hatten erst geschlafen, nachdem sie beide befriedigt waren. Kärgliche zwei Stunden später waren sie schon wieder aufgestanden, um weiterzureiten. Seit ihrer - nun ja, Elyns - Hochzeit hatte sie kaum ein Auge zugetan.
Und sie hatte ihm noch nicht die Wahrheit gesagt. Immer, wenn sie versucht hatte, ihm die Sache mit den Fläschchen zu erklären, waren sie unterbrochen worden. Kelan, der sich momentan mehr Sorgen um die Gesundheit seiner Mutter machte als um die Fläschchen, war jedoch abweisend geworden. Wann immer er sie musterte, lag in seinem Blick Misstrauen. Alles ist viel schlimmer geworden, dachte sie, während sie ihre müde Stute antrieb, das Lügen ist mir schon zur zweiten Natur geworden. Sie hatte ihren Vater betrogen, hatte so getan, als würde sie darauf bestehen, mit Elyn zu reisen, um ihr zu helfen, sich in ihre neue Rolle als Lady von Penbrooke »einzugewöhnen«. Und sie hatte es ausgenutzt, dass er nicht mehr so gut sehen konnte. Vom Schlosshof aus hatte sie ihm in der Dunkelheit an der Seite von Kelan von ihrem Pferd aus zugewunken - so als sei sie Elyn. Sie wusste, dass er sie in dem Durcheinander von Pferden und Männern nicht unterscheiden würde. Wenn er Fragen hatte, würde Hildy ihm weismachen, dass sie sowohl Kiera als auch Elyn auf ihren Pferden gesehen hatte.
Zweifellos würde ihre Seele in der Hölle schmoren für all ihre Lügen. Sie musste unbedingt alles wieder richtig stellen.
Dann finde deine Schwester und sag die Wahrheit. Erschöpft bis auf die Knochen, die Kapuze ins Gesicht gezogen, um sich vor den Augen der Soldaten zu schützen, die rechts und links neben ihr ritten, schnalzte Kiera mit der Zunge, um ihren überanstrengten grauen Zelter anzutreiben. Sie fühlte, wie ihr die Regentropfen über die Nase rannen. Die letzten beiden Stunden hatte sie damit verbracht, darüber nachzudenken, wie sie Kelan die Wahrheit beibringen sollte, sobald sie Penbrooke erreicht hatten. Oder sollte sie lieber warten, bis sie Elyn gefunden hatte, und so lange der Beichte aus dem Weg gehen? Wäre es besser, damit herauszuplatzen, was geschehen war, und ihn um Verzeihung zu bitten, oder sollte sie Zeit herausschinden, bis sie sicher war, was mit der Frau geschehen war, die er eigentlich hätte heiraten sollen?
Hinter ihr knarrte ein Wagen, und der selbstherrliche Priester, der sie beide getraut hatte, machte Anstalten, sich mit ihr zu unterhalten.
»Ihr werdet Penbrooke lieben«, meinte Vater Barton, so wie er es an diesem Nachmittag schon etwa ein Dutzend Mal behauptet hatte. »Es ist ein wundervolles Schloss. Zweimal so groß
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