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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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sich von Ruben ab. Von einem Tag zum anderen sprach sie nicht mehr mit ihm. Sie zog zu Tante Marei ins Haus.
    In jener Nacht hatte er sie verloren.
    »Warum?«, fragte er jetzt. »Warum hast du mich damals verlassen?«
    Sie erwachte aus ihrer Erstarrung und schüttelte seine Hände ab. »Das hast du immer noch nicht begriffen?«
    »Warum, Ilka?«
    Sie stand auf. Stellte sich hinter den Tisch, wie um Abstand zu gewinnen.
    »Wir haben Papa umgebracht«, sagte sie. »Und Mama vegetiert in diesem Heim dahin. Nur weil wir €¦«
    »Uns geliebt haben?« Ruben kauerte immer noch auf dem Boden. Auf der Sitzfläche des Stuhls konnte er Ilkas Wärme fühlen.
    »Du bist mein Bruder, Ruben!«
    Schon damals hatte sie sich mit ihren dummen Schuldgefühlen geplagt. Sie war sogar in die Kirche geschlichen und hatte Kerzen angezündet, damit Gott ihnen vergab.
    Müde erhob Ruben sich. »Liebe kann nicht böse sein.«
    »Bist du sicher, dass du weiߟt, wovon du sprichst?« Wieder liefen ihr Tränen über die Wangen. Sie wischte sie nicht weg. »Ich war ein Kind, Ruben!«
    Üœber den Tisch hinweg griff er nach ihrer Hand.
    »Du wolltest es! Genau wie ich!«
    Mit einem Ruck machte sie sich los.
    »Ich hatte nie eine Chance, das herauszufinden!«, schrie sie ihn an. Dann rannte sie zur Tür, riss sie auf und stürmte die Treppe hinunter.
    Ruben lief hinter ihr her. An der Haustür erwischte er sie. Verzweifelt rüttelte sie an der Klinke.
    »Spar dir die Mühe«, sagte er keuchend.
    Sie fuhr herum.
    Und spuckte ihm ins Gesicht.
     
    Ilka erschrak vor sich selbst. Aber noch mehr erschrak sie, als Ruben sie gegen die Tür drängte und küsste. Sie stemmte sich mit beiden Händen gegen ihn. Trommelte mit den Fäusten auf ihn ein. Trat und kratzte ihn.
    Er lachte. Drückte sie mit seinem Körper fest gegen die Tür. Hielt ihren Kopf mit beiden Händen umfasst und küsste ihren Hals, ihre Augen, ihren Mund.
    Und da biss Ilka zu.
    Er taumelte zurück, starrte sie ungläubig an. Von seiner Unterlippe tropfte Blut auf seinen Pulli und die weiߟen Bodenfliesen.
    Diesmal war Ilka froh, dass er sie wieder nach unten brachte. Er stieߟ sie in den Flur und schloss die Tür von auߟen zu.
    Der Tag war hell und freundlich, doch hier unten merkte man das kaum. Ilka schaltete überall das Licht an. Im Badezimmer blieb sie vor dem Spiegel stehen. Ihr Gesicht war blass und angestrengt und hätte ein bisschen Make-up vertragen können.
    Sie versuchte ein Lächeln. Betrachtete die Grübchen, die Mike so an ihr mochte.
    »Mike...«
    Sie schloss die Augen, um sein Gesicht heraufzubeschwören. Es gelang ihr nicht.
    Auch um ihre Gefühle für andere Menschen hatte Ruben sie betrogen. Nie hatte sie Freunde haben dürfen, nicht einmal Freundinnen. Vielleicht wäre das eine Erkenntnis gewesen, die sie bei Lara Engler gewonnen hätte, wenn Ruben ihr nicht die Möglichkeit dazu genommen hätte.
    Ihr Blick fiel auf ihr Haar. Ruben liebte es über alles. Nie hatte sie es zusammenbinden dürfen wie andere Mädchen. Nie hatte er ihr erlaubt, eine Mütze zu tragen. Und sie hatte sich nicht dagegen gewehrt.
    Weil sie seine Liebe nicht verlieren wollte.
    »Seine Liebe!«
    Wie verächtlich ihre Stimme klang.
    Eine sonderbare Ruhe legte sich über sie. Wie die Ruhe, die man manchmal im Traum erlebt. Langsam ging sie ins Schlafzimmer, zog die Schere unter der Matratze hervor und kehrte ins Bad zurück.
    »Mein Haar gefällt dir, ja?«
    Die Schere war scharf und leistete gute Arbeit. Weich und wie ein Streicheln glitten die abgeschnittenen Haarsträhnen an Ilkas Hals und Schultern entlang zu Boden, wo sie liegen blieben wie roter Tang.
    Als sie fertig war, lieߟ Ilka die Schere ins Waschbecken fallen. Sie schaute sich an. Unbewegt. Stieg aus dem Kreis der toten Haare heraus und stellte sich angezogen unter die Dusche.
    Es war wie ein Ritual. Und es war gut.
     
    Die Pflegerin hatte das Zimmer nicht verlassen. Wahrscheinlich waren Mike und ich ihr nicht geheuer gewesen. Sie hatte uns misstrauisch beäugt und uns mit tausend Fragen gelöchert, bevor sie uns überhaupt erlaubt hatte, Anne Helmbach zu besuchen.
    »Schlieߟlich«, sagte ich, »hat sie sich wohl nur erweichen lassen, weil sie Ilka gern hat.«
    Mike nickte. Er war so nervös, dass er an den Nägeln kaute.
    Merle hatte geduldig zugehört. »Hat Ilka Ąhnlichkeit mit ihrer Mutter?«, fragte sie, als wir fertig waren.
    »Keine Ahnung.« Mike konnte die Enttäuschung noch immer nicht verwinden. »Wir haben

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