Der Magier von Fairhaven
Jeslek im Sinn hatte?
Cerryl sah sich im Nebel um, der sich allmählich in einen echten Regenschauer verwandelte, und fragte sich, ob Leyladin wohlbehalten in Lydiar angekommen war und was in Diev auf ihn wartete. Hatte der Schmied noch weitere mörderische Geräte ersonnen? Schon wieder eine Überraschung? Oder würde Diev so leicht fallen wie Spidlaria?
Ein warmer Schauer ging nieder, während die Hufe des Wallachs auf der schmalen Steinbrücke klapperten.
LVIII
I m orangefarbenen Licht, das sich nach der grauen Dämmerung über den Himmel gelegt hatte, trat Cerryl zu dem Zelt aus Seide, das ein paar Dutzend Schritte neben dem Haus des Hirten stand. Eigentlich war es kein Haus, sondern eher eine Hütte oder eine Kate, in der er und Fydel die Nacht verbracht hatten.
Hinter dem Zelt stiegen die Rauchsäulen der Kochfeuer in den Himmel und der Geruch von bratendem Lammfleisch hing in der stillen Luft. Cerryl schluckte, einerseits durch den Geruch hungrig geworden, andererseits unsicher, ob er noch mehr von dem schweren, streng schmeckenden Fleisch vertragen würde. Besser schweres Essen als überhaupt keins. Er kratzte sich am Unterarm. Ein Insekt hatte offenbar irgendwie überlebt, als er am Vorabend das schmutzige Gebäude mit einer Prise Chaos-Energie ausgeräuchert hatte. Er trat vorsichtig auf, denn er wusste, dass seine Stiefel auf dem vom Regen glatten, niedergetrampelten Gras und auf den Pferdeäpfeln leicht ausrutschten.
»Chaos oder nicht, Ihr habt sie nicht alle erwischt«, murmelte Fydel, der ein paar Schritte hinter dem jüngeren Magier ging und ebenfalls seine Stiche kratzte.
»Es war immer noch besser als ganz ohne Ausräuchern.«
Fydel grunzte nur.
Cerryl wich dem Zelt des Erzmagiers aus und ging zu den Kochfeuern. »Unser Erzmagier und seine Gehilfin rühren sich noch nicht.«
»Sie haben sich zweifellos die ganze Nacht eifrig gerührt«, schnaubte Fydel. »Lasst uns sehen, ob wir etwas zu essen bekommen.«
Sie trafen Hiser und Teras am Kochfeuer, wo Cerryl sich eine heiße, vor Fett triefende Keule nahm. Er blieb am Feuer stehen und aß abwechselnd hartes Brot und zähes Lamm, wobei er sich immer wieder vorbeugen musste, damit der Saft nicht auf die weiße Kleidung tropfte. Fydel kaute geräuschvoll, aber alle schwiegen beim Essen. Mit gespitzten Ohren lauschte Cerryl den Bemerkungen der Offiziere und Unteroffiziere am benachbarten Feuer.
»… so langsam voran … nichts zu sehen …«
»… auch nicht viel zu sehen, als die Blauen dieses Ordnungs-Feuer benutzt haben, um ein paar Dutzend Züge Rekruten und einige Magier zu erledigen … so eilig?«
»Ich will es einfach nur runter mich bringen.«
»… damit du möglichst bald in einem anderen Krieg umkommst? Zum Beispiel gegen Hydlen?«
Über die letzten Worte musste Cerryl unwillkürlich lächeln.
»Glaubt Ihr, wir werden auch Hydlen besetzen?«, fragte Fydel.
»Wir müssen etwas unternehmen. Ich würde sagen, lieber heute als morgen, aber die Entscheidung liegt natürlich beim Rat und beim Erzmagier.«
»Der Rat wird Jesleks Vorschlägen zustimmen.«
»Wie es auch sein sollte«, warf Anya ein.
»Guten Tag.« Cerryl drehte sich um und neigte höflich den Kopf.
»Tag«, grunzte Fydel.
»Cerryl … Fydel … Jeslek möchte Euch sofort sehen.« Anyas Stimme klang kühl und ein wenig drohend. Kaum dass sie das letzte Wort gesprochen hatte, machte sie kehrt und ging ins weiße Seidenzelt zurück.
»So von sich eingenommen«, murmelte Fydel mit vollem Mund.
Das war sie schon immer. Sie war es auch damals, als sie dich um den Finger gewickelt hat. »Mag sein. Aber Jeslek scheint in der letzten Zeit etwas unduldsam.«
Die beiden Magier folgten Anya ins Zelt.
Jeslek saß am kleinen Tisch auf einem Hocker und nippte Wein aus dem einzigen Weinglas, das es hier zu geben schien. »Kommt herein. Wir haben heute viel zu tun.«
Anya, die sich neben ihm aufgebaut hatte, nickte.
Cerryl und Fydel traten vor und blieben’ auf der anderen Seite des Tisches stehen.
»Cerryl, Ihr habt bisher auf der Straße keine Hinweise auf Vorrichtungen des Schwarzen Schmieds gefunden. Ist das richtig?«
»Bisher schon«, erwiderte Cerryl vorsichtig.
Jeslek runzelte die Stirn. »Einen Augenblick. Ich bin gleich wieder da.« Er stand auf. »Anya, Ihr könnt fortfahren. Ihr kennt ja meine Wünsche.«
Cerryl verkniff sich ein Stirnrunzeln. Jeslek war sehr eilig hinausgegangen. Litt er am Bauchfluss? Aber so etwas hätte der Erzmagier doch leicht
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