Der Lüge schöner Schein
war.
»Und Strath Farm?«
»Nein.«
»Gibt’s nicht?«
»Nein.«
»Und das haben Sie dem Mann gestern auch gesagt?«
»Aye.«
Es piepste in der Leitung.
»Das kostet den Steuerzahler sicher eine Stange Geld«, bemerkte Lauder, plötzlich von seiner Einsilbigkeit kuriert.
»Aye«, sagte Pascoe. »Danke.«
Er drückte auf die Gabel, wartete das Freizeichen ab und wählte Sturgeons Nummer.
Der alte Depp hat wahrscheinlich die Geduld verloren und beschlossen, selbst aktiv zu werden, dachte Pascoe. Warum er’s nicht gleich getan hatte, wusste der Himmel. Und warum hatte er an diesem Vormittag so oft angerufen?
Das Telefon klingelte noch immer. Er sah auf die Uhr und stöhnte. Die Zeit verging und es gab jede Menge zu tun. Sturgeon musste eben warten. Immerhin wusste er höchstwahrscheinlich bereits, was Pascoe ihm zu sagen hatte. Was das jedoch zu bedeuten hatte, blieb schleierhaft. Aber im Moment galt es, einen Mord aufzuklären.
Er legte auf und machte sich auf den Weg zum Büro des verblichenen Matthew Lewis.
Dalziel kam mit der ganzen Verschämtheit und wahrscheinlich dem Gesamtvolumen der drei kleinen Schulmädchen aus dem »Mikado« hinter dem Wandschirm hervor. Als er des amüsierten Glitzerns in den Augen seines einzigen Zeugen gewahr wurde, fasste er sich ein Herz und nahm das sittsame Händchen von seinem Schritt.
»Man sollte meinen, jemand, der so reich ist wie du, könnte sich eine anständige Heizung leisten!«, raunzte er und blies sich in die Hände. »Bringen wir’s hinter uns, bevor ich erfriere.«
»Jetzt weißt du, wie’s den armen Schweinen geht, die ihr in euren Zellen foltert«, brummte Grainger, der Arzt.
Er und Dalziel waren alte Bekannte. Jeder von beiden tat so, als sei der andere die Bestätigung aller landläufigen Vorurteile gegen seinen Beruf. Insgeheim waren sie gar nicht so sicher, dass die nicht vielleicht sogar berechtigt waren.
Grainger begann mit der Untersuchung. Als Dalziel zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder um einen Termin gebeten hatte, kam dem Doktor die Gelegenheit, Dalziel gründlich zu überholen, wie gerufen. Daher ignorierte er jetzt Dalziels ungeduldige Einwände und führte in aller Ruhe die einzelnen Untersuchungen durch.
»Bezahlen die dich pro Stunde?«, murrte der Superintendent. »Hör mal, wo ich schon mal da bin, kannst du dich eigentlich auch nützlich machen und mir was über Diabetes erzählen. Oder hatten sie die noch nicht entdeckt, als sie dir das Kurpfuscher-Patent verliehen haben?«
»Du glaubst doch wohl nicht, dass du Diabetes hast?«, fragte Grainger. »Hast du nämlich nicht. Weiß der Himmel, was bei dir sonst nicht stimmt, aber zuckerkrank bist du auf keinen Fall.«
»Heißen Dank. Nein. Es gibt da jemand, den wir dringend suchen, der hat Diabetes.«
»Woher wisst ihr das?«, fragte Grainger. »Dreh dich um, sei so gut, wenn du’s ohne Hebel schaffst.«
»Er hat uns einen Teekessel mit Pisse hinterlassen.«
»Mein Gott!«, sagte Grainger und hielt kurz inne, Stethoskop in der Luft. »Ich dachte,
ich
bin derjenige, der es mit dem wahren Leben zu tun hat.«
»Du weißt ja nicht einmal, was Leben ist. Komm schon. Diabetes. Was kannst du mir über unseren Freund sagen?«
»So einfach ist das nicht«, erwiderte Grainger, »und das würde dir sicher auch euer Polizeiarzt mit Freuden bestätigen. Zunächst einmal gibt es drei verschiedene Typen von Diabetes, A, B …«
»Und C. Jesus Christus, und dafür hast du fünf Jahre studiert? Für das popelige Alphabet?«
»… und AB «, fuhr Grainger ungerührt fort. »A ist der bekannteste Typus, obwohl beileibe nicht der häufigste. Wenn du Diabetes A hast, bist du den Rest deines Lebens auf Insulinspritzen angewiesen. Tritt normalerweise bei jungen Leuten auf. Klassische Symptome sind übermäßiger Hunger und Durst, häufiges Harnlassen.«
»In einen Teekessel«, sagte Dalziel interessiert.
»Das ist vielleicht ein Symptom, mit dem ein Psychologe etwas anfangen kann, ich nicht«, meinte der Arzt. »Setz dich auf. Mein Gott, Andy, hast du vielleicht eine Wampe. Solltest du Diabetes bekommen, dann vom Typ B. Tritt üblicherweise erst in mittlerem Alter auf und hauptsächlich bei Menschen mit Übergewicht. Das ist die häufigste Form von Diabetes; sie wird normalerweise oral behandelt, nicht mit Insulinspritzen.«
»Soll das heißen, die trinken das Zeug?«
»Nein! Insulin kann nur gespritzt werden. Die nehmen was anderes, ein Hypoglykämikum, also etwas zur Senkung
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