Der Magier von Fairhaven
als fünf Meilen von der Stadt entfernt waren und bereits auf der Straße fuhren, die am Westufer des Jellicor verlief. Auch danach schaute Jeslek sich noch hin und wieder um.
Als Anführer der ersten Abteilung der Lanzenreiter ritt Hauptmann Senglat direkt hinter den Magiern. Irgendwo in der Mitte des Marschzuges, in der Nähe des zweiten weißen und roten Banners, ritt Teras, der zweite Hauptmann.
Der Frühlingsregen hatte wenigstens den Vorteil, dass es nicht so viel Staub geben würde, dachte Cerryl. Aber wenn der Boden aufweichte, würden andererseits die Wagen am Ende des Zuges nur langsam vorankommen. Weiter im Norden mochte der Fluss außerdem Hochwasser führen, weil von den Osthörnern Schmelzwasser und die Wassermassen der letzten Niederschläge herunterkamen. Möglicherweise war dort sogar die Straße überflutet, was für weitere Verzögerungen sorgen würde. Die vereinzelt am Flussufer stehenden Bäume hatten bereits die ersten neuen Triebe und die grauen Winterblätter färbten sich allmählich grün, sodass die Bäume aussahen, als hätten sie sich ein scheckiges Kleid übergestreift.
Cerryl ritt schweigend und gedankenverloren, während Anya und Jeslek sich leise unterhielten.
»Er wird die Rekruten schicken … Cerryl hat dafür gesorgt …«
»… mehr als viertausend in der Truhe …«
»… eine Weile helfen … auch die fünftausend, die Rystryr nach Fairhaven schickt …«
»… denn, er wird es wirklich tun?«
Jeslek lachte kehlig, dass Cerryl jäh aus seinen Träumereien gerissen wurde. »Er wird. Ich habe dafür gesorgt, dass jemand ihm etwas über Lyam erzählt, den früheren Präfekten von Gallos, und über den verstorbenen Fürsten Berofar. Rystryr wird tun, was wir von ihm verlangen – ungefähr ein Jahr lang. Herrscher haben ein kurzes Gedächtnis, daher müssen wir sie gelegentlich an ihre Verpflichtungen erinnern.« Wieder ertönte ein Lachen, leiser als das erste.
Haben Herrscher wirklich ein kurzes Gedächtnis oder fallen uns ihre Fehler nur deutlicher auf, weil wir genauer darauf achten? Cerryl wusste es nicht, aber er hielt die zweite Möglichkeit für die wahrscheinlichere.
Die Sonne stand schon ein gutes Stück über dem Horizont und warf aus dem strahlend grünblauen Himmel ihr goldenes Licht auf die Welt, als sie eine Stelle erreichten, an der die Straße etwas breiter wurde. Jeslek bedeutete Cerryl und Fydel aufzuschließen.
»Fydel, Ihr und Cerryl reitet mit dem Haupttrupp der Lanzenreiter. Anya und ich werden die Vorhut anführen. Sobald wir weitere zehn Meilen nördlich von dieser Uferstraße und weit genug von Jellico entfernt sind, werden wir uns trennen. Ihr zwei werdet mit Teras die schweren Wagen und die Vorräte schützen. Wir erwarten Euch dann in Axalt.«
»In Axalt?«, fragte Fydel. »Dann wollen wir dort durch die Osthörner?«
»Das ist der kürzeste Weg nach Spidlar, wenn wir nicht Gallos durchqueren wollen«, antwortete der weißhaarige Erzmagier. »Wir werden dafür sorgen, dass die Straße durch Axalt für die certischen Rekruten, die uns in vier oder fünf Achttagen folgen werden, frei ist.«
Während Jeslek sprach, blickte Cerryl sich über die Schulter um. Die Mauern Jellicos waren fast nicht mehr zu erkennen.
»Axalt hat noch nie Lanzenreiter und Bewaffnete eingelassen …« Fydel brach ab, als Anya die hellen Augen auf ihn richtete, nachdem sie sich halb herumgedreht hatte, um den Wortwechsel zu verfolgen.
»Axalt hat nicht auf unseren Rat gehört und keinerlei Wegezölle entrichtet. Von Axalt stehen noch einige Zahlungen aus.« Der Erzmagier lächelte. »Axalt wird bezahlen.«
Cerryl zuckte leicht zusammen, als er Jesleks Gesichtsausdruck sah. Der junge Magier hatte eine sehr klare Vorstellung, auf welche Weise der Erzmagier die Gebirgsstadt bezahlen lassen wollte.
Jeslek trieb sein Pferd an, bis er vor den anderen Magiern ritt, und Anya folgte seinem Beispiel. Cerryl und Fydel ritten schweigend hinterher.
Mehr als eine Meile legten sie wortlos zurück, dann lenkte Cerryl seinen Wallach wieder nach vorn. »Wer wird Shyrens Platz in Jellico einnehmen? Ist das schon entschieden?«, fragte er den Erzmagier.
Jeslek drehte sich nicht um und antwortete nicht sofort, aber Cerryl ritt so lange, weiter direkt hinter dem Erzmagier, bis dieser sich zu einer Antwort herabließ. »Ich habe Gorsuch abberufen. Er ist genau im Bilde, was den Ländern geschieht, die sich Fairhaven nicht beugen. Genau wie Ihr jetzt versteht, warum die Regeln beim
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