Der magische Pflug
wie man die Dinge tut, die die Macher früher taten, dann müßt Ihr auch das Wesen der Dinge begreifen. Ihr könnt nichts verändern, was Ihr nicht versteht.«
»Und ich kann auch nichts verstehen, was ich nicht sehe.«
»Falsch! Absolut falsch, Alvin Smith! Gerade das, was Ihr sehen könnt, läßt sich unmöglich verstehen. Die Welt, die ihr tatsächlich seht, ist nichts anderes als ein Beispiel, ein Sonderfall. Aber die ihr zugrunde liegenden Prinzipien, die Ordnung, die alles zusammenhält, die ist immer unsichtbar. Die kann nur in der Vorstellung entdeckt werden, und das ist genau der Teil Eures Geistes, den Ihr am meisten vernachlässigt habt.«
Nun, gestern abend war Alvin einfach wütend geworden, worauf sie gesagt hatte, das sei die Garantie dafür, daß er dumm bleiben würde, worauf er wiederum gesagt hatte, daß ihm das schon recht sei, solange er gegen alle Wahrscheinlichkeit am Leben bliebe, indem er so dumm blieb, wie er war, ohne daß sie ihm half. Und dann war er nach draußen gestürzt und hatte zugesehen, wie der erste Schnee dieses Sturms gefallen war.
Er war nur ein kleines Stück gegangen, als ihm klar wurde, daß sie recht hatte und daß er es die ganze Zeit gewußt hatte. Er hatte immer seinen Funken ausgesandt, um zu sehen, was da war; doch wenn er dann etwas verändern wollte, mußte er sich erst einmal ausdenken, was er wollte. Er hatte an etwas denken müssen, daß gar nicht da war, hatte ein Bild davon im Geist aufrechthalten müssen, und dann, auf jene Weise, mit der er geboren war und die er immer noch nicht verstand, hatte er sagen müssen: Siehst du das? So solltest du werden! Und dann, manchmal schnell, manchmal langsam, gerieten die Bestandteile in Bewegung, bis sie sich genau richtig angeordnet hatten. So machte er das immer: Indem er ein Stück vom lebenden Fels abtrennte; indem er zwei Holzstücke miteinander verband; indem er das Eisen stark und widerstandsfähig streckte – indem er die Hitze des Feuers gleichmäßig am Boden des Brenntopfs verteilte. Ich sehe im Geist also doch etwas, was gar nicht da ist, und das ist es, was dafür sorgt, daß es kommt.
Einen schrecklichen, schwindelerregenden Augenblick lang fragte er sich, ob möglicherweise die ganze Welt nichts anderes war als das, was er sich einbildete, und ob sie sich einfach auflösen würde, wenn er aufhörte, sich etwas vorzustellen. Doch nachdem er sich wieder zusammengenommen hatte, erkannte er auch, daß es in diesem Falle nicht so viele merkwürdige Dinge auf der Welt gäbe, die er sich niemals hätte ausdenken können.
Vielleicht wurde die Welt ja nur von Gott geträumt. Aber nein, das konnte auch nicht sein. Denn wenn Gott Männer wie den weißen Mörder Harrison erträumte, dann war er kein allzu guter Gott. Nein, Alvin konnte sich allenfalls vorstellen, daß Gott ziemlich ähnlich arbeitete wie Alvin selbst – daß er dem Fels der Erde und dem Feuer der Sonne einfach sagte, wie sie zu sein hatten, damit sie dann auch so wurden. Aber wenn Gott Leuten sagte, wie sie zu sein hatten, dann machten sie ihm nur eine lange Nase und lachten ihn aus, meistens jedenfalls; oder sie taten so, als würden sie gehorchen, während sie trotzdem nur machten, was ihnen gefiel. Die Planeten und die Sonnen und die Elemente, die mochten vielleicht alle dem Geist Gottes entspringen, aber Menschen waren viel zu störrisch und lästig, als das sie dafür irgend jemand anders hätten verantwortlich machen können als sich selbst.
Und das war auch ungefähr die Grenze, die Alvins Denken letzte Nacht im Schnee erreichte – darüber nachzudenken, was er niemals erfahren konnte. Dinge wie: Ich frage mich, wovon Gott wohl träumt, wenn er jemals schlafen sollte; und sollten alle seine Träume Wirklichkeit werden, dann erschafft er jede Nacht eine völlig neue Welt voller Leute. Fragen, die ihm dem Macher sein keinen winzigen Schritt näher brachten.
Also begann er heute, wie er so durch den Schnee stapfte und auf dem Weg zum Gasthof gegen den Wind ankämpfte, wieder über die ursprüngliche Frage nachzudenken – wie ein Atom wohl sein mochte. Er versuchte, sich etwas vorzustellen, daß so winzig war, daß er es nicht zerschneiden konnte. Aber immer, wenn er sich einen solchen Gegenstand vorstellte – eine kleine Schachtel oder einen kleinen Ball oder so etwas –, dann stellte er sich dazu gleich vor, wie er es aufspaltete.
Die einzige Möglichkeit, wie er etwas nicht zerteilen konnte, bestand darin, daß es so dünn wäre,
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