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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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wäre Gouverneur und würde der Miliz Befehle erteilen. In Hio gab es keinen einzigen Soldaten, der von einem Schwarzen Befehle angenommen hätte. Das wäre ebenso unnatürlich wie ein Fisch, der aus dem Fluß sprang, um einen Bären zu jagen.
    Aber die alte Peg wollte nicht so leicht aufgeben, nur weil Whitley Physicker in diesem einen Punkt vielleicht recht haben mochte. »Arthur Stuart ist ein guter Junge«, sagte sie. »Der würde ebensowenig Stimmrecht für sich fordern wie ich.«
    »Das weiß ich«, erwiderte Physicker. »Das weiß auch das Schuldirektorium. Aber die Hinterwäldler, die wissen es nicht. Die sind es, die ihre eigenen Kinder zu Hause behalten, wenn sie davon hören, daß ein schwarzes Kind die Schule besucht. Und dann bezahlen wir hier für eine Schule, die ihre Aufgabe nicht erfüllt, nämlich die Bürger ihrer Republik zu erziehen. Worum wir bitten, das ist, daß Arthur auf eine Schulbildung verzichtet, die ihm ohnehin nichts nützen wird, damit andere sie bekommen, denen sie was nützt und die für unsere Nation mal sehr viel Gutes leisten können.«
    Alles klang so logisch. Schließlich war Whitley Physicker ja auch ein Doktor, nicht wahr? Er war sogar in Philadelphia aufs College gegangen, also verstand er von solchen Dingen viel mehr als Peg. Wie konnte sie sich nur einen Augenblick einbilden, daß sie anderer Meinung sein konnte als ein Mann wie Physicker, ohne im Unrecht zu sein?
    Doch obwohl ihr kein einziges Argument mehr einfiel, wurde sie tief im Innern das Gefühl nicht los, daß sie dem kleinen Arthur einen Dolch ins Herz bohren würde, wenn sie Whitley Physicker zustimmte. Sie konnte sich vorstellen, wie er sie fragte: »Mama, warum darf ich nicht zur Schule wie alle meine Freunde?« Und dann würden all diese prächtigen Worte des Doktor Physicker verrauchen, als hätte Peg sie nie gehört, und sie würde einfach nur dasitzen und sagen: »Weil du schwarz bist, Arthur Stuart Guester.«
    Whitley Physicker schien ihr Schweigen als Kapitulation zu deuten, was es auch beinahe war. »Ihr werdet sehen«, sagte Physicker. »Arthur wird es nichts ausmachen, nicht zur Schule zu gehen. Ja, die weißen Jungen werden auf ihn neidisch sein, wenn er draußen in der Sonne herumlaufen kann, während sie alle im Klassenzimmer eingepfercht sind.«
    Old Peg Guester wußte, daß irgend etwas an der Sache nicht stimmte, daß sie nicht so vernünftig war, wie sie sich anhörte, aber sie wußte nicht, was.
    »Und eines Tages wird es vielleicht anders sein«, fuhr Physicker fort. »Vielleicht verändert sich die Gesellschaft eines Tages. Vielleicht hört man in den Kronkolonien auf, die Schwarzen als Sklaven zu halten, und auch in Appalachee. Vielleicht kommt mal die Zeit, da …«Er verstummte. Dann schüttelte er sich. »Manchmal gerate ich einfach ins Sinnieren«, sagte er. »Töricht. Die Welt ist eben so, wie sie ist. Es ist einfach gegen die Natur, daß ein Schwarzer Mann genauso aufwachsen soll wie ein Weißer.«
    Die alte Peg empfand bitteren Haß in ihrem Innern, als er diese Worte aussprach. Aber es war kein heißer Zorn, der sie dazu hätte bewegen können, ihn anzuschreien. Es war ein kalter, verzweifelter Haß, einer, der sagte: Vielleicht bin ich tatsächlich widernatürlich, aber Arthur Stuart ist mein wirklicher Sohn, und ich werde ihn nicht im Stich lassen. Nein, das werde ich nicht.
    Doch wieder wurde ihr Schweigen als Zustimmung gedeutet. Die Männer erhoben sich. Sie sahen erleichtert aus, Horace noch mehr als die anderen. Es war eindeutig: Sie hatten nicht erwartet, daß die alte Peg sich so schnell der Stimme der Vernunft beugen würde. Die Erleichterung der Besucher war verständlich – aber weshalb sah Horace so glücklich aus? Old Peg hegte einen bösen Verdacht, und sie erkannte sofort, daß er wahr sein mußte – Horace Guester und Dr. Physicker und Sheriff Pauley hatten die Sache untereinander schon lange abgemacht, bevor die beiden überhaupt zu Besuch gekommen waren. Dieses ganze Gespräch war nur Theater gewesen. Ein Theater, um die alte Peg Guester zufrieden zu stimmen.
    Horace wollte Arthur Stuart ebensowenig auf die Schule gehen sehen wie Whitley Physicker oder sonst irgend jemand in Hatrack River.
    Old Pegs Zorn wurde heiß, aber jetzt war es zu spät. Physicker und Pauley waren durch die Tür getreten, und Horace folgte ihnen. Zweifellos würden sie sich einander auf die Schulter klopfen und lächeln, sobald sie außer Old Pegs Sichtweite waren. Aber Old Peg lächelte

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