Der männliche Makel: Roman (German Edition)
gesellschaftlichen Anlässen plaudert, so geschickt auszuweichen? Wirklich merkwürdig.
Seth hatte vorsichtshalber am Morgen nach dem katastrophalen Abendessen bei einer Runde Golf ein Gespräch mit Sir Gavin geführt. Dabei hatte er beiläufig anklingen lassen, Eloise Elliots neuer Freund schiene ein Mann mit, sagen wir einmal, den falschen Freunden zu sein. Obwohl Sir Gavin mit einem gleichgültigen Nicken in Richtung Fairways marschiert war, war Seths Neugier nun wirklich geweckt. Er hatte Blut geleckt und war fest entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Welcher Sache eigentlich?
Da war er selbst noch nicht ganz sicher, aber eines stand fest. Die Chefredakteurin einer führenden Zeitung wie der Post war eine öffentliche Person. Und deshalb musste ihr Privatleben über alle Zweifel erhaben sein. Also war es doch nur im Interesse des Vorstands, wenn man ihn auf dunkle Flecken in der Vergangenheit von Eloises neuem Partner hinwies, oder? Aber natürlich. Solange Seth etwas mitzureden hatte. Und falls irgendwelche zweifelhaften Kontakte ein schlechtes Licht auf Madame Elliot werfen sollten, dann war das doch wohl kaum seine Schuld, oder?
Und aus diesem Grund war er eines späten Abends um elf auf dem Weg in Finnegan’s Bar in der Poolbeg Street. Der Pub war ein Treffpunkt für Journalisten der alten Schule.
Wieder mal typisch für Jimmy Kelly, sich ausgerechnet diesen Schuppen auszusuchen, dachte Seth abfällig. Er bemerkte ihn sofort in einer Ecke, wo er vor einem großen Glas Guinness saß. Doch Jimmy Kelly war nun einmal ein Schreiberling vom alten Schlag, an den sich jeder bei der Post wandte, wenn er Informationen der, nun ja, vertraulicheren Art brauchte.
»Da sind Sie ja. Zu spät«, brummelte Jimmy, als Seth sich auf dem hölzernen Barhocker ihm gegenüber niederließ.
Er entschuldigte sich nicht für seine Unpünktlichkeit, sondern kam sofort auf den Punkt. Je eher er aus dieser Kaschemme flüchten konnte, desto besser.
»Sie müssen mir einen Gefallen tun«, sagte er zu Jimmy.
»Klar, weshalb hätten Sie mich sonst anrufen sollen?«
»Könnten Sie Eloise Elliots neuen Freund für mich überprüfen? Der Typ heißt …«
»Lassen Sie mich raten«, erwiderte Jimmy und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück.
»Ein gewisser Jake Keane, liege ich richtig?«
Seth nickte.
»Woher wussten Sie das?«, fragte er, ein wenig verdattert, weil Jimmy ihn so rasch durchschaut hatte.
»Dinge zu wissen ist mein Geschäft«, entgegnete Jimmy ausweichend.
»Und was können Sie mir über ihn sagen?«
»Falls Sie Hintergrundinformationen über diesen Typen wollen«, meinte Jimmy und trank einen Schluck Guinness, »kann ich uns beiden einige Umwege ersparen. Aber ich warne Sie. Das wird Sie etwas kosten.«
Eine halbe Stunde später stand Seth, erleichtert, den Kneipenmief hinter sich zu lassen, wieder auf der Straße und war so selig wie schon seit Monaten nicht mehr.
Denn unter Eloise Elliots Karriere tickte eine Zeitbombe.
Und er wusste genau, wie man sie am besten zündete.
Kapitel dreizehn
Eloise hatte seit dem Firmenwochenende nichts mehr von Jake gehört. Er war mit Sack und Pack aus Helens Wohnung ausgezogen und ging nicht ans Mobiltelefon. Wenn Eloise in ihrer seltenen Freizeit Gelegenheit hatte, düsteren Gedanken nachzuhängen, schwankte ihre Stimmung zwischen unsäglicher Wut auf ihn und seit einiger Zeit auch der Sorge, was nur aus ihm geworden sein mochte.
Offen gestanden wurde es von Tag zu Tag schwerer zu sagen, was schlimmer war.
Ja, sie hatte richtig Mist gebaut und so vieles falsch gemacht. Das war ihr klar, und der Himmel wusste, wie oft sie sich deshalb mit Vorwürfen zermürbt hatte. Doch wenn sie es zuließ, konnte sie auch zornig auf ihn sein. Sie war so unbeschreiblich wütend, weil er einfach empört davonmarschiert war, ohne die Freundlichkeit zu besitzen, ihr noch eine zweite Chance zu geben. Hatte er nicht gerade selbst eine bekommen? Aber nein. Anstatt ihr ihre Fehltritte zu verzeihen und noch einmal von vorne anzufangen, schmollte er und ließ sie schmoren, während er sich irgendwo versteckte. Er bestrafte sie, quälte sie und benahm sich absolut kindisch.
Und natürlich verwandelte sich dieser Zorn rasch in Ärger über sich selbst. Verdammt, dachte sie, wenn es ihr zur Abwechslung einmal besser ging. War es nicht Mist wie dieser, weshalb sie sich bewusst entschieden hatte, einen Bogen um Beziehungen zu machen? Oder sogar Freundschaften? Denn so etwas geschah
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