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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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müssen.«
    »Kein Problem«, versicherte Sam.
    In der oberen Etage war der gesamte Flur mit Kartons zugestellt und das Badezimmer quoll über vor Wäsche -die einen eindeutigen Rauchgeruch ausströmte. Lili und Evelyn hatten Sams Zimmer bezogen und es in eine Mischung aus Schlafzimmer und Abstellkammer verwandelt, in der sich haufenweise aus dem alten Haus gerettete Bücher stapelten. Grandma und Grandpa hatten sich in das ruhige Zimmer von Allan zurückgezogen.
    »Wie geht's Grandpa?«, fragte Sam.
    Grandma zuckte niedergeschlagen die Achseln: »Heute fantasiert er leider halb! Geh trotzdem hin und sag Hallo, er wird sich freuen.«
    Ein wenig nervös schob Sam die Tür auf. Sein Großvater saß mit dem Rücken zu ihm auf der Bettkante und starrte durch das geöffnete Fenster in den Himmel draußen.
    »Guten Tag, Grandpa, geht's dir gut?«
    Donovan drehte sich ein wenig um und betrachtete den Neuankömmling über seine Schulter hinweg, ohne ein Wort zu sagen. Er sah abgemagert aus und schlecht rasiert, sein Blick war ausdruckslos. Samuel war dermaßen schockiert, ihn so abgezehrt und geschwächt vorzufinden, dass er im ersten Augenblick nicht wusste, was er sagen sollte. Eine Weile sahen sie sich schweigend an, dann begann Donovan mit heiserer, beinahe zittriger Stimme zu reden:
    »Ich hab ihn gesehen.«
    »Du hast ihn gesehen?«, fragte Sam. »Wen hast du gesehen?«
    »Den Teufel«, antwortete Grandpa ernst. »Ich habe ihn gesehen.«
    »Den Teufel?«
    »Neulich, nachts, ja . . . Er stand vor mir. Genau wie du! Er brachte das Feuer mit... Die Flammen der Hölle«, fügte er mit rachsüchtigem Ton hinzu. »Er wollte uns alle verbrennen!«
    Rudolf, dachte Sam ... Er musste Rudolf an dem Abend des Brandes überrascht haben!
    »Es war Rudolf, den du gesehen hast, nicht wahr, Grandpa?«
    Doch sein Großvater schien ihn nicht zu hören und regte sich weiter auf:
    »Der Teufel, er war da! Er ist mit den Flammen immer näher gekommen und hatte das Feuer in seinen Händen! Es war der Teufel, ich habe ihn genau gesehen!«, schrie er. »Der Teufel!«
    Alarmiert von dem Geschrei stürzte Grandma ins Zimmer.
    »Ruhig, Donovan, ganz ruhig!«
    Sie ging zu ihm und wiegte ihn sanft in ihren Armen, während sie leise auf ihn einsprach. Nach kaum einer Minute nahm Grandpa seine Wachposition wieder ein, als ob nichts gewesen wäre, sein Blick verlor sich im endlosen Blau des Himmels.
    »So geht das schon seit heute Morgen«, seufzte Grandma. Mal regt er sich furchtbar auf, dann wieder ist er vollkommen apathisch. Die Arzte sagen, sie können nichts machen.«
    Nun kamen Evelyn und Lili ins Zimmer gestürzt und Sam konnte an ihren bestürzten Gesichtern ablesen, dass auch sie nicht viel optimistischer waren. Samuel fühlte die kalte Wut in sich aufsteigen. Rudolf hatte ein weiteres Opfer auf seinem Konto . . . Wütend riss Sam die Tür zum Kleiderschrank seines Vaters auf und griff wahllos nach einem Leinenhemd mit passender Hose im Regal mit der »Reisekleidung«.
    »Was machst du?«, fragte seine Großmutter mit gerunzelter Stirn.
    »Das alles wäre ohne Rudolf niemals passiert«, brummte Sam.
    »Ja, sicher, aber was hast du vor?«
    »Ich werde Mama zurückholen.«
    »Was?«, rief sie und machte entsetzt zwei Schritte auf ihn zu. »Was soll das denn heißen?«
    »Lili wird dir die Einzelheiten erklären«, antwortete Sam ungerührt. »Ich werde Mama zurückholen, in der Hoffnung, dass Papa dann aus seinem Koma aufwacht. Und wer weiß, vielleicht wird es auch bei Grandpa eine positive Reaktion hervorrufen . . .«
    »Elisa zurückholen«, wiederholte Grandma entgeistert.
    Sie sah hilfesuchend zu Evelyn und Lili, doch die beiden wichen ihrem Blick aus und schwiegen. »Es wird nur wenige Stunden dauern«, beruhigte Sam sie. »Das Einzige, worum ich euch bitte, ist, dass ihr fest an mich denkt, während ich weg bin. Bei euch dreien und mit der Gabe, die ihr besitzt, kann ich gar nicht anders als zurückkommen!«
    Samuel kniete sich vor den Sonnenstein. Er hatte seine Reiseuniform übergezogen, das Buch der Zeit an sich genommen, die drei Frauen der Familie zum Abschied geküsst und war, ohne sich noch einmal umzudrehen, hinunter in den Keller gegangen. Jetzt musste er sich nur noch entscheiden, welche der Münzen er mitnehmen sollte, denn mittlerweile hatte er insgesamt neun: die von Schloss Bran, die aus Theben, die chinesische Münze von Qin, die unauffällige, die er unter Chamberlains Zelt gefunden hatte, und die fünf Münzen, die er

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