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Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Titel: Der männliche Makel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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Nachmittage wöchentlich zu opfern, um über die Sitzungen zu berichten, wenn nicht gerade ein sensationeller, medienwirksamer Mordprozess stattfand, über den das halbe Land sprach.
    »Also keine scharfen, langbeinigen Models, die irgendeines unserer Konkurrenzblätter wegen übler Nachrede verklagen«, witzelte Kian vom Sport, worauf die Männer am Tisch zu kichern anfingen. »Schade. Wir könnten ein paar Fotos von einer ehemaligen Miss Irland mit verlaufener Wimperntusche beim Kreuzverhör gut gebrauchen. Ich sehe die Bildunterschrift schon vor mir: Alle Bräunungscreme der Welt kann sie nicht retten …«
    »Pst, Ruhe, Kian … entschuldige, sprich weiter, Joe«, mahnte Eloise.
    »Okay, hier ist meine Story … sagt dir der Name Michael Courtney etwas?«, erwiderte Joe lässig über den Tisch hinweg.
    Alle anderen Anwesenden unterhielten sich weiter, sodass das übliche Stimmengewirr herrschte. Nur Eloise blickte ruckartig von ihren Notizen auf.
    »Was ist mit ihm?«
    »Nächste Woche kommt er endlich vor Gericht. Das wird sicher spannend. Inzwischen sitzt er schon seit knapp drei Jahren in Portaloise in Untersuchungshaft, während man versucht, genügend Zeugen zusammenzukriegen, die bereit sind, gegen ihn auszusagen. Und das ist leichter gesagt als getan. Das wäre etwas für Seite sechs, später vielleicht sogar für Seite drei. Ich schaue, was sich machen lässt. Im Moment kann ich dir etwa fünfhundert Wörter darüber anbieten, weswegen man ihn anklagen und wie das Urteil vermutlich ausfallen wird. Außerdem könnte ich die Leser daran erinnern, was für ein schwerer Junge der Kerl ist. Ich könnte ein kurzes Profil darüber schreiben, was ihm vorgeworfen wird und aus welchen Gründen er hinter schwedischen Gardinen gelandet ist … Was hältst du von ungefähr fünftausend Wörtern?«
    Das Gemurmel dauerte an. Nur Eloise starrte Joe an und erbleichte zusehends.
    »Nein«, entgegnete sie mit Nachdruck. »Wir berichten nicht darüber. Und wir erwähnen auch die Anklagepunkte nicht.«
    »Hoppla, Eloise, der Prozess gegen Michael Courtney wird eine Sensation und ist es wert …«
    »Ich habe Nein gesagt«, gab sie beinahe patzig zurück und wünschte, sie könnte ihren unangemessenen Tonfall ungeschehen machen, sobald sie die Worte ausgesprochen hatte.
    »Ich finde trotzdem, dass wir die Leser daran erinnern sollten, was damals passiert ist. Schließlich ist es inzwischen über drei Jahre her, weshalb wir ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen müssen. Damals war es ein großer Aufmacher auf Seite eins, wie du sicher noch weißt. Eine tolle Story.«
    »Ich weiß es noch sehr gut, danke. Doch im Moment halte ich es nicht für nachrichtenwürdig. Tut mir leid, Joe, Nein heißt Nein.«
    »Tja, wenn wir es nicht bringen, wird sich der Chronicle die Hände reiben …«
    »Sollen sie doch. Lass dir etwas anderes einfallen. Also gut, wer ist der Nächste? Gut, Kian, da du offenbar gerade recht redselig bist, erzähl mal, was im Sport los ist.«
    Und so nahm die Sitzung ihren Lauf, ohne dass jemandem etwas aufgefallen wäre. Schließlich berichtete die Post häufig nicht über Ereignisse, wenn das Thema als zu trivial, sensationslüstern oder einer niveauvollen Zeitung nicht würdig eingestuft wurde.
    Doch Seth, der Eloise genau gegenübersaß, hatte die Szene schweigend beobachtet.
    Er konnte sein Glück kaum fassen.
    Nur noch ein paar Tage, dachte er. Dann würde die Warterei ein Ende haben.
    Dann war er am Ziel.

Kapitel vierzehn
    Am nächsten Morgen wandte sich Ben Casey mit einem tiefen Seufzer vom Computerbildschirm in seinem Homeoffice ab.
    Ach herrje, was sonst noch? Denn ganz gleich, wie man es auch drehte und wendete, es waren schlechte Nachrichten.
    Und zwar ausgesprochen schlechte.
    Jake Keane war ihm schon immer sehr sympathisch gewesen, und zwar seit er damals in Wheatfield unter seine Aufsicht gestellt worden war. Ben war Bewährungshelfer und kannte seine Pappenheimer. Für so viele seiner Jungs hatte er sich eingesetzt, während sie noch im Gefängnis saßen, und versucht, draußen ehrliche Arbeit für sie zu finden.
    Allerdings wusste Ben nur zu gut, wie rasch einige der Jungs wieder auf die schiefe Bahn gerieten. Leicht verdientes Geld war zu verführerisch, weshalb er nahezu täglich auf verlorenem Posten kämpfte. Trotz aller intensiven Beratung und beruflicher Begleitung waren schwindelerregende neunzig Prozent der Männer, mit denen er zu tun hatte, Wiederholungstäter. Sie hatten nicht das

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