Der Magier von Fairhaven
»dann ist er fort und wird uns und Spidlar keinen Ärger mehr machen.« Sie richtete die hellen Augen auf Cerryl. »Ihr bereitet Euch am besten auf den Ritt vor. Wir haben noch viele Meilen vor uns.«
Cerryl ignorierte die Bemerkung und wandte sich an Jeslek. »Ich werde sehen, ob ich in den nächsten Tagen noch mehr herausfinden kann.« Er nickte und wandte sich ab.
LVII
C erryl zügelte den Wallach auf der Anhöhe und sah zum Wald, dann nach Nordwesten, wo sich die Straße durchs Land schlängelte. Mehr als eine Meile konnte er nicht überblicken, weil der leichte Nebel, der am Nachmittag aufgekommen war, einen grauen Mantel über das Land gedeckt hatte. Ein feuchter Luftzug brachte den Duft der Tannen und Kiefern mit, durch die sie fast einen ganzen Tag lang geritten waren.
Die hügelige, gewundene Straße von Kleth nach Diev war völlig verlassen und der Regen hatte alle Spuren von Pferden oder Wagen verwischt, als wäre hier seit Achttagen niemand mehr durchgekommen.
Cerryl stellte mit seinen Lanzenreitern die Vorhut. Wie üblich, wenn Gefahr durch Schwarze Ordnung droht.
»Seid Ihr sicher, dass dies der richtige Weg ist, Ser?« Hiser sah den besorgten Magier fragend an.
»Doch, es ist der richtige Weg. Wir haben etwa die halbe Strecke nach Diev zurückgelegt.«
»Es ist unnatürlich still. Selbst als ich in Gallos war, wo der Erzmagier die Berge wachsen ließ … selbst da habe ich hier und dort ein paar Leute gesehen. Nicht viele, aber doch ein paar.« Hiser beugte sich vor und starrte durch den warmen, hauchfeinen Niederschlag auf die Straße, deren Staub noch nicht einmal feucht geworden war. »Es ist weit und breit niemand zu sehen.«
»Sie werden sich erst blicken lassen, wenn wir in der Nähe von Diev sind.«
»Und die blauen Bewaffneten?«, fragte der Unteroffizier. »Was ist mit ihnen passiert?«
»Die meisten haben die Schlacht von Kleth nicht überlebt, und wer überlebt hat, ist dieser Straße gefolgt. ’* Das war aber schon vor drei Achttagen. Einige sind auch an der Küste entlang geflohen.« Cerryl zuckte mit den Achseln und überprüfte mit Sinnen und Augen das Straßenstück, das unter ihnen vor dem Hügel lag. Außer Bäumen und Unterholz konnte er links und rechts der Straße nichts entdecken. »Diejenigen, die nicht geflohen sind … ich nehme an, sie geben sich jetzt als Bauern oder etwas Ähnliches aus.« Er trieb den Wallach wieder an. »Dieser Abschnitt hier scheint sauber zu sein.« Ich hoffe es jedenfalls.
Hiser lenkte sein Pferd neben Cerryl. »Ser, ich bitte um Verzeihung, aber wir kämpfen hier jetzt schon seit zwei Jahren und ich verstehe einfach nicht, warum die Leute solche Angst vor Euch Magiern haben. Ich meine, vor Eurer Herrschaft. Ihr macht es doch nicht anders als viele andere Herrscher.«
Cerryl hustete leise. »Doch, wir machen eine Menge anders. Wir schleudern Chaos-Feuer, und viele von uns können es erkennen, wenn jemand lügt. Die meisten Menschen können keine Feuerkugeln schleudern und deshalb sind sie ängstlich und auch neidisch.«
»Aber … aber auch mit Pfeilen kann man einen Mann töten. Oder mit Schwertern und Lanzen. Oder man kann am Bauchfluss sterben.«
»Die Menschen fürchten vor allem das, was sie nicht verstehen, Hiser. So geht es beispielsweise vielen Weißen Magiern und gewöhnlichen Leuten mit Recluce.« Cerryl sah zum Hang jenseits der Steinbrücke, die in der vor ihnen liegenden Senke über einen kleinen Bach führte. »Niemand will jemanden um sich haben, der es spürt, wenn man lügt. Wir lügen alle, und die Wahrheit ist etwas, das jeder Mann und jede Frau fürchtet.« Er rutschte ein wenig im Sattel herum und zuckte mit den Achseln. »Außerdem wollen die Leute nicht für das bezahlen, was die Gilde für sie tut. Sie wollen die Straßen und den Wohlstand, aber jemand anders soll die Goldstücke dafür aufbringen. Die Gilde und Fairhaven können nicht lange ohne die Straßen und die Wegezölle überleben. Aber Leute wie die Händler in Spidlar wollen die Straßen benutzen, um billige Waren aus Hamor und Recluce zu verkaufen, ohne die Straßengebühren zu entrichten. Die Gilde würde schon lange nicht mehr auf diese Weise herausgefordert, und die Menschen haben vergessen, wie ein Krieg aussieht, in dem das Chaos entfesselt wird.«
»Diesen hier werden sie so schnell nicht vergessen.«
»Sie werden ihn so schnell wie möglich vergessen wollen.« Falls die Gilde nicht einige Dinge ändert. Er überlegte. War es dies, was
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