Der magische Reif
zeigte Allan, als Samuel geendet hatte, jedoch keinerlei Reaktion. Sosehr er seinem Vater auch den Arm massierte, ihm über die Wange strich oder in sein Ohr flüsterte, sein Vater wirkte erschreckend . . . abwesend.
»Zu einer Sache würde ich gern deine Meinung hören, Papa«, fuhr er dennoch beherzt fort. »Falls Mama sich weigern sollte, mir in unsere Gegenwart zu folgen, hätte ich vielleicht eine andere Idee . . . Der Ring der Ewigkeit. Ich denke, du weißt, was ich meine? Dieser steinerne Ring, der die Kraft besitzt, unsterblich zu machen. Ich habe schon mehrere Male von ihm gehört und . . . Also kurz gesagt, Chamberlain, der Archäologe, meinte, der Ring könnte nicht nur unsterblich machen, sondern auch egal welche Krankheit heilen. Wenn also die Legende wahr sein sollte und ich es schaffen sollte, dir den Ring zu bringen, könnte uns das bestimmt viel weiterhelfen, was meinst du? Ich weiß, dass Setni ihn irgendwo in seiner Grabkammer versteckt hat und dass man die beiden Goldreife braucht, um ihn zu finden. Merwosers Armreif haben wir bereits und den anderen, den du Mama geschenkt hast, müsste ich beschaffen können . . . Was sagst du dazu? Wenn ich den Ring der Ewigkeit finden würde, wärest du bereit, ihn auszuprobieren?«
Samuel nahm die Hand seines Vaters und fixierte den Bildschirm, der die Herzfrequenz anzeigte. 52 . . . 52 . . . 51 . . . 52. Unverändert, ohne auch nur das geringste Zittern, nichts. Wenn er auf eine Reaktion gehofft hatte, war er auf der ganzen Linie gescheitert. Oder hatte Allan vielleicht nicht mehr genug Kraft, um ihm etwas mitzuteilen? Was hieße, dass die Rückkehr Elisa Faulkners möglicherweise zu spät stattfinden würde.
Er musste schnellstens handeln.
Am späten Nachmittag erhielt Samuel endlich die Erlaubnis, die Klinik zu verlassen, unter der Bedingung, dass er für weitere Untersuchungen zur Verfügung stand. Ein letztes Mal küsste er seinen Vater, bedankte sich bei Schwester Isobel und stieg, begleitet von Lili, in den Wagen seiner Tante.
Draußen vor der Buchhandlung begegnete er als Erstes dem alten Max, der gerade dabei war, sein Fahrrad von einem Laternenpfahl loszuschließen. Max stieß einen Freudenschrei aus, als er Sam erkannte, und schüttelte ihm so herzlich die Hand, dass er sie beinahe zerdrückte. Er erklärte, dass er gekommen war, um Sams Großeltern bei ihrem Einzug zu helfen. Als Sam zusah, wie Max am Zahlenschloss seiner Kette hantierte, durchzuckte ihn ein Gedanke.
»Max, ich habe mich immer gefragt, warum Sie sogar hier in diesem ruhigen Viertel meinen, Ihr Fahrrad vor Diebstahl schützen zu müssen.«
Der alte Mann, dessen Schwerhörigkeit allgemein bekannt war, warf ihm einen unsicheren Blick zu, als hätte er nicht alles verstanden.
»Diebstahl? Ob es hier Diebe gibt? In der Barnboimstraße wimmelt es von Dieben! Mir haben sie sogar schon ein Fahrrad aus dem Vorgarten gestohlen, kannst du dir das vorstellen? Deshalb schließe ich es immer an.«
»Würden Sie mir denn die Kombination geben?«, fragte Sam unschuldig.
»Dir, natürlich!«, antwortete er, ohne zu zögern. »Ich leihe es dir, wann immer du willst!«
Er winkte ihn zu sich und flüsterte ihm zu:
»Du musst nur auf dem Schloss die 1937 einstellen, das ist mein Geburtsjahr. Schlau, was?«, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
Samuel zwinkerte zurück und winkte, als Max sich auf sein Rad schwang und mit einem kräftigen Tritt in die Pedale zu seinem Haus rollte. Wirklich sehr praktisch, so ein Fahrrad . . .
Dann ging Sam zur Eingangstür der Buchhandlung Faulkner und kaum hatte er den Fuß über die Schwelle gesetzt, als Grandma ihm mit Tränen in den Augen entgegenlief. Sie breitete die Arme aus und drückte ihn an ihr Herz. Dabei murmelte sie leise:
»Mein Sammy! Mein Sammy . . .«
Nachdem sie ihn ausgiebig umarmt hatte, zog sie ihn weiter ins Haus, um ihm zu zeigen, wie sie sich hier eingerichtet hatten. Der große frühere Geschäftsraum war zu einem Wohnzimmer für die ganze Familie umfunktioniert worden: Die Bücherregale hatten sie an die Wände geschoben, sodass in der Mitte Platz war für einen großen Tisch mit Stühlen für alle. Neben einem der Schaufenster hatten sie eine kleine Fernsehecke eingerichtet. Das Ergebnis hatte etwas Provisorisches, aber doch Gemütliches, sicher würde man eine Weile gut damit leben können.
»Wir haben dir das Schlafsofa dort hinten an der Wand hergerichtet. Ich fürchte, damit wirst du dich vorerst zufriedengeben
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