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Der Lustmolch

Der Lustmolch

Titel: Der Lustmolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Ich würde sie ja zu Ihnen schicken, damit sie sich die Pillen abholen, aber wir wollen doch nicht, daß die Jungs ihren Kräutergarten finden. Oder doch?«
    »Ich bin schon unterwegs«, erwiderte Theo.
    »Und weiter will ich in dieser Angelegenheit nichts hören«, sagte Burton und legte auf.
    Theo legte seinerseits den Hörer auf, schloß die Augen und rollte sich zu einem Häufchen Elend in seinem Sitzsack zusammen.
    Einundvierzig Jahre war er nun alt und lebte immer noch wie ein Collegestudent. Seine Bücher waren zwischen Backsteinen und Brettern aufgestapelt, sein Bett war ein ausziehbares Sofa, sein Kühlschrank war leer bis auf ein Stück Pizza, das schon grün wurde, und das Gelände um seine Hütte war von Unkraut und Hecken überwuchert. Hinter der Hütte, inmitten eines Gestrüpps aus Brombeerranken, gedieh sein Kräutergarten: zehn buschige Marihuanapflanzen mit klebrigen, durchdringend nach Gewürzen duftenden Blütenknospen. Es verging nicht ein einziger Tag, an dem er sie nicht am liebsten untergepflügt und den Boden unfruchtbar gemacht hätte, auf dem sie wuchsen. Doch es verging auch kein einziger Tag, an dem er sich nicht einen Weg durch das Gestrüpp bahnte und mit aller Liebe das klebrige Grünzeug erntete, das ihn tagsüber am Laufen hielt.
    Sämtliche Forscher erklärten, daß Marihuana nur psychisch abhängig machte. Theo hatte die Berichte alle gelesen. Nachtschweiß und eingebildete Spinnen infolge des Entzugs wurden darin allenfalls beiläufig erwähnt, gerade so, als seien sie nicht unangenehmer als eine Tetanusimpfung. Doch Theo hatte versucht aufzuhören. Er hatte in einer Nacht drei Garnituren Bettwäsche durchgeschwitzt und war rastlos durch seine Hütte gehetzt, um sich irgendwie abzulenken, bis er dachte, sein Schädel würde zerplatzen, und er schließlich aufgab. Dann hatte er seinen Sneaky Pete gestopft und begierig den beißenden Rauch eingesogen, um endlich schlafen zu können. Den Forschern war da anscheinend was entgangen - ganz im Gegensatz zu Sheriff Burton. Er hatte Theos Schwäche erkannt und sorgte dafür, daß diese Erkenntnis über Theos Haupt schwebte wie ein Damoklesschwert. Daß Burton selbst ebenfalls eine Achillesferse hatte, schien keine Rolle zu spielen, selbst wenn Burton im Falle ihrer Entdeckung wesentlich mehr zu verlieren hatte als Theo. Logisch betrachtet hätte sich Theo ihn vom Leib halten können, doch emotional hatte Burton die Oberhand, und es war immer Theo, der klein beigab.
    Er schnappte sich den Sneaky Pete von seinem Couchtisch aus Orangenkisten und verließ das Haus, um Bess Leanders Pillen zum Tatort zurückzubringen.
    VALERIE
     
    Dr. Valerie Riordan saß an ihrem Schreibtisch und betrachtete die Ikonen ihres Lebens: ein winziger digitaler Börsenticker, auf den sie immer wieder einen verstohlenen Blick warf; ein goldenes Schreibset von Mont Blanc, dessen Stifte aus dem Jadesockel herausragten wie die Fühler eines Goldkäfers; zwei kleine Statuen von Freud und Jung, die als Buchstützen fungierten, unter anderem für prachtvolle Lederausgaben von: Psychologie des Unbewußten, DSL-IV, Traumdeutung, Handbuch der Allgemeinmedizin. Außerdem eine Gipsbüste von Hippokrates, in deren Sockel ein Post-it-Spender untergebracht war. Hippokrates, dieser verschlagene Grieche, der aus der Medizin eine Wissenschaft gemacht hatte, nachdem sie zuvor dem Reich der Magie zugeordnet war, und dessen berühmten Eid Val zwanzig Jahre zuvor aufgesagt hatte, als sie an der medizinischen Fakultät von Ann Arbor graduierte: »Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken nach meinem besten Vermögen und Urteil, sie schützen vor allem, was ihnen Schaden und Unrecht zufügen könnte. Nie werde ich, auch nicht auf eine Bitte hin, ein tödlich wirkendes Gift verabreichen oder auch nur einen Rat dazu erteilen.«
    Damals war ihr dieser Eid lächerlich und antiquiert vorgekommen. Welcher Arzt, der seine Sinne beisammen hatte, würde seinen Patienten denn Gift verabreichen?
    »Heilig und rein werde ich mein Leben bewahren und meine Kunst.«
    Wie selbstverständlich und einfach war ihr das damals erschienen. Mittlerweile bewahrte sie ihr Leben und ihre Kunst mit Hilfe eines speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Sicherheitssystems und einer Glock 9mm, die sie in ihrem Nachttisch versteckt hatte.
    »Ich werde niemals Kranke schneiden, die an Blasensteinen leiden, sondern dies den Männern überlassen, die dies Gewerbe versehen.«
    Mit diesem Teil

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