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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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insgeheim nicht immer gewusst, dass Ruben sie nicht in Ruhe lassen würde?
    Ruben nahm das Tablett und stellte es auf der Kommode im Flur ab. »Wenn du mir versprichst, keine Zicken zu machen«, sagte er, »dann führe ich dich jetzt durch dein kleines Reich.«
    Dein kleines Reich
. Er war wahnsinnig.
    Ilka nickte. Hauptsache, sie war nicht länger in diesem Zimmer eingesperrt. Ruben ging voran. Erschüttert folgte sie ihm von Raum zu Raum. Eine Küche, ein Wohnzimmer, das Bad, das sie bereits kannte. Alles modern eingerichtet und geschmackvoll dekoriert. Eine perfekte kleine Wohnung. Es fehlte ihr nur eines - Zeichen von Leben. Jeder Raum wirkte vollkommen unbewohnt. Die Möbel standen da wie aus dem Katalog ausgeschnitten. Kein Kratzer, keine Macke. Niemand hatte die Schranktüren geöffnet, die Schubladen auf- und zugezogen. Niemand hatte die Dusche benutzt oder die Badewanne. Das Kissen auf dem Sofa war hingelegt und nicht mehr angerührt worden.
    »Sag mir, was du brauchst«, sagte Ruben, »und ich werde es besorgen.«
    Ilkas Blick glitt über die Toilettenartikel im Bad. Shampoo. Seife. Kamm und Bürste. Cremes, Parfüm und Lotionen. Sogar an Lippenstift und Wimperntusche hatte er gedacht.
    Auf der Fensterbank standen Pflanzen.
    »Sind die echt?«, fragte Ilka.
    Ruben lächelte. »Traust du mir zu, dir was Künstliches zuzumuten?«
    »Aber dann brauchen sie Licht.«
    »Stimmt.« Ruben ging in den Flur hinaus und mit einem hellen Surren fuhren die Rollläden hoch.
    Die Enttäuschung trieb Ilka die Tränen in die Augen. Es fiel zwar Licht ins Zimmer, aber das Fenster hatte geriffelte, trübe Milchglasscheiben.
    »Sicherheitsglas«, sagte Ruben, dem ihr Blick nicht entgangen war, fast stolz. »In allen Räumen. Man kann es nicht zerschlagen. Es gibt zurzeit kein besseres zu kaufen.«
    Eisengitter und Sicherheitsglas. Ilka fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. Noch nie hatte sie eine solche Ohnmacht empfunden. Wie ein Käfer kam sie sich vor, der auf den Rücken gefallen war und sich nicht wieder aufrichten konnte. Aber sie würde nicht zappeln. Den Triumph würde sie Ruben nicht gönnen.
    »Ich bin also deine Gefangene«, sagte sie.
    »Nenn es nicht so!« Er lehnte am Rahmen der Badezimmertür, ganz entspannt, als wäre das hier ein normales Gespräch unter normalen Menschen.
    »Dann lass mich gehn.«
    Unmerklich veränderte sich seine lässige Haltung. Er war auf der Hut.
    »Bitte, Ruben! Lass mich gehn!«
    »Bestimmt möchtest du jetzt duschen und dich umziehen.« Er stieߟ sich vom Türrahmen ab und öffnete einen schmalen weiߟen Badezimmerschrank. »Hier findest du Handtücher und Waschlappen.«
    Zu ordentlichen Stapeln aufgeschichtet und nach Farben sortiert. Es war gespenstisch. Ein Puppenhaus.
    Ruben führte sie ins Schlafzimmer zurück. »Und in diesem Schrank hier sind Klamotten.« Er betrachtete Ilka mit zusammengekniffenen Augen. »Gröߟe achtunddreiߟig, stimmt€™s?«
    An alles hatte er gedacht. Alles bis ins Detail geplant. Seine kalte Perfektion versetzte ihr einen Schock. Diese Wohnung war eigens für sie eingerichtet worden. Er selbst schien nicht vorzuhaben, darin zu leben. Nirgends war auch nur das kleinste Anzeichen dafür zu erkennen.
    Voller Panik rannte Ilka los. Aus dem Zimmer. Durch den Flur. Auf die einzige Tür zu, die Ruben nicht geöffnet hatte, die Eingangstür.
    Verschlossen.
    Ilka rüttelte an der Klinke. Sie hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür und schrie.
    »Ich will hier raus! Raus! Raus!!«
    Ruben tat nichts, um sie daran zu hindern. Ruhig kam er ihr nach, blieb neben ihr stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Ilkas Schreie versickerten. Sie hatte keine Kraft mehr. Es gelang ihr auch nicht länger, die Tränen zurückzuhalten. Sie lehnte die Stirn an die Tür und weinte.
    »Die Tür ist aus Stahl«, sagte Ruben neben ihr, ganz sachlich. »Die Wohnung wurde schalldicht isoliert. Sie befindet sich in einer Villa, die einsam gelegen ist. Keine Nachbarn. Du kannst dich heiser schreien, niemand wird dich hören.«
    Ilkas Tränen sammelten sich am Kinn und tropften auf ihren Pulli. Einige liefen ihr über den Hals ins T-Shirt. Sie wischte sie nicht weg. Das Taschentuch, das Ruben ihr hinhielt, rührte sie nicht an.
    »Wie du willst.« Ruben steckte das Taschentuch wieder ein. »Du kannst dich hier unten frei bewegen. Wenn du was brauchst, rufst du mich. Hiermit.« Er zeigte auf einen Klingelknopf neben der Tür. Seine Stimme war kühl und

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