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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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bei ihr?«
    Er nickte. »Sie muss doch irgendwas wissen. Und da dachte ich einfach, ich frage sie.«
    »Schweigepflicht.« Merle stellte Käse und Brot auf den Tisch. Wenn sich jemand mies fühlte, verwöhnte sie ihn mit einer Mahlzeit. Das löste zwar keine Probleme, hob aber die Stimmung.
    »Darauf hat sie sich berufen.« Mike streckte die Beine aus und stöhnte leise.
    »Und sie hat Recht.« Merle kannte sich aus. Sie hatte oft genug mit der Polizei zu tun, auch vor Gericht hatte sie schon gestanden. Unter den Tierschützern gab es ein paar Juristen, ohne deren Kenntnisse die Gruppe sich längst aufgerieben hätte. »Sie darf nichts ausplaudern. Das ist zum Schutz der Patienten so geregelt.«
    »Klar!« Ąrgerlich streifte Mike die Decke ab und stopfte sie achtlos zwischen Sofa und Regal. »Es ist nur zu Ilkas Schutz, dass die blöde Kuh ihr Wissen für sich behält und mich im Nebel stochern lässt.«
    Das Wasser kochte und ich brühte den Tee auf. Ich machte gleich eine ganze Kanne, denn Merle und ich hatten auch einen nötig.
    »Es gibt Fälle, da fallen einem die Ohren ab.« Merle hatte den Tisch fertig gedeckt und setzte sich auf ihren Platz. »Männer, die ihre Frauen bespitzeln und über die Therapeuten an ihre Geheimnisse kommen wollen. Erpressungsgeschichten. Fiese Machenschaften von Eltern, die ihre Kinder dominieren wollen. Wirklich heftig.«
    Merle und ich hatten Hunger und langten zu. Mike rührte nicht mal seinen Tee an.
    »Vielleicht weiߟ diese Lara ja gar nichts«, überlegte ich laut. »Ich meine, nichts, was uns weiterhelfen würde.«
    »Uns?« Mike sah mich an. In seinen Augen lag so viel Resignation, dass ich Lust hatte, ihn zu schütteln.
    »Was glaubst du denn? Dass du der Einzige bist, der sich Sorgen macht?«
    »Da kennst du uns aber schlecht«, sagte Merle mit vollem Mund. »Und jetzt trink endlich deinen Tee, bevor er kalt ist.«
    Zögernd nahm Mike einen Schluck. »Kann ich euch denn da überhaupt mit reinziehen?«
    Merle verschluckte sich und bekam einen Hustenanfall. Ich klopfte ihr auf den Rücken. »Machst du Witze?«, krächzte sie. »Du hast gar keine Wahl.«
    Seine Augen schienen zu leuchten. Er fischte sich eine Scheibe Brot aus dem Korb.
    »Nur zum besseren Verständnis«, sage Merle, als sie wieder sprechen konnte, »womit hast du der Therapeutin denn gedroht? Etwa damit, sie umzubringen?« Sie grinste, um ihn zum Lachen zu bringen.
    Doch Mike lachte nicht. Er nickte.

    Merle und ich tauschten einen Blick. Aber wir sagten nichts. Mike war fix und fertig. Er brauchte dringend Schlaf. Ein Mörder würde er auch in hundert Jahren nicht werden.
     
    Seit vier Uhr in der Frühe war Ilka wach. Jetzt war es kurz vor sieben. Sie stand auf, schlüpfte in den Bademantel und öffnete den Kleiderschrank. Sie mochte die Klamotten nicht, die Ruben für sie gekauft hatte, obwohl viele ihr gefielen. Sie mochte sie nicht, weil sie nicht sein Geschöpf sein wollte.
    Am liebsten wäre sie im Bett geblieben. Sie fühlte sich matt und erschöpft. Aber sie wollte Ruben auf keinen Fall im Schlafanzug gegenübertreten. Die Kleidung war wie eine zweite Haut, die sie schützte. Und in dieser Situation brauchte sie jede Unterstützung, die sie kriegen konnte.
    Er hatte sie geschlagen!
    Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen. Dabei wollte sie nicht heulen. Ruben sollte nicht sehen, wie sehr er sie verletzt hatte.
    Sie entschied sich für eine weite schwarze Wollhose und den dicksten Pullover, den sie finden konnte. Ihr war schrecklich kalt.
    Unter der Dusche entspannte sie sich. Soweit das möglich war bei einer Tür, die sie nicht abschlieߟen konnte. Sie lieߟ sich das warme Wasser übers Gesicht laufen und stellte sich vor, sie wäre zu Hause. Oder bei Mike.
    Vielleicht kam sie nie wieder hier raus. Vielleicht würde er nie erfahren, was mit ihr geschehen war. »Mike«, flüsterte sie. »Mike. Mike. Mike.«
    Was würde er ihr raten?
    Er war ein logisch denkender Mensch. Er würde ihr raten, die Situation zu analysieren und sich darauf einzustellen.
    Ilka trocknete sich ab und zog sich an. Sie kämmte sich, was immer eine schwierige Aktion war, und beschloss, die Haare an der Luft trocknen zu lassen. Dann ging sie ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa.
    Sie befand sich im Keller einer einsam gelegenen Villa. Die Wohnung war schalldicht isoliert. Die Fensterscheiben waren aus bruchsicherem Glas. Das bedeutete, dass sie keine Hilfe herbeirufen konnte. Ebenso wenig würde es ihr

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