Der Lord und die Betrügerin
leben, nur um... um was zu sein? Die Geliebte von Brock von Oak Crest? Nein... der Gedanke ergab keinen Sinn und verursachte einen bitteren Geschmack in Josephs Mund. Wenn Elyn Brock wirklich liebte, würde sie sich mit nicht weniger zufrieden geben als damit, seine Braut zu sein.
Dennoch würde am heutigen Nachmittag die Hochzeit von Sir Brock mit Wynnifrydd von Fenn stattfinden.
Joseph gefiel das Gefühl nicht, das ihn plagte. Etwas stimmte nicht. Ganz und gar nicht. Entweder war Elyn verletzt, vielleicht entführt und eingesperrt, oder sie war geflohen und war auf dem Weg zurück nach Lawenydd, ohne ihr
Pferd, oder - und dieser Gedanke senkte sich wie Blei auf seine Brust - es könnte sein, dass sie irgendwie umgekommen war.
Durch Brock?
Oder durch Wynnifrydd?
Oder vielleicht sogar durch jemand ganz anderen?
Das zählte nicht. Wenn Elyn von der Hand eines anderen getötet worden war, dann würde dieser Mensch zahlen. Joseph persönlich würde dafür sorgen.
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19. Kapitel
»Ich verspreche, dass ich mein Bestes tun werde, damit diese Ehe gelingt.«
Der Schwur an Kelans Mutter verfolgte Kiera. Er ließ sie auch nicht los, während sie das Schloss erkundete und angestrengt Pläne schmiedete, wie sie ihre Schwester finden konnte, um diesen Betrug so schnell wie möglich zu beenden. War Joseph nach Oak Crest geritten, um Elyn und Brock zu finden? Wartete ihr Vater, Baron Llwyd, gerade in dieser Stunde auf Kieras Rückkehr? War Penelope in der Lage, ihr Geheimnis zu bewahren?
Als sie die Hintertreppe hinunterging und einem Mädchen zulächelte, das die Treppe putzte, als sie beinahe mit einem Mann zusammenstieß, der Körbe mit kalter Asche aus der großen Halle trug, fühlte Kiera sich wie ein in die Enge getriebener Fuchs. Sie konnte nirgendwo hinlaufen, es gab niemanden, den ihre Lügen nicht in Mitleidenschaft gezogen hatten.
Wenn sie ihren Schwur an Lady Lenore ignorierte und Kelan die Wahrheit sagte, würde sie damit der alten Frau das Herz brechen. Oder sie konnte warten, bis Kelans Mutter gestorben war, um Kelan dann all ihre Sünden zu gestehen. Dieser Gedanke war bitter. Kiera wollte nicht, dass Lenore starb, sie hasste den Gedanken, ihre eigene Freiheit vom Tod dieser Frau abhängig zu machen.
Es musste einen anderen Weg geben.
Zuerst musste sie einmal erfahren, wie die Dinge in Penbrooke liefen. Sie musste wissen, wer die Wachleute waren und wo sie standen. Wann sie einander an den Toren und Fallgattern ablösten... nur für den Fall, dass sie hier verschwinden musste.
Draußen war es kalt, weil die Sonne schon beinahe untergegangen war. Der Wind, der ihr ins Gesicht blies, war eisig, er zerrte an dem Saum ihres Umhanges. Kiera drapierte ihren Schal fest um den Hals, während sie an der Kapelle vorüberging und sich jede Nische auf dem Schlosshof merkte. Der Priester verließ gerade die Kapelle, und Kiera sah rasch in die andere Richtung und lief einen ausgetretenen Pfad entlang. Sie betete oft um göttliche Erleuchtung für ihre Sorgen, doch bis jetzt hatte es noch nichts genützt. Sie dachte daran, Vater Barton einen Besuch abzustatten, doch fand sie nicht den Mut, ihre Sünden zu beichten. Noch nicht.
Sie bog um eine Ecke in der Nähe der Küche und entdeckte eine Feuerstelle, um die drei Mädchen saßen, sich unterhielten und kicherten, während sie ein halbes Dutzend Gänse rupften. Als die Frau des Lords sich näherte, verstummten die Mädchen sofort und widmeten sich ihrer Aufgabe, die Federn aus den Körpern der Gänse zu rupfen und die Gänse danach über das Feuer zu halten, um den Rest der Federkiele abzubrennen.
Kiera ging ein wenig langsamer, um die Mädchen zu begrüßen. Dann begegnete sie der Frau des Steinmetzes und ihren Kindern, die auf dem Weg zur Kapelle waren. »Guten Abend, M'lady«, begrüßte sie die Frau, und die Mädchen und Jungen begrüßten Kiera im Chor.
»Den wünsche ich dir auch, Millie«, antwortete Kiera und strebte in Richtung auf den äußeren Schlosshof weiter. Wie leicht war es ihr gefallen, all die Menschen in Penbrooke kennen zu lernen - Diener, freie Bauern und Soldaten -, alle waren nett, alle schienen erfreut darüber, dass ihr Lord geheiratet hatte.
Wenn sie wüssten, dass diese Ehe eine Lüge war! Eine entsetzliche, hässliche Lüge. Auf dem Weg zum äußeren Schlosshof ging sie an den Ställen vorbei, wo der Falkner einen jungen Vogel ausbildete. Der Falke trug eine Kappe auf dem Kopf und saß auf dem Handgelenk seines Trainers,
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