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Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Titel: Der männliche Makel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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schließlich war sie ja dafür berüchtigt, keine zwischenmenschlichen Kontakte zu pflegen, solange sie nicht beruflich bedingt waren und wirklich kein Weg daran vorbeiführte. Und selbst dann kam sie als Letzte, ging als Erste, klammerte sich in der Stunde ihrer Anwesenheit ungeduldig an ihr Wasserglas und fragte etwa alle zehn Minuten die Mails auf ihrem iPhone ab.
    Gut, sie hatte sich auf der Weihnachtsfeier blicken lassen, hauptsächlich deshalb, weil ihr nichts anderes übrig geblieben war. Immerhin war sie die Chefin hier, und selbst sie wusste, dass ihr Fernbleiben einen miserablen Eindruck gemacht hätte. Aber im Grunde genommen war sie ihre eigene beste Freundin und mit diesem Zustand auch völlig zufrieden. Sie war eine Insel, und Beliebtheit war nun einmal ein Thema, für das Inseln sich nicht zu interessieren brauchten. Eine Einstellung, die, als sie so an einem leeren Schreibtisch zwischen vielen Reihen unberührter Weingläser saß, recht nützlich sein konnte.
    Geistesabwesend nestelte sie an der Schnur eines kitschigen rosafarbenen Ballons mit der Aufschrift Happy Birthday herum, der neben ihr in der Luft schwebte. Und dabei gestattete sie sich zum ersten Mal seit Jahren einen seltenen Moment der Selbstreflexion.
    Willkommen in meinem Leben, dachte sie. Dreißig Jahre alt und absolut allein. Keine Freunde. Kein Mann. Keine Kollegen, die – welch anmaßender Wunsch – freiwillig ihre Zeit mit mir verbringen wollen. Einfach niemand. Natürlich hatte sie eine Familie, die sie allerdings so selten sah, dass sie kaum eine Rolle spielte. Da war eine Mutter, die inzwischen in einer Doppelhaushälfte in Marbella wohnte, ihre Sonnenbräune pflegte und die besorgniserregende Angewohnheit entwickelt hatte, tagsüber zu trinken. Doch trotz der wöchentlichen Telefonate und der zahlreichen Einladungen, »einfach in den nächsten Flieger zu steigen und ein bisschen Sonne zu tanken«, besuchte Eloise sie nur zu Weihnachten. Wenn überhaupt. Sie hatte noch eine jüngere Schwester namens Helen, aber die war vor einigen Jahren nach Cork gezogen. Außerdem war es zwischen ihnen eine unausgesprochene Übereinkunft, dass sie eigentlich nichts gemeinsam hatten, weshalb sie nur selten miteinander redeten, und auch das nur aus Gründen der Höflichkeit.
    Offen gestanden störte es Eloise nur selten, dass sie keine Freunde hatte, denn wie kann man etwas vermissen, das man ohnehin nicht kennt? Das ging schon seit der Grundschule so, als sie immer Klassenbeste gewesen und von den anderen Kindern, mies und grausam, wie Kinder eben sind, ausgegrenzt und gemobbt worden war. Wer wollte schon mit einem Mädchen befreundet sein, das den Lehrern ständig damit in den Ohren lag, dass es mehr und schwierigere Hausaufgaben aufbekommen möchte?
    Und so wuchs sie, was nicht überraschend war, sehr unabhängig auf und brauchte eigentlich keine anderen Menschen. Schließlich war sie mit ihrem Beruf verheiratet, ja, sie und ihr Beruf waren eins. Übrigens war sie auch die jüngste Chefredakteurin, die die Post jemals beschäftigt hatte, und konnte das sogar mit einigen stressbedingten Magengeschwüren belegen. Innerhalb weniger Jahre hatte sie nicht nur die Auflage verdreifacht, sondern dem Blatt auch eine neue Leserschaft erschlossen. Morgens war sie die Erste am Schreibtisch, abends die Letzte, die ging, denn sie war keine Frau für beschauliche Stunden, Freunde, Familie oder geselliges Beisammensein. Niemals. Tut mir leid, keine Zeit.
    Im Laufe der Jahre war sie von vielen Kollegen darauf angesprochen worden, warum sie so besessen von ihrem Beruf sei. Doch Eloise empfand solche Fragen, als hätte sich jemand erkundigt, warum sie sich überhaupt die Mühe machte, Luft zu holen. Sie liebte ihren Job, weil er sie beflügelte und ihrer Seele Nahrung gab wie sonst nichts anderes auf der Welt. Deswegen hatte sie nichts dagegen, oft noch länger in der Redaktion zu sitzen. Und darum begriff sie einfach nicht, wieso ihre Mitmenschen sich nicht mit dem gleichen Elan ins Zeug legten.
    Kein Wunder, dass die Leute nicht mit ihr warm wurden. Hinter ihrem Rücken hatten ihre Untergebenen bereits einige Spitznamen für sie erfunden, von denen sich allerdings keiner hielt, da allein der Satz »Eloise Elliot möchte Sie sofort in ihrem Büro sehen« eine einschüchternde Wirkung hatte. Schnörkellos, geradeheraus und absolut ausreichend, damit jeder bedauernswerte Mitarbeiter erbleichte und zitternd verstummte.
    Allerdings musste man ihr

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