Der Lord und die Betrügerin
Zum Beispiel diese schlampige Frau, die sich während Wynnifrydds Besuch um sie kümmerte. Daisy. Ein erbärmliches Geschöpf mit schiefen Zähnen, mausartigen Augen und einer Nase, die ständig zuckte, als würde sie ihren eigenen Gestank riechen.
Wynnifrydd erschauderte bei dem Gedanken, dass diese fette Frau ihr das Haar kämmte oder ihr in ihre Kleidung half. Lieber würde sie all diese Dinge selbst tun.
Während sie durch den dichten Nebel zur Kapelle gingen, entdeckte sie einige Arbeiter, die ihr lüsterne Blicke zuwarfen. Scheußliche Idioten mit hervorquellenden Augen waren sie.
Sie schienen sie mit ihren Blicken zu entkleiden. Zwei Männer taten so, als würden sie das Dach einer dieser schmuddeligen Hütten decken, ein anderer schaute sie hinterlistig an, während er eine Axt an einem Wetzstein rieb. Unter seinen buschigen Augenbrauen und den verfilzten roten Haaren funkelten böse Blicke, und seine dicken Lippen zogen sich unangenehm nach oben. Wynnifrydd beeilte sich, die Kapelle zu erreichen.
Selbst das Haus Gottes war völlig vernachlässigt. Die Mauern waren grob und mit dem Staub und Schmutz von Jahrzehnten bedeckt. Die Tür hing schief in den Angeln. In der Nähe grunzten Schweine, und ein Junge mit einem Stock lief hinter einer knurrenden, gefleckten Hündin und vier dürren, jaulenden Welpen her.
Baron Nevyll schien gar nicht zu bemerken, dass die Hunde sie beinahe umgerannt hätten. Er war ein nutzloser, müder Mann. Kein Wunder, dass seine Diener nichts wert waren, sie hatten in Nevyll von Oak Crest ein erbärmliches Vorbild. Sie fragte sich, wie dieser Mann einen so starken, strammen Sohn wie Brock hatte zeugen können. Die beiden unterschieden sich wie Tag und Nacht. Sie konnte sich nur denken, dass Brocks Mutter eine starke Frau gewesen war, voller Feuer, voller Leidenschaft, denn sie konnte sich kaum vorstellen, dass Lord Nevyll jemals ein Krieger oder ein Anführer hatte sein können.
Ganz im Gegensatz zu seinem Sohn. Der war ein großer, muskulöser Mann, mit lebhaften grünen Augen und einem wilden, kompromisslosen Benehmen. Ein Mann, der sie für ewig zu der Seinen gemacht hatte, nachdem er sie nur ein einziges Mal berührt hatte.
»Na los, kommt schon«, flüsterte Baron Nevyll mit seiner knurrenden, unangenehmen Stimme. »Wir wollen mit dem Priester über die bevorstehende Hochzeit sprechen.«
»Ja, das wollen wir«, stimmte sie ihm mit einem glatten, beruhigenden Lächeln zu und wich einer Pfütze aus. Dieser alte Bock. Nevyll von Oak Crest hatte der Hochzeit nur zugestimmt, weil Wynnifrydd eine beachtliche Mitgift mitbrachte. Und sogar Brock war von dem Reichtum von Fenn beeindruckt gewesen, auch wenn Wynnifrydd sich vorzugsweise einredete, dass ihr Bräutigam sie heiratete, weil er sie liebte.
Doch da gab es leider diese Elyn. Brock hatte schon immer eine Schwäche für diese Frau gehabt. Es war allerdings ein Glück, dass Elyn Kelan von Penbrooke versprochen worden war.
Als sie die Kapelle betraten, warf Wynnifrydd noch einen kurzen Blick über ihre Schulter zurück zum Stall, vor dem ein Junge saß und schnitzte und ein anderer unter dem Vordach des Gebäudes döste. Faule, unnütze Flegel. Wynnifrydd dachte daran, wie sie all diese Leute auf Vordermann bringen würde und auch die anderen verabscheuungswürdigen Geschöpfe im Schloss, sobald sie erst einmal mit Brock verheiratet war.
Sicher würde Brock heute zurückkommen, denn seit Elyns Hochzeit waren bereits einige Tage vergangen, wenn er wirklich auf dieser Hochzeit gewesen war. Dieser Gedanke wurmte sie. Sein »Jagdausflug« schien lediglich eine schwache Entschuldigung zu sein für etwas anderes. Etwas Geheimnisvolles. Womöglich hatte er versucht, Elyn davon abzuhalten, Penbrooke zu heiraten... Falls er das vorgehabt hätte, war es ihm zumindest nicht gelungen, denn Wynnifrydds Spione waren bereits nach Oak Crest zurückgekehrt, das nur einen Tagesritt von Lawenydd entfernt war, und hatten ihr die Neuigkeit gebracht, dass Elyn verheiratet und bereits auf dem Weg nach Penbrooke war.
Gut so.
Der Priester, ein wabbelig wirkender Mann, kam mit einem schwachen Lächeln auf sie zugeschlurft. Ein paar Kerzen, die in den Haltern der Kirchenbänke brannten, flackerten, als er daran vorüberging. Er streckte seine fleischige Hand aus, und Wynnifrydd bekam eine Gänsehaut.
»Willkommen«, nuschelte er, und sie bemerkte die bläulichen Adern auf seiner Knollennase und seinen Wangen. Zweifellos trank er mehr von dem Wein
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