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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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sich in die letzten Seiten des Buches, deren Zerstörung er verhindern sollte und die laut Chamberlain entscheidende Angaben zum Ring der Ewigkeit enthielten. Es handelte sich um etwa zehn Seiten, die über und über mit Zeichnungen, Karten und kabbalistischen Symbolen bedeckt waren, hinzu kamen Kluggs in roter Tinte ergänzte Anmerkungen. Auch wenn ihm die Bedeutung des Ganzen schleierhaft war, so kamen ihm doch einzelne Abbildungen vertraut vor. Zum Beispiel die Darstellung von Thot gleich auf der ersten Seite des Bündels.. . Der Gott mit dem Ibiskopf, mit Kohlestift über die halbe Seite gezeichnet, hielt sich aufrecht, mit ausgebreiteten Armen, an den Handgelenken zwei auffallend breite gelbe Armreife. Klugg hatte darunter einen Kommentar eingefügt, den Sam erst nach mehreren Anläufen einigermaßen übersetzen konnte, dafür war sein »Latein« zu ungenau. Der Abschnitt trug die Überschrift: Die beiden Goldreife, Original und Fälschung. Eine klare Anspielung auf das von Thot selbst angefertigte Schmuckstück und Merwosers Kopie . . . »Sie sind wie zwei Brüder, die sehr eng verwandt zu sein scheinen, die jedoch alles trennt«, war die ungefähre Aussage des Textes. Deshalb also breitet der Gott der Tage die Arme aus, einen nach Osten, Richtung Sonnenaufgang, einen nach Westen zum Sonnenuntergang, um zu Zeigen, dass sie sich gleichzeitig ergänzen und einander entgegengesetzt sind- dieser letzte Satz war unterstrichen.
    Die nächste Seite zeigte in Schwarz-Weiß einen auf einem einsamen Hügel gelegenen, vollkommen überwucherten Friedhof. Vier nebeneinander liegende Gräber mit jeweils einer eingravierten Sonne auf dem Stein. Wenn sich der Künstler auch große Mühe gegeben hatte, seine Darstellung realistisch erscheinen zu lassen, war eine solche Zusammensetzung von Gräbern an ein und demselben Ort höchst unwahrscheinlich: Die ersten beiden trugen eindeutig islamische Zeichen, das dritte wurde von einem christlichen Kreuz überragt und das vierte zeigte den Sarkophag des Hohepriesters Setni, an den Hieroglyphen erkennbar. Ein Fantasie-Friedhof . . . Darunter standen drei eng beschriebene Zeilen, allerdings in einer Sprache, die Sam verschlossen blieb.
    Die darauffolgenden Seiten schienen keinen direkten Bezug weder zum Ring der Ewigkeit noch zum Sonnenstein zu haben: ein Schachbrett, auf dem der schwarze König mit Turban in einer schlechten Position stand; ein halbes Dutzend Kreise, die jeweils vier Dreiecke umschlossen, die wiederum mit einer unterschiedlichen Anzahl von Punkten bestückt waren – Samuel hielt es für eine Denkaufgabe, ohne jedoch eine Logik herauslesen zu können; ein Schmuckfries aus Pflanzenmotiven, die zu einer langen blättrigen Girlande verschlungen waren, wunderbar gezeichnet, ohne jedoch einen Sinn zu ergeben, und so weiter. Sollte Chamberlain sich vielleicht geirrt und diesen fehlenden Seiten fälschlicherweise eine so wichtige Bedeutung zugeschrieben haben? Glücklicherweise sah die vorletzte der Seiten etwas vielversprechender aus: Es handelte sich um eine mehrfach gefaltete alte Landkarte, die ausgeklappt ungefähr vier Seiten einnahm. Sie war herrlich gezeichnet, mit violetter Tinte auf rotbraunem Untergrund, eingerahmt von Kluggs zahlreichen Anmerkungen, was darauf hindeutete, dass sie für ihn von großer Wichtigkeit gewesen sein musste. Bis auf einige unstimmige Konturen zeigte sie ohne Zweifel den Raum des östlichen Mittelmeers von Ägypten bis zur heutigen Türkei – Sam hatte infolge seiner Reisen genügend Atlanten studiert, um den Küstenverlauf und das charakteristische Band des Nils zu erkennen. Eingezeichnet waren auch einige Städte mit ihren arabischen Namen und verschiedene Symbole, wie spitze Kegel für Berge und angedeutete Wellen für das Meer. Es gab auch zwei gestrichelte Linien, eine in Gelb, die andere in Weiß, die von derselben Gegend am Nil ausgingen und dann auf verschiedenen Routen Richtung Norden verliefen. Vermutlich zwei voneinander abweichende Wege, die von ihrem Ausgangspunkt in Ägypten zur Türkei führten, der gelbe auf dem Landwege, der weiße dem Verlauf der Mittelmeerküste folgend.
    Mehr hätte Samuel nicht aus der Karte herauslesen können, wären da nicht Kluggs Anmerkungen gewesen ... Der Alchemist hatte direkt auf die Skizze die Namen bestimmter Städte übersetzt und vor allem mehrere kurze Texte verfasst, die ebenfalls sehr zum Verständnis des Dokumentes beitrugen. Samuel musste sie mehrmals lesen, um ihren Sinn zu erfassen

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