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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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hören. Er drehte sich um und ging zur Tür. »Wissen Sie, in welche Richtung sie gelaufen ist?«
    »Nach rechts«, rief Lara Engler ihm nach.

    Die Straߟe war wie ausgestorben. Es war kalt und still. Mike atmete zitternd ein. Wo, um alles in der Welt, sollte er anfangen zu suchen?
     
    So einfach hatte Ruben es sich nicht vorgestellt. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als ihm klar wurde, wie viel Glück er gehabt hatte. Es hätte auch schief gehen können.
    Im Idealfall hätte er Ilka angesprochen und sie hätte ihn angeschaut und sich wieder in ihn verliebt. Im Idealfall wäre kein einziges Wort nötig gewesen. Ruben hatte geahnt, dass der Idealfall nicht eintreten würde. Also hatte er sich darauf vorbereitet, Gewalt anwenden zu müssen.
    Es war ihm nicht leicht gefallen, aber er hatte keinen Ausweg gesehen. Ilka hatte inzwischen drei Jahre ohne ihn verbracht. Sie hatte bei Tante Marei und ihrer Familie gelebt, ihren Einflüsterungen hilflos ausgeliefert. So sehr er sich auch gegen den Gedanken an Gewalt gesträubt hatte, er hatte alle Vorbereitungen dafür getroffen.
    Zuerst hatte er befürchtet, die ganze Aktion im letzten Moment abblasen zu müssen. Ilka war nicht allein zu ihrer Therapie gegangen. Sie hatte sich von diesem Jungen begleiten lassen. Offenbar hatte sie sich in ihn verliebt. Ruben hatte es von weitem erkannt. Ihre Körpersprache hatte es ihm verraten.
    Er hatte gespürt, wie die Wut in ihm hochgekrochen war. Doch das durfte nicht passieren. Er musste die Kontrolle behalten. Also hatte er abgewartet. Kalt und beherrscht und äuߟerlich unbewegt.
    Ilka war in dem gelben Haus verschwunden und der Junge war weggegangen. Ruben war wieder ruhig geworden. Er hatte gewendet und war so nah wie möglich an das Haus herangefahren.
    Er beglückwünschte sich dazu, einen nagelneuen, hundertprozentig zuverlässigen Wagen gemietet zu haben, einen dunkelblauen Van mit dunkel getönten Scheiben. Nicht auszudenken, welche Katastrophe der geringste technische Fehler auslösen könnte. Hinter ihm war alles ruhig. Es war ein Problem gewesen, ihr die K.-o.-Tropfen einzuflöߟen. Aber jetzt wirkten sie und Ilka schlief tief und fest.
    Halb war er darauf gefasst gewesen, dass der Junge ihm einen Strich durch die Rechnung machen und Ilka von der Therapie abholen würde. Ein paarmal war bereits etwas dazwischengekommen und Ruben hatte die Aktion in letzter Sekunde abbrechen müssen. Dies war der vierte Versuch gewesen.
    Unter einer unglaublichen Anspannung hatte er im Wagen gesessen und die Zahlen auf der Uhr fixiert. Er hatte Radio gehört und versucht, sich damit abzulenken. Es hatte nicht geholfen. Er hatte gebetet, dass der Junge nicht doch noch auftauchen würde.
    Und dann plötzlich war Ilka aus dem Haus gestürzt. Sie hatte sich im Laufen die Jacke übergeworfen, wie von Furien gehetzt. Die Therapeutin hatte ihr etwas nachgerufen, aber Ilka war nicht stehen geblieben.
    Ruben hatte gewartet, bis die Tür wieder zu war, dann hatte er den Motor gestartet und war in einigem Abstand hinter Ilka hergefahren. Er war froh gewesen über die Dunkelheit. Und über die Kälte. Bei solchen Temperaturen jagte man nicht mal einen Hund auf die Straߟe.
    Ilka war langsamer geworden und schlieߟlich an einer niedrigen Mauer stehen geblieben. Sie hatte sich vorgebeugt und nach Atem gerungen. Auf diesen Moment hatte Ruben hingelebt. All die Jahre.
    Sie war so mit sich selbst beschäftigt, dass sie den Wagen nicht hörte. Er hielt an, schaute sich aufmerksam um und stieg aus. Ilka erkannte ihn auf den ersten Blick, noch bevor sein Gesicht vom Licht der Laterne beleuchtet wurde.
    Ganz kurz kostete Ruben die Freude darüber aus und den Genuss, Ilka endlich, endlich wieder nah zu sein. Er hob die Arme, eine Geste der Schutzlosigkeit, die ihr ein sicheres Gefühl vermitteln sollte. Doch sie reagierte nicht darauf. Ihre Körperhaltung verriet ihm, dass sie auf dem Sprung war.
    Sie vertraute ihm nicht!
    Niemand war zu sehen. Kein Auto fuhr vorbei. Nur ein groߟes, vergessenes Herbstblatt trieb raschelnd über den Boden.
    »Ich möchte nur mit dir reden«, sagte Ruben und lieߟ sie nicht aus den Augen. Gleichzeitig versuchte er, die Situation auf der Straߟe im Blick zu behalten. Und bevor Ilka Luft holen konnte, hatte er sie gepackt, hielt ihr den Mund zu und trug sie zum Wagen.
    Sie drehte und wand sich und trat mit den Füߟen. Ihre erstickten Schreie hörten sich an wie das Quieken von Ferkeln. Ruben schob die Tür

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