Der magische Pflug

erbauen zu wollen, und sie selbst dann noch weiterzubauen, wenn ich nicht dabei bin. Versteht Ihr, Miss Larner? Die Kristallstadt ist nichts, was ein einzelner Macher erschaffen kann. Es ist eine Stadt von Machern; ich muß alle möglichen Leute finden und irgendwie zu Machern machen.«
    Als er es aussprach, erkannte sie, daß dies tatsächlich die Aufgabe war, zu der er geboren war – und die Mühsal, an der sein Herz zerbrechen würde. »Ja«, sagte sie. »Das ist wahr, ich weiß es.« Und sich selbst zum Trotz konnte sie sich jetzt nicht anhören wie Miss Larner, gelassen und kühl und distanziert. Sie klang wie ihr wahres Selbst, wie ihre wahren Gefühle. Ihr Inneres brannte von dem Feuer, das Alvin darin entflammt hatte.
    »Kommt mit mir, Miss Larner«, sagte Alvin. »Ihr wißt so viel, und ihr seid eine so gute Lehrerin – ich brauche Eure Hilfe.«
    Nein, Alvin, nicht diese Worte. Ja, wegen dieser Worte werde ich mit dir kommen, aber sprich die anderen Worte aus, die, die ich so dringend hören muß. »Wie soll ich lehren, was nur Ihr könnt?« fragte sie ihn – und versuchte ruhig zu klingen, gelassen.
    »Aber es geht doch nicht allein ums Lernen – ich kann das nicht allein. Was ich heute nacht getan habe, war so schwer – ich brauche Euch bei mir.« Er machte einen Schritt auf sie zu. Der goldene Pflug glitt über den Boden, glitt hinter sie; wenn er die äußere Grenze von Alvins größtem Selbst markieren sollte, stand sie nun sehr tief im Innern dieses großzügigen Kreises.
    »Wozu braucht Ihr mich?« fragte Peggy. Sie weigerte sich, in sein Herzensfeuer hineinzusehen, nachzuschauen, ob es irgendeine Möglichkeit gab, daß er tatsächlich … Nein, sie weigerte sich sogar, vor sich selbst zu benennen, was sie jetzt wollte, aus Furcht, daß sie irgendwie entdecken könnte, daß es unmöglich war, daß es niemals geschehen würde, daß heute nacht alle derartigen Pfade irgendwie unwiderruflich versperrt worden waren. Ja, und das war auch der Grund gewesen, wie sie jetzt erkannte, weshalb sie so vertieft darin gewesen war, Arthur Stuarts neue Zukünfte zu erforschen; er würde Alvin so nahe stehen, daß sie viel von Alvins großer und schrecklicher Zukunft mit Arthurs Augen sehen konnte, ohne wissen zu müssen, was sie erfahren würde, wenn sie in Alvins eigenes Herzensfeuer blickte: Alvins Herzensfeuer würde ihr zeigen, ob es unter seinen vielen Zukünften auch eine gab, in der er sie liebte und heiratete und in der er diesen geliebten und vollkommenen Körper in ihre Arme legte, um ihr zu geben und von ihr zu empfangen, was nur Liebende miteinander teilen konnten.
    »Kommt mit mir«, sagte er. »Ich kann mir nicht einmal vorstellen, ohne Euch hinauszuziehen, Miss Larner. Ich …« Er lachte über sich selbst. »Ich kenne ja nicht einmal Euren Vornamen, Miss Larner.«
    »Margaret«, sagte sie.
    »Darf ich Euch so nennen? Margaret – werdet Ihr mit mir kommen? Ich weiß zwar, daß Ihr nicht seid, was Ihr vorgebt zu sein, aber es ist mir egal, wie Ihr unter diesen ganzen Zaubern ausseht. Ich spüre, daß Ihr der einzige Mensch seid, der mich so kennt, wie ich wirklich bin, und ich …«
    Er stand einfach nur da, suchte nach dem Wort. Und sie stand da, wartete darauf.
    »Ich liebe Euch«, sagte er. »Auch wenn Ihr mich nur für einen Jungen haltet.«
    Vielleicht hätte sie ihm geantwortet. Vielleicht hätte sie ihm gesagt, daß sie wußte, daß er ein Mann war, und daß sie die einzige Frau war, die ihn lieben konnte, ohne ihn anzubeten, die einzige, die ihm tatsächlich eine Helferin sein konnte. Doch in dem Schweigen, das auf seine Worte folgte, ertönte plötzlich, noch bevor sie antworten konnte, ein Gewehrschuß.
    Sofort dachte sie an Arthur Stuart, doch es dauerte nur einen Moment, bis sie erkannte, daß sein Herzensfeuer unberührt war; er lag schlafend in ihrem kleinen Haus. Nein, das Geräusch kam von weiter her. Sie lenkte ihre Fackelsicht auf den Gasthof, und dort entdeckte sie das Herzensfeuer eines Mannes, der gerade starb, und er schaute auf eine Frau, die unten an der Treppe stand. Es war Mutter, die eine Schrotflinte in der Hand hielt.
    Sein Herzensfeuer wurde matt, erstarb. Sofort blickte Peggy in das Herzensfeuer ihrer Mutter und schaute hinter ihren Gedanken und Gefühlen und Erinnerungen eine Million zukünftige Pfade, die alle aufeinander zuliefen, sich vor ihren Augen veränderten, alle zu einem einzigen Pfad verschmolzen, der zu einem einzigen Ort führte. Ein Blitz aus sengendem