Der Lord und die Betrügerin
Unterhaltung hinführen? »Aye, ich erinnere mich an ihn, glaube ich.«
»Was ist mit ihm geschehen?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete sie und steckte ein ge- liertes Ei in den Mund, in der Hoffnung, damit diese Unterhaltung zu beenden.
Kleine Falten der Konzentration bildeten sich zwischen Morwennas zusammengezogenen Augenbrauen. Sie spielte mit ihrem Messer. »Habe ich nicht gehört, dass er mit Wynnifrydd verlobt ist, der Tochter des Lords von Fenn?«
»Wirklich?«, fragte Kiera und zog eine Schulter hoch, dabei versuchte sie, Kelans Gesichtsausdruck nicht zu deuten.
Von ihrer anderen Seite meldete sich Tadd. »Aye, da bin ich sicher.« Er winkte einem Pagen, seinen Becher nachzufüllen. »Die Hochzeit wurde geplant für... für wann ? Ich glaube, für diese Woche.«
»Diese Woche?«, echote Kiera, und ihre Sorgen wurden noch größer.
»Für morgen, wenn ich mich recht erinnere.« Tadd wartete, bis der Page seinen Becher gefüllt hatte. »Danke, John.«
Der Page mit dem verstrubbelten Haar nickte. Dann füllte er auch Kieras Becher auf, ohne sie dabei anzusehen.
Morgen ? Brock soll morgen Wynnifrydd heiraten ?
Aber was würde dann mit Elyn geschehen? War die Hochzeit abgesagt worden? Oder würde Brock diese Eheschließung tatsächlich eingehen? Kiera nahm einen Schluck von ihrem Wein, um sich zu beruhigen. Denk nach, Kiera, denk nach. Wo war ihre Schwester? Kiera machte sich größte Sorgen darüber, dass Elyn nicht nach Lawenydd zurückgekehrt war. Sie glaubte allerdings, dass sowohl sie als auch Brock ihre zukünftigen Ehepartner im Stich gelassen hatten und geflohen waren, einem unsicheren Schicksal entgegen. Bei diesem Gedanken wurde Kiera gleichzeitig zornig - und hoffnungsvoll. Sie begriff plötzlich, warum ihre Gefühle so verwirrt waren, denn sie konnte nicht länger die Einsicht leugnen, dass sie begonnen hatte, sich in Kelan zu verlieben.
Lieber Gott im Himmel. Dieser gefährliche Gedanke traf sie hart, und beinahe hätte sie sich an ihrem Wein verschluckt. Verliebt? In einen Fremden? In einen Mann, den ich kaum kenne? In den Ehemann meiner Schwester? Das war Dummheit. Nein, das war totaler Irrsinn!
Kieras Sorgen türmten sich. Was, wenn Brock wirklich Wynnifrydd heiraten würde? War Elyn etwas zugestoßen? Oder... was noch grauenvoller war, hatte sie womöglich ihr Leben verloren? Hatte sie einen Unfall gehabt? War ihr im Wald ein Verbrecher begegnet? Kieras Magen verknotete sich, und ihre Gedanken überschlugen sich. Vielleicht würde sie es niemals erfahren! Genauso, wie sie nie herausgefunden hatte, was aus Obsidian geworden war.
Sie war nicht mehr hungrig, ihr Appetit war wie weggepustet. Dennoch bekam sie Unterstützung von einer Seite, von der sie es nicht erwartet hatte.
»Morwenna, als du und Elyn in Fenn wart, das liegt schon viele Jahre zurück. Wie alt warst du damals, Elyn - ungefähr dreizehn?« Kelan betrachtete sie angespannt. »Was damals geschehen ist, ist jetzt nicht mehr wichtig.«
»Ja, und wir alle wissen doch, wie sich die Dinge mit den Jahren verändern können, nicht wahr?«, vollendete Tadd und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Mit einem sorglosen Lächeln musterte er Kiera und zwinkerte ihr dann zu. »Dein
Mann war auch nicht pausenlos der rechtschaffene, ehrliche Mann, der er heute ist, musst du wissen. Es hat eine Zeit gegeben, da war der Baron alles andere als gesetzestreu. Es war schon gut, dass mein Vater den Sheriff bestochen hat, denn sonst wäre Kelan möglicherweise am Galgen gelandet und könnte jetzt nicht über eine Baronie herrschen.«
»Er übertreibt«, meinte Kelan, und seine Augen blitzten, als er seinen Stuhl zurückschob. »Wie ich schon sagte, was damals geschehen ist, ist jetzt nicht mehr wichtig.«
Sein Blick wanderte von einem Gesicht zum nächsten. »Lady Elyn und ich sind verheiratet.« Kiera fühlte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich. Oh, das war genauso schlimm, wie Hildy es vorhergesehen hatte. Noch schlimmer! Kelan hob seinen Becher, und Schweigen senkte sich über die Halle. »Ein Toast«, erklärte er, schaute auf Kiera hinunter und deutete mit dem Kopf auf sie. »Auf meine Frau, Lady Elyn von Penbrooke.«
Hewlett-Packard
17. Kapitel
Es war schon sehr spät, als Joseph sich durch die Schatten von Oak Crest schlich, nachdem er seit Stunden versucht hatte, Lady Elyn irgendwo im Schloss zu entdecken. Flildy hatte ihm alles erzählt über Elyns dummen und eigensinnigen Plan. Ehe sie ihn noch darum gebeten hatte, hatte
Weitere Kostenlose Bücher