Der Lord und die Betrügerin
sein Körper im Rhythmus mit dem stetigen Gang seines Pferdes. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen, doch sie wusste, dass es wahrscheinlich dieselben Sorgenfalten hatte wie seit dem Zeitpunkt, an dem Tadd ihm die schlechten Neuigkeiten vom Gesundheitszustand ihrer Mutter berichtet hatte. Von der Minute an hatte Kelan Männer und Pferde gnadenlos angetrieben in dem Bemühen, in Penbrooke zu sein, ehe seine Mutter starb. Kiera hoffte nur, dass sie es rechtzeitig schaffen würden.
»Können wir uns nicht eine Weile ausruhen?«, fragte Orvis und lenkte sein müdes Pferd neben das von Kelan. »Die Männer sind erschöpft, und wir sind so schnell geritten, dass wir nur noch einen Tagesritt von Penbrooke entfernt sind.«
Kelan spähte zu dem immer dunkler werdenden Himmel, dann sah er Orvis an.
»Und denk auch an die Lady. Sie hat Mumm, das muss man ihr lassen - sie hat sich nicht beklagt -, aber auch sie muss sich ein wenig ausruhen.«
Kelan runzelte die Stirn. Er wollte eigentlich weiterreiten. Aber er fühlte, dass sein eigenes Pferd ebenfalls nicht mehr lange durchhalten würde. Mehr als nur einmal hatte er einen Blick über die Schulter geworfen und Elyn beobachtet, die schweigend hinter ihm herritt. Die meiste Zeit lauschte sie dem alten Priester, der endlos plapperte. Die restliche Zeit ritt sie, wie Orvis es gesagt hatte, ohne sich zu beklagen.
Er wusste, dass er sie vernachlässigt hatte, vielleicht hatte er sie auch insgeheim strafen wollen für ihren Betrug. Aber schließlich hatte er diese verfluchten Fläschchen in ihrem Schlafzimmer gefunden, und er hatte gemerkt, dass Elyn zögerte, ihm den Fund zu erklären. Aye, dachte er, und seine Finger umfassten die Zügel fester, sie soll ruhig leiden.
»Wir reiten weiter«, grummelte er und fühlte sich wie ein Unmensch. Was hatte er nur vor? Wollte er sein Pferd umbringen? Wollte er die Rebellion der Männer? Und warum das alles? Natürlich, er musste unbedingt zu seiner kranken Mutter. Doch da war noch mehr. Er versuchte, seiner eigensinnigen Frau zu beweisen, dass er ihre Lügen nicht dulden würde. Soweit er sich einen Reim darauf machen konnte, hatte sie wahrscheinlich versucht, ihn zu vergiften, ihn umzubringen, während er schlief.
Wenn das die Tatsache war, dann ist der Versuch aber gründlich schief gelaufen, nicht wahr?
Wenn sie dich so sehr gehasst hat, um einen Anschlag auf dein Leben zu riskieren, warum ist sie dann so eifrig mit dir im Bett?
Bilder ihres Liebesspiels stiegen vor seinem inneren Auge auf. Er erinnerte sich an ihren Geschmack, an ihre seidige Haut, die Erregung, wenn ihre Zunge über seine Schultern und seinen Rücken glitt. Hatten nicht ihre Finger liebevoll seinen Körper erforscht, hatte sie nicht sein Blut angeheizt wie keine andere Frau zuvor? Bei allem, was ihm heilig war, was sollte er nur mit ihr anfangen?
»Lord Kelan.« Der Priester war neben ihn geritten. »Es ist dunkel und Zeit auszuruhen. Selbst Gott hat einen Tag der Ruhe bestimmt.«
»Aye«, brachte Kelan hervor. Er konnte es zwar nicht erwarten, nach Penbrooke zurückzukehren, doch nicht auf Kosten seiner Männer. »Wir werden unser Lager in dieser Nacht am Fluss aufschlagen.«
»Gelobt sei Gott«, murmelte Vater Barton, und Kelan fühlte den Anflug eines Schuldgefühls, als die Reiter sich am Fluss versammelten und er mitbekam, dass Elyn beinahe ohnmächtig von ihrem Pferd sank. Keine Frau, nicht einmal eine, die ihren Ehemann angelogen hatte, hatte einen so grausamen Ritt verdient. Seine Soldaten hatten sich an den letzten beiden Tagen lautstark beklagt, weil sie in solcher Hast ritten. Doch seine neue Frau hatte nicht ein einziges Mal gemurrt.
Er befahl seinen Männern nun, ihre üblichen Aufgaben zu übernehmen. Innerhalb von einer Stunde brannte ein Lagerfeuer, über dem drei unglückliche Hasen und ein kleines Schwein an zwei Spießen brieten. Fett tropfte in die Flammen, in der feuchten Nacht rauchte das Feuer, und ein Krug Wein wurde unter den Männern herumgereicht. Elyn saß auf einem flachen Stein, gerade noch im Kreis des Feuers, ein wenig abseits von den Soldaten, die sie noch nicht zu akzeptieren schienen. Nur Vater Barton machte sich die Mühe, mit ihr zu reden, was er jedoch schließlich aufgab.
»Gibt es schon Schwierigkeiten in der Ehe?«, fragte Tadd, der an dem Wein nippte und seine neue Schwägerin betrachtete.
»Keine Schwierigkeiten.« Kelan löste mit seinem Messer einen der Hasen vom Spieß.
»Wenn sie meine Frau wäre, hätte ich
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