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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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man vergaß, wer man war und wo, und bei der der eigene Körper nur eine weit entfernte Kreatur war, die durch die Wälder lief.
    Makepeace wartete auf eine Antwort, doch er erhielt keine. Also nickte er nur weise und wandte sich zum Gehen. »Ich habe noch in der Stadt zu tun«, sagte er. »Mach hier weiter.« In der breiten Tür blieb er stehen und wandte sich wieder der Schmiede zu. »Und wenn du schon dabei bist, dann könntest du auch gleich die anderen kaputten Öfen im Schuppen reparieren.«
    Dann war er verschwunden.
    Alvin blieb lange stehen, ohne sich zu bewegen, denn er wußte kaum, daß er überhaupt einen Körper hatte, der sich bewegen konnte. Als er wieder zu sich kam, war es Mittag. Inzwischen war sein Herz voller Frieden; kein Funken Zorn war mehr übriggeblieben. Wenn er darüber nachgedacht hätte, hätte er wahrscheinlich gewußt, daß der Zorn mit Sicherheit zurückkommen würde, daß er weniger geheilt als getröstet worden war. Aber Trost genügte für den Augenblick. Sein Vertrag würde diesen Frühling auslaufen, und dann würde er von hier fortgehen, endlich ein freier Mann.
    Da war allerdings noch eins. Nie kam er auf den Gedanken, zu tun, was Makepeace Smith verlangt hatte, nämlich die anderen beschädigten Öfen zu reparieren. Und was Makepeace anbelangte, so brachte er das Thema auch nicht wieder zur Sprache. Alvins Gabe war nicht Bestandteil seines Lehrvertrags, und Makepeace Smith mußte das tief im Innern gewußt haben, mußte gewußt haben, daß er nicht das Recht hatte, dem jungen Alvin sagen, was er tun sollte, wenn er als Macher tätig war.
    Wenige Tage später war Alvin einer der Männer, die dabei halfen, im Bachhaus den neuen Boden zu legen. Horace nahm ihn beiseite und fragte ihn, warum er nicht gekommen war, um seine vier Dollar abzuholen.
    Alvin konnte ihm schlecht die Wahrheit sagen, daß er niemals Geld für Arbeit nehmen würde, die er als Macher tat. »Sagen wir, daß das mein Anteil an dem Lohn für die neue Lehrerin ist«, meinte Alvin.
    »Du hast keinen Landbesitz, für den du Steuern entrichten müßtest«, widersprach Horace, »und auch keine Kinder, die auf die Schule gehen werden.«
    »Dann sagen wir, daß ich Euch meinen Anteil für den Grund und Boden bezahle, in dem mein Bruder hinter dem Bachhaus schläft«, schlug Alvin vor.
    Horace nickte feierlich. »Diese Schuld, wenn es überhaupt jemals eine war, wurde von deinem Vater und von deinen Brüdern schon vor siebzehn Jahren durch Arbeit abgetragen, junger Alvin, aber ich respektiere deinen Wunsch, deinen Anteil dazu beizutragen. Also gehe ich für dieses Mal davon aus, daß du voll bezahlt wurdest. Aber für jede andere Arbeit, die du in Zukunft für mich tust, bekommst du den vollen Lohn, hast du mich gehört?«
    »Jawohl, Sir«, sagte Alvin. »Danke, Sir.«
    »Nenn mich Horace, Junge. Wenn ein erwachsener Mann mich Sir nennt, komme ich mir nur alt vor.«
    Sie machten sich wieder an die Arbeit, und keiner verlor auch nur ein Wort über Alvins Werken im Bachhaus. Doch etwas blieb in Alvins Geist hängen: was Horace gesagt hatte, als Alvin ihm angeboten hatte, seinen Lohn als Anteil für die Bezahlung der Lehrerin einzubehalten. »Du hast keinen Landbesitz, und du hast auch keine Kinder, die zur Schule gehen.« Genau das war es, in wenigen Worten zusammengefaßt. Deshalb war Alvin noch kein richtiger Mann, auch wenn er inzwischen voll ausgewachsen war, auch wenn Horace ihn einen erwachsenen Mann nannte. Nein, das war er nicht, nicht einmal in seinen eigenen Augen. Weil er keine Familie hatte. Weil er keinen Besitz hatte. Solange er dies nicht hatte, blieb er nur ein großer, alter Junge. Ein Kind, genau wie Arthur Stuart, nur größer, mit etwas Bartwuchs, der sich zeigte, wenn er sich nicht rasierte.
    Und genau wie Arthur Stuart hatte er auch keinen Anteil an der Schule. Er war zu alt dafür. Für seinesgleichen war sie nicht erbaut worden. Weshalb wartete er dann so begierig darauf, daß die Schulmeisterin kam? Weshalb hoffte er so sehr darauf? Sie kam nicht seinetwegen hierher, und doch wußte er, daß er nur für sie im Bachhaus gearbeitet hatte, als wollte er sie in seine Schuld bringen, oder um ihr im voraus für das zu danken, was er von ihr – so verzweifelt – wollte.
    Lehrt mich, sagte er stumm. Ich habe ein Werk in dieser Welt zu vollbringen, aber niemand weiß, was es ist, wie es zu vollbringen ist. Lehrt es mich. Das wünsche ich mir von Euch, Lady, daß Ihr mir dabei helft, meinen Weg zu den

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