Der magische Reiter reiter1
ausgebildete Grüne Reiterin, und wir … ich habe einen Fehler begangen, als ich annahm, du wüsstest, wie es läuft. Vielleicht hilft es dir, wenn ich dir sage, dass wir es vor allem dir zu verdanken haben, dass der König heute gerettet wurde.«
»Danke«, wisperte Karigan.
»Ich bin mir nicht sicher, ob du es bist, die sich hier bedanken sollte.« Die Hand des Hauptmanns glitt unbewusst zu dem Verband, der ihre Kopfverletzung bedeckte. »Wir schulden dir viel. Selbst die Toten tun das.« Sie streckte die andere Hand aus, und Gold schimmerte darin. Goldbroschen mit geflügelten Pferden.
Karigan war erstaunt. »Ihr habt sie ihnen weggenommen? Ihr habt sie den …?«
»Den Toten weggenommen? Ja. Wie Joys Brosche, die du uns zurückgebracht hast, finden sie stets den Weg nach Hause. Diese Broschen sind seltsam. Seltsamer, als du ahnst. Neue Reiter werden ihren Dienst aufnehmen, und sie werden ebendiese Broschen tragen. Durch die Broschen werden sie neue Fähigkeiten entdecken und einsetzen. Wenn sie aus dem Dienst ausscheiden oder sterben, wird der Ruf der Brosche an jemand anderen ergehen. So war es schon immer.«
»An mich erging aber kein Ruf«, sagte Karigan.
»Bist du dir da wirklich so sicher?« Hauptmann Mebstone lächelte. »Der Ruf, ein Reiter zu werden, kann auf vielerlei Weise ergehen. Aber vielleicht hast du recht, wenn man die Situation betrachtet: F’ryan stirbt, und du bist gerade zur Stelle.« Sie zuckte mit den Achseln. »Sie haben eigentümliche Fähigkeiten. Sie scheinen ungewöhnliche Menschen anzuziehen und die Träger in seltsame Abenteuer zu verstricken. Manche glauben, es liege eben in der Natur der Sache, weil man ein Bote des Königs ist, doch andere sind der festen Überzeugung, es handele sich um Magie.«
Karigan berührte die Brosche. Sie fühlte sich wie kaltes Metall an, das war alles, und doch wusste Karigan, wozu sie fähig war. »Was glaubt Ihr?«
»Was ich glaube? Ich glaube an alles Mögliche. Doch soweit es die Broschen angeht, habe ich selten Langeweile in meinem Leben verspürt, seit ich mir zum ersten Mal eine ansteckte.«
Hauptmann Mebstone streckte die Beine aus, und mit einer Bewegung, die ihr offensichtlich Schmerzen bereitete, was sich deutlich auf ihren angespannten Zügen zeigte, erhob sie sich. Sie verbarg die Schmerzen hinter einem weiteren Lächeln, doch Karigan sah es an ihrem Blick.
»Komm«, sagte Hauptmann Mebstone, »lass uns in Erfahrung bringen, was als Nächstes geschieht.«
Auch Karigan erhob sich von dem süßen Gras und folgte Hauptmann Mebstone, die vor ihr her hinkte. Wir haben es vor allem dir zu verdanken, dass der König heute gerettet wurde, hatte sie gesagt. Karigan hatte eine Steinbeerblüte in den Wind geworfen. Sie sollte in der Not einen Freund herbeirufen, und obwohl sie das anfangs angenommen hatte, war das Eintreffen der Grünen Reiter nicht das Ergebnis der Steinbeerblüte gewesen. Verloren die Steinbeerblüten nach einer gewissen Zeit ihre Wirkung?
Sie stellte sich diese Frage nicht mehr, als etwas Kleines, Weißes wie eine Schneeflocke vom Himmel herabfiel. Karigan streckte die Hand aus, und die Steinbeerblüte ließ sich auf ihrer Handfläche nieder.
Wie habe ich das zu verstehen? Bin ich mein eigener Freund in der Not? Kann ich mich auf mich verlassen? Sie blies sie wieder von der Handfläche und lächelte zum ersten Mal seit Stunden.
Sie konnte sich auf sich verlassen, doch war sie nicht die ganze Zeit von Freunden umgeben gewesen? Freunden, die ihr auf ihrer Reise weitergeholfen und sich bemüht hatten, sie zu beschützen? Wo wäre sie jetzt ohne sie?
Sie blieb stehen und rief Hauptmann Mebstone zu: »Ich komme gleich nach.«
Laren nickte, und Karigan ging zu der Stelle hinüber, an der die Verwundeten lagen. Bei ihnen, in eine raue Decke eingemummt, schlief Alton D’Yer. Im Licht der Abenddämmerung wirkte seine Miene friedlich, ohne eine Spur der erbitterten Kämpfe des Tages; kein Zeichen von Schmerz oder Sorge zeichnete sich darauf ab, nur die Entspannung des Schlafs und damit auch eine gewisse Unschuld.
Karigan schauderte bei dem Gedanken daran, was die schwarzen Pfeile dem jungen Mann hätten antun können. Sie hatte es allzu deutlich gesehen, so viele Male. Erst bei F’ryan Coblebay, dann bei Joy Overway und schließlich bei denen, die heute gestorben waren. Sie brachten nicht einfach den Tod, sondern schickten die Betreffenden auf einen verschlungenen, finsteren und leidvollen Pfad. Alton unterschied sich
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