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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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in der Zukunft in Rudolfs Residenz gestohlen hatte: die beiden vom Todestag seiner Mutter, die, die Alicia und ihn zurück in die Gegenwart gebracht hatte, eine andere von seinem Geburtstag und schließlich den Glasring von Ahmousis' Skarabäus. Welche sollte er behalten, welche beiseitelegen? Für die Münze, die sein Ziel bestimmen würde, gab es keine Alternative: Es musste die vom 11. Juli, 15:00 Uhr, sein. Hoffentlich stimmte die Zeitangabe auch und war nicht zu ungenau. Aber die anderen sechs . . .
    Zuerst sortierte Sam die zweite Münze vom 11. Juli aus, die mit der Zeitangabe 10:00 Uhr. Auf keinen Fall durfte er riskieren, an diesem Tag vor drei Jahren anzukommen, bevor der Anästhesist überhaupt mit der Narkose angefangen hatte. Nach kurzer Überlegung legte er auch die Münze von Schloss Bran beiseite, er hatte kein Verlangen danach, noch einmal dorthin zu geraten. Die restlichen sechs Münzen ließ er auf Merwosers Armreif gleiten und brachte sie an den Stein. Sie fanden sofort ihren Platz in den sechs Strahlen und er musste nur noch die Münze, die ihn zu seiner Mutter bringen würde, in die Mitte der Sonne legen. Ein leises Knistern ertönte und die Sonne des Thot erglühte. Eine goldschimmernde Lichtkugel erwuchs aus ihrer Mitte und im nächsten Moment hatte Sam vor Staunen beinahe vergessen, weswegen er hier war. Das Vibrieren des Bodens unter seinen Füßen brachte ihn jedoch schnell wieder in die Realität zurück ... Er streckte die Hand zur abgerundeten Oberfläche des Steins aus, und bevor ihn der Hitzestrom mitriss, hatte er gerade noch Zeit, leise zu murmeln: »Ich bin's, Mama, ich komme . . .«

 
26.
    Ein Fisch in den Tiefen einer versunkenen Stadt
     
    Sam kam in einem dunklen, übel riechenden Raum wieder zu sich, der ihn an irgendetwas erinnerte. Ein modriger Geruch beherrschte die stickige Luft, der Boden unter seinen Händen fühlte sich vertraut an. Schnell rappelte er sich auf, nahm die Münze aus der Sonnenscheibe und schwenkte Merwosers Armreif hin und her, um sich in dessen Lichtschimmer zu orientieren. Ein Keller . . . Ein Keller, vollgestopft mit lauter kaputten Sachen, verrosteten Geräten, uralten Kisten . . . Auch wenn sich die Dekoration geändert hatte, erkannte er ohne Mühe die Kellerräume der Buchhandlung Faulkner, besser gesagt, des Hauses, das einst Gary Barnboim gehört hatte, bevor man es hatte verwahrlosen lassen. In der Tat hatte der Keller des großen Zeitreisenden ungefähr so ausgesehen, als Lili und Sam Anfang der 1930er-Jahrc hier angekommen waren . . . Ganz so viel Alteisen und Gerümpel hatte zwar nicht in dem Raum herumgelegen und auch den großen weißen Schrank dort an der Mauer hatte es nicht gegeben, aber insgesamt war es zweifellos derselbe Raum. Was bedeutete, dass Sam am richtigen Ort gelandet war, zu einer Zeit zwischen 1930 und seiner Gegenwart. Und warum nicht genau drei Jahre zuvor? Sam ging hinüber in die Ecke, wo eigentlich die Treppe sein müsste. Der alte Max hatte ihm einmal erzählt, dass in dem Haus eine verrückte Alte namens Martha Calloway gehaust hatte, bevor Allan dort seine Buchhandlung eingerichtet hatte. Sie lebte mit einer wilden Hundemeute und war liebenswert wie ein ausgehungerter Piranha. Das hatten später sowohl der Archäologe Chamberlain als auch Rudolf bestätigt, der damit angegeben hatte, dass es ihm am Ende doch gelungen war, eine Art Durchgangsrecht auszuhandeln, um den Sonnenstein zu benutzen. Sam war auf derartige Verhandlungen nicht vorbereitet. . .
    Nachdem sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, erkannte er die etwas hellere Stelle des Raums, an der die Treppen nach oben führen mussten. Er hatte es so eilig, hier herauszukommen, dass er zu große Schritte machte und sich in einem herumliegenden Drahtknäuel verfing. Sofort erstarrte er auf der Stelle, doch leider zu spät: Ein unheilvolles schabendes Geräusch erhob sich in der erdrückenden Stille des Kellers. Er konnte nur hoffen, dass ihn niemand gehört hatte, doch schon in der nächsten Sekunde wurde er enttäuscht: Von oben ertönte ein langgezogenes böses Knurren, dann noch eins, gefolgt von Pfotengetrappel auf den Fliesen . . . Martha Calloways Hundemeute! Plötzlich erschienen die Fotos, die Chamberlain in der Barnboimstraße aufgenommen hatte, wie albtraumhafte Szenen vor ihm: weit aufgerissene, schäumende Hundemäuler, messerscharfe hänge, die sich in den Zaun gruben, die gierigen Blicke der blutrünstigen Bestien . . . Verzweifelt

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