Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
Vom Netzwerk:
mit dem Ellbogen auf und lieߟ sich mit Ilka in den Wagen fallen. Die Ladefläche hatte er mit Decken ausgelegt, damit Ilka sich nicht verletzen konnte. Von innen zog er die Tür wieder zu, lehnte sich gegen die Sitze, Ilka fest an sich gepresst, und griff mit der rechten Hand nach der kleinen Flasche mit den aufgelösten Tabletten.
    Ilka nutzte die Lockerung seines Griffs sofort aus. Sie schrie und biss ihn in die Hand. Er fluchte, umklammerte sie fester, bändigte ihre Beine, indem er sie mit seinem linken Bein umschlang. Sie entwickelte ungeheure Kräfte.
    »Lass mich!«, schrie sie. »Lass - mich - los!«
    Sie rief nicht um Hilfe, das nötigte ihm Respekt ab. Offenbar dachte sie, dies hier sei eine Sache zwischen ihm und ihr. Sie schäumte vor Wut, schien jedoch keine Angst zu haben. Die bekam sie erst, als er versuchte, ihr das Mittel einzuflöߟen. Ruben erkannte es an ihren weit aufgerissenen Augen. Er sah, wie sich die Wut in Panik verwandelte.
    Er redete nicht mit ihr. Worte hatten in dieser Situation keinen Sinn. Es musste rasch gehen, damit niemand aufmerksam wurde und sich später erinnerte. Ein Teil des Betäubungsmittels wurde bei dem Kampf verschüttet, doch das machte nichts. Er hatte das einkalkuliert.
    Ruben hielt sie fest, bis ihr Kopf zur Seite sank, ihr Körper schlaff wurde und schwer. Behutsam lieߟ er sie zu Boden gleiten und beugte sich vor. In ihren Augen spiegelte sich die Erkenntnis, dass sie verloren hatte. Dann schlief sie ein.
    Er hatte keine Zeit für Sentimentalität, obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte, als sie zu küssen. Er verschloss ihr den Mund mit Klebeband, fesselte ihre Hände und Füߟe. Nach seinen Berechnungen würde sie zwar einige Stunden schlafen, aber man konnte nie wissen.
    Dann bettete er sie so bequem wie möglich, deckte sie zu, widerstand noch einmal der Versuchung, sie zu küssen, stieg aus und setzte sich ans Steuer. Er war hellwach, hochkonzentriert und stark.
    Erst auf der Autobahn fühlte er sich halbwegs sicher. Nun musste er bloߟ noch das Kunststück vollbringen, Ilka ungesehen ins Haus zu schaffen.

    Ganz allmählich wurde ihm bewusst, was er getan hatte. Er hatte sich seinen Traum erfüllt. Hatte alle Brücken abgebrochen und ein neues Leben begonnen. Die Fahrbahn verschwamm ihm vor den Augen. Als führe er durch ein Aquarium. Doch das Bild trog. Er war nicht eingesperrt. Er war frei. Frei, das zu tun, was er wollte.
     
    »Mike«, sagte ich vorsichtig, »du darfst dich nicht so aufregen. Es gibt dafür überhaupt keinen Grund.«
    »Keinen Grund?« Er wanderte zwanghaft zwischen Fenster und Tür hin und her. »Du hast Nerven! Es ist zehn Uhr! Drauߟen ist es stockfinster und eiskalt! Und da sagst du, es gibt keinen Grund?«
    »Sie kann doch bei einer Freundin sein«, kam Merle mir zu Hilfe.
    Mike schnaubte verächtlich. Er hatte eine geschlagene Stunde am Telefon verbracht und jeden angerufen, von dem er wusste, dass er irgendwann mal mit Ilka in Berührung gekommen war. Niemand hatte etwas von ihr gehört.
    »Okay, bei einer Freundin nicht, aber vielleicht...«
    »Bei einem Freund?« Mike lieߟ sich auf das Sofa fallen. Er hatte seinen Teller nicht angerührt, obwohl wir extra seinetwegen gekocht hatten. »Das glaubst du doch nicht wirklich, oder?«
    Merle schüttelte kleinlaut den Kopf. Ilka und Mike, das war eine Einheit. So viele Schwierigkeiten sie auch haben mochten, sie waren ineinander verliebt. Man spürte es, sobald man sich in einem Raum mit ihnen befand. Ein anderer? Niemals. Dafür hätten wir beide die Hand ins Feuer gelegt.
    Wir wussten nicht weiter. Die ganze Gegend hatten wir abgesucht und sämtliche Krankenhäuser abgeklappert. Vergebens. Keine Spur von Ilka.
    »Aber ein Mensch kann doch nicht einfach von der Bildfläche verschwinden«, sagte Mike. »Das ist unmöglich.«
    Merle und ich tauschten einen raschen Blick. Wir wussten es besser. Und wenn wir es hundertmal nicht wahrhaben wollten. Mir war furchtbar kalt, dabei lief die Heizung auf vollen Touren. Auch Merle schien zu frieren. Sie umarmte sich selbst und schaukelte auf ihrem Stuhl vor und zurück.
    Ilkas Tante war bei der Polizei gewesen, doch die Beamten hatten sie wieder nach Hause geschickt. Ilka sei kein Kind mehr, und bei jungen Leuten sei es nicht ungewöhnlich, dass sie die Nacht ab und zu woanders verbrächten als zu Hause. Sie solle sich beruhigen und bis zum nächsten Morgen warten, dann habe sich das Problem hoffentlich von selbst gelöst.
    Also

Weitere Kostenlose Bücher