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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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schon als Kind nicht ganz bei Sinnen war, und das hat sich mit dem Alter nicht geändert. Seine Hand zum Beispiel, weißt du, dass er nur eine Hand hat? Mein Bruder erzählt, dass er die andere verloren hat, als die Türken ihn gefangen genommen haben, vor ungefähr zwanzig Jahren. Sie haben ihn in eines ihrer verschimmelten Verliese gesteckt, ohne Essen, um ihn dort verhungern zu lassen. Aber als sie nach ein paar Wochen wiederkamen, war Diavilo immer noch am Leben . . . Zuerst hatte er sich von Ratten ernährt, dann von Insekten und von dem Moos an den Wänden, und als er wirklich gar nichts mehr zu beißen fand, hat er sich die linke Hand abgeschnitten und hat sie . . .«
    Der Schweizergardist verzog angewidert das Gesicht.
    »Na ja, du kannst dir sicher vorstellen, was er gemacht hat. Als die ihn da rausholten, waren sie so beeindruckt von seinem Mut, dass sie ihn gesund gepflegt und freigelassen haben. Ein Mann, der seinen eigenen Hund umbringt und der fähig ist, an sich selbst zu knabbern, ist wirklich kein gewöhnlicher Mann, oder?«
    Samuel nickte. Gleichzeitig fragte er sich jedoch, was an dieser Geschichte Wahrheit und was Legende war. Wie dem auch sei, selbst wenn sicher viel Übertreibung dabei war, schien Il Diavolo tatsächlich einen mehr als zweifelhaften Ruf zu haben.
    »Wenn er so verschlagen und mutig ist, wie man sagt, wird er nicht versuchen, die Engelsburg an sich zu reißen?«
    »Die Festung ist uneinnehmbar, das kannst du mir glauben«, gab der Soldat im Brustton der Überzeugung zurück. »Bislang ist noch keiner der Päpste, die dort Zuflucht gesucht haben, verjagt worden. Und das schon seit vielen Jahrhunderten, glaub mir . . . Beruhige dich, mein Junge, wenn wir erst in der Festung sind, wird es niemand mehr scharren, dort einzudringen.« »Und wie kommt man wieder heraus?«, fragte Samuel leise. Schließlich musste er daran denken, irgendwie zu Alicia zu gelangen.
    »Man musste verrückt sein, die Festung zu verlassen, während die ganze Stadt von Mördern und Plünderern überschwemmt wird! Außerdem wüsste ich nicht, wie man es anstellen sollte, es sei denn, man hätte Flügel wie die Papageien dort in der Voliere. Falls du es noch nicht weißt: Die Engelsburg ist gleichzeitig ein Gefängnis, das gefürchtetste von ganz Rom! Alles ist so eingerichtet, dass ein Ausbruch unmöglich ist!«
    Samuel erwiderte gezwungen das Grinsen seines Gesprächspartners, auch wenn die Aussicht, sich in einer Festung einzuschließen, aus der es kein Entkommen gab, ihn alles andere als begeisterte. Egal, er hatte Kluggs Abhandlung und nichts würde ihn aufhalten, bis er Alicia nach Hause gebracht hatte . . .
    Er dankte dem Schweizer und entfernte sich ein paar Schritte von dem Karren, um verstohlen das Buch zurechtzurücken, das immer wieder unter seinem Hemd wegzurutschen drohte. Bei der Gelegenheit holte er seinen Stadtplan hervor. In der Tat erkannte man, wenn man genau hinsah, auf der Zeichnung eine Art lange Mauer, die den Palastkomplex mit einem mächtigen mit Zinnen versehenen Turm oberhalb des Flusses verband. Die Engelsburg . . . Die Radierung zeigte ihre beeindruckenden Verteidigungsanlagen, die die Festung ohne Zweifel zu einem idealen Ort machten, um eine Belagerung zu überstehen. Wenn man allerdings von dort das antike Theater erreichen wollte, wo Hauptmann Diavilo sein Lager aufgeschlagen hatte, musste man fast die ganze Stadt durchqueren. Was sicher kein Sonntagsspaziergang werden würde..
    Sam konzentrierte sich noch einmal auf seine Karte, um den günstigsten Weg herauszufinden, als plötzlich um ihn herum lautes Geschrei losbrach. Eine wichtige Persönlichkeit, umringt von Kardinälen und Soldaten, kam die Allee herauf auf das Gebäude zu und versetzte die Menschenmenge in helle Aufregung:
    »Clemens VII. ... Es ist Clemens VII!«
    »Eure Heiligkeit, segnet uns!«
    »Habt Erbarmen mit meinem kleinen Sohn, nehmt ihn mit Euch!«
    Die Eskorte von etwa einem Dutzend Soldaten hielt die Neugierigen von ihm fern und schon bald war der Papst auf Höhe des Karrens angekommen. Im selben Moment eilte das Adlergesicht auf ihn zu und verneigte sich ehrerbietig:
    »Hochheiliger Vater, verzeiht meine Verspätung. Ich nahm an, ihr hättet die Festung bereits erreicht und . . .«
    »Nicht von Wichtigkeit«, unterbrach ihn Clemens VII. und gab seiner Eskorte ein Zeichen beiseitezutreten. »Habt Ihr es?«
    Während das Adlergesicht vortrat und sich an seinem Umhang zu schaffen machte, hatte Sam

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